Lord der toten Seelen: Royal House of Shadows (German Edition)
mit vielen Schatten in die Burg zurück, und alle von ihnen waren so böse, dass er sich regelrecht von Bosheit durchtränkt fühlte. Er ging erst zu Liliana, nachdem er sich den Gestank abgewaschen hatte, und war mehr als unzufrieden, sein Bett leer vorzufinden – auch wenn die Jagd lang gewesen war und das Morgenrot den Himmel bereits leuchtend einfärbte. „Wo ist sie?“, fuhr er die Maus an, die das Pech hatte, auf dem Nachttisch eingeschlafen zu sein, neben dem Zeitmesser mit dem Einhorn, den er Lily letzte Nacht gezeigt hatte.
Die Maus piepste, erhob sich dann für einen Moment auf die Hinterpfoten und flitzte den Tisch hinab unters Bett. Micah ließ die Kreatur in Ruhe, weil sie ein Bewohner der Schwarzen Burg war, auch wenn sie nur sehr wenig Magie in sich trug, und stapfte hinab in die Küche. Jissa sprang auf, als sie ihn sah, und schüttelte dann einen Holzlöffel.
„Seht! Seht Euch das an!“
Verwirrt von der plötzlichen Aggression der lieben und scheuen Brownie, ging er um die Anrichte herum, um zu sehen, was sie so aufbrachte. Zu ihren Füßen schwirrte ein Meer aus pelzigem Schwarz. Die Bitterkeit. Micah verzog das Gesicht. „Ihr habt versprochen, euch zu benehmen.“
Schnattern und Quietschen waren die Antwort.
„Oh.“ Er hob den Kopf. „Haben sie von deinen Kartoffeln oder dem Reis gegessen?“
Jissa runzelte die Stirn, legte den Löffel aber hin und sah in der Vorratskammer nach, die Bitterkeit auf ihren Fersen. Sie machten ein trauriges und hungriges Geräusch, als die Brownie ihre Fässer öffnete, aber sie schwärmten nicht aus. Stattdessen folgten sie ihr, als sie wieder zu Micah zurückkehrte. „Nein, haben sie nicht.“ Jissa klang schockiert. „Überhaupt nicht.“
„Dann müssen sie dich wohl mögen, Jissa.“ Er küsste sie auf die Wange – freute sich über ihr überraschtes Quietschen – und ließ sie in der quiekenden Freude der Bitterkeit zurück.
„Still, ihr Dummerchen, Dummerchen“, hörte er sie murmeln, aber es war keine Bosheit darin. Und dann: „
Sehr
hungrig seid ihr wohl?“
Er lächelte, weil die Bitterkeit hier keinen Schaden nehmen würden und Jissa nicht mehr allein war. Einen Augenblick hatte er fast gute Laune. Bis er sich daran erinnerte, dass Liliana ihn nicht warm und nackt in seinem Bett erwartet hatte, wie es hätte sein sollen. Dabei gehörte sie doch ihm. Kannte sie die Regeln nicht? Er blickte schon wieder finster drein, als er den Steingarten betrat, der Spur ihrer Magie folgend, die ihn zum grasbewachsenen Bereich neben dem langen spiegelnden Teich führte, der bei den Vögeln so beliebt war.
Sie hatte einen Kreis aus Blut um sich gezogen, und auch wenn er ihn betreten könnte, weil sie sich auf seinem Gebiet befand, tat er es nicht. Eine solche Magie zu stören konnte ihr ernsthaften Schaden zufügen. Stattdessen setzte er sich auf eine umgefallene Statue und sah zu, wie sie sich auf die kalte harte Erde kniete, gekleidet nur in ihr altes braunes Kleid und eine schwarze Jacke.
Wenigstens, räumte er ein, war es seine Jacke.
Ein Kitzeln an seinem Bein verriet die Anwesenheit von Bitterkeit. Er sah hinab und bemerkte, dass es tatsächlich vier der Kreaturen waren. Und sie trugen eine Tasse Schokolade mit einem Hauch Zimt darauf. „Habt Dank.“ Er nahm die Tasse, und als eine weitere Gruppe mit einem Teller Brot, dick bestrichen mit Butter und Honig, hinterherkam, erwartete er sie schon fast. „Jissa gibt euch viel zu tun.“
Sie hüpften fast vor Freude, als sie zu ihrer neuen Herrin zurückrannten. Das war es, was an Bitterkeit niemand verstand. Sie waren geschaffen worden, um schlechte Magie zu fressen, woher sie auch ihren Namen hatten – es hieß, sie wurden mit jedem Bissen bitterer. Doch das stimmte nicht. Wenn die Bitterkeit böse Magie fraßen, verlor sie ihre Bosheit und wurde wirkungslos. Die Bitterkeit selbst bestand aus treuen Kreaturen voller Freude und Hilfsbereitschaft. Hätten sie nicht die bedauerliche Angewohnheit, die Vorräte der Bauern zu plündern, wären sie sehr beliebt.
Micah verspeiste eine Scheibe Brot und beschloss, etwas für Liliana aufzubewahren. Er war unzufrieden mit ihr, weil sie ihm die Gelegenheit vorenthielt, ihren nackten Körper zu berühren und zu küssen, aber er wollte auch nicht, dass sie schwach war. Nachdem sie so viel Blut vergossen hatte – aus einer Wunde an ihrem Arm, wie er bemerkte –, würde sie Stärkung brauchen.
Ihre Lippen bewegten sich, und ihre Finger malten
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