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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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triumphierte. Ich hob Prill auf und trug sie zum nächstgelegenen Ausgang. Sie war benommen, aber wenigstens so weit bei Bewußtsein, um sich an mich zu klammern und nicht wie ein nasser Sack in meinen Armen zu hängen. Dutzende von Menschen sahen mich, als ich den Park durcheilte. Es war nicht zu vermeiden. Wahrscheinlich beobachtete mich sogar ein Läufer-Augenpaar, aber ich hoffte, daß es nicht der Fall war.
    »Verstehst du mich?« fragte ich Prill, nachdem ich sie aus dem Arboretum getragen hatte und mit ihr um mehrere Korridorecken gebogen war.
    Sie nickte schwach. »Laß mich runter«, bat sie kaum hörbar.
    Ich setzte sie auf dem Fußboden ab. Prill zuckte zwei-, dreimal wie unter Krämpfen, beugte sich von mir weg und erbrach sich. Sie hustete, spuckte letzte Reste weißen Schleims auf den Teppich und richtete sich wieder auf. Ihre Augen waren weit aufgerissen, sie atmete stoßweise. »Scheiße«, flüsterte sie. »Verdammte Scheiße …« Trotz meiner Besorgnis mußte ich grinsen. Das klang schon eher nach Prill.
    Sie hob den Blick. Ihre Hand wanderte zu ihrem Nacken und tastete ihn ab. »Woher wußtest du das?« fragte sie, ohne mich anzusehen. Offensichtlich meinte sie den Läufer.
    »Ich wußte es nicht«, gab ich zu. »Es war purer Zufall.«
    Prill sah mich an. »Zufall?«
    Ich nickte.
    »Du lieber Gott …« Sie musterte mich. »Du bist Stan, nicht wahr?« erkannte sie. »Ein wenig ungewöhnlich für einen Clud, mit der Maske eines Polls herumzulaufen.« Ich zuckte die Schultern. Prill schien verärgert darüber, daß ich mich nicht rechtfertigte, wie es sich einer Sidd gegenüber gehörte. Ihr Unwille wurde von der Erinnerung an das Erlebte schnell wieder verdrängt. »Ich hatte das Gefühl, dieses Ding bewege sich durch meinem ganzen Kopf«, sagte sie angewidert.
    »Es hatte nur seinen Fühler in deinen Subcortex geschoben«, beruhigte ich sie.
    »Was soll das sein?«
    »Die Region unter deiner Hirnrinde. Sie ist für deine Erinnerungen und dein Unterbewußtsein zuständig. Die Schmerzen werden vergehen. Läufer sind darauf programmiert, euch nicht zu verletzen oder bleibende Schäden zuzufügen.«
    Prill stemmte sich an der Wand hoch und blieb unsicher stehen. »Nicht programmiert?« fragte sie. »In wessen Sinn?« Sie schien Mühe zu haben, selbst kurze Sätze zu formulieren. Zwischen jedem ihrer Worte machte sie eine Pause.
    Ich ging nicht auf die Frage ein, sondern nahm sie stützend am Arm. »Meinst du, du kannst laufen?« erkundigte ich mich.
    Sie sah auf ihre Beine. »Ich komme mir vor, als hätte ich selbst es verlernt, während mich dieses Ding …«
    »Ein Läufer«, erklärte ich.
    »… dieser Läufer gelenkt hat.« Sie sah mich an. »Woher kennst du die Läufer?«
    »Das ist eine lange Geschichte«, wich ich aus. Erneut bildete sich eine Unmutsfalte auf Prills Stirn. In unserer Nähe wurden Stimmen laut, und der Art ihrer Verständigung nach zu urteilen war es eine Sicherheitseinheit, die sich aus dem Arboretum näherte. Ich tauschte einen Blick mit Prill.
    »Sie suchen uns«, stellte sie gleichgültig fest. »Dann koppeln sie mir den Läufer wieder an, und du bekommst mindestens einen Monat Hausarrest.« Sie schüttelte sich, machte aber keine Anstalten, ihrem Schicksal zu entgehen. Scheinbar gab es für sie als Bewohnerin dieser Station keine Alternative.
    Ich sah auf die Tür, neben der Prill lehnte. ›Rita‹ stand auf dem Namensschild. Ohne zu zögern klopfte ich an und zog mit der anderen Hand den Downer aus der Jacke.
    »Was hast du vor?« fragte Prill verwundert.
    Die Tür öffnete sich, und eine ältere Frau erschien im Türspalt. Ehe sie Luft geholt hatte, um sich nach unserem Anliegen zu erkundigen, traf die Injektionsnadel ihren Hals, und Rita sank zusammen. Ich bekam sie durch die halboffene Tür gerade noch zu fassen, eher sie mit dem Kopf auf dem Boden aufschlug. Dann zerrte ich Prill vom Korridor und stieß sie in die Wohnung, wo sie über die besinnungslose Frau stolperte und zu Boden fiel. Ich schlüpfte hinterher und schob die Tür zu. Bevor Prill protestieren konnte, war ich bei ihr und hielt ihr den Mund zu. Sie schnaufte verärgert, verhielt sich aber ruhig. Jenseits der Tür liefen mehrere Personen vorüber, dann war es still auf dem Korridor. Ich nahm meine Hand von Prills Mund.
    »Bist du übergeschnappt?« empörte sie sich. »Ich bin eine Sidd! Wenn du so weitermachst, laufen wir morgen gemeinsam mit diesen Metalldingern durch die Arboreten.«
    Ich zog mir die

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