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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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Bewohnern, die uns auf dem Weg dorthin begegneten, schenkten wir keine Beachtung.
    Die Tür zum Speicherbecken war unverschlossen, wie die meisten Zugänge innerhalb der Station. Sorge tragend, daß niemand unser Eindringen in die Anlage beobachtete, schlüpften wir hindurch. Ein schmaler Gang führte zu einem Schott mit Schließrad, hinter dem das Speicherbecken lag. Es bedurfte unserer beider Muskelkraft, das Schott zu öffnen und hinter uns wieder zu verschließen. Das Reservoir selbst war ein riesiges rundes Kuppelgewölbe, über zehn Meter hoch und etwa vierzig Meter im Durchmesser, das sich über einen gewaltigen See spannte. Das Wasser erschien im Licht der Lampe pechschwarz. Gespeist wurde das Becken von einer unterirdischen Quelle, deren Strom in der Mitte des Sees herauftrieb und dessen Oberfläche in Wallung versetzte. Ob es wirklich eine Quelle war oder die Lords das Wasser über eine unterirdische Rohrleitung zuführten, wußte ich nicht. In Anbetracht dessen, was ich bisher von dieser Welt gesehen hatte, erschien mir eine natürliche Quelle fast ausgeschlossen.
    Geheimnisvolles Plätschern und Rauschen erfüllte das Gewölbe, das Wasser warf huschende Lichtreflexe an die Wände. Um das Speicherbecken herum führte ein Rundsteg aus Metallrosten, über den Prill zielstrebig auf ein weiteres Schott zulief, das sich rechterhand des Haupteingangs befand. Als wir es geöffnet hatten, gähnte vor uns ein schmaler, endlos scheinender Gang, der schnurgerade in die Dunkelheit führte. Im Abstand von etwa zehn Schritten waren vergitterte Lampen an der Decke angebracht. Prill schlüpfte an mir vorbei und betätigte einen Drehschalter, der in Kopfhöhe an der Tunnelwand angebracht war. Bernsteingelbes Licht erhellte daraufhin den Gang, der etwa sechzig Meter vom Eingang entfernt an einer Mauer endete oder um die Ecke führte.
    »Sagtest du nicht, wir bräuchten hier drinnen Lampen?« fragte ich Prill.
    »In den Schächten werden wir sie brauchen.«
    Ich blickte in den Tunnel. Es sah tatsächlich so aus, als klafften weiter hinten dunkle Öffnungen sowohl im Boden als auch in der Decke. Es konnte sich um Durchstiege handeln, oder auch nur um Schatten. Nachdem wir das Schott wieder hinter uns verschlossen hatten, ließ mich Prill vorangehen. Etwa in der Mitte des Tunnels befand sich tatsächlich ein erster Schacht in der Decke, in den man über eine schmale, an der Wand montierten Metalleiter hinaufsteigen konnte. Ich sah Prill an, die den Kopf schüttelte und mir bedeutete, weiterzulaufen. Nach einigen Metern tat sich im Tunnelboden ein zweiter Schacht auf. Ich warf einen Blick hinab und sprang über ihn hinweg. Mein Augenmerk galt den Öffnungen in der Tunneldecke.
    »Warte«, rief mir Prill hinterher. Sie war vor dem Schacht stehengeblieben und sah in die Tiefe. »Wir müssen hier runter.«
    Ich blieb überrascht stehen. »Nach unten? Bist du sicher?«
    »Ich glaube schon …«
    »Die Oberfläche ist oben«, informierte ich sie. »Ich habe keine Lust, dem Lord ins Schlafzimmer zu fallen.« Ich lief zu ihr zurück und leuchtete in die Tiefe. Der Schacht führte in eine breite Metallröhre, deren spiegelglatte Wände den Strahl der Taschenlampe reflektierten. Hinab gelangte man über eine Leiter aus Steigeisen, die in die Schachtwand eingemauert waren. »Das sind mindestens fünf Meter«, schätzte ich. »Die Röhre liegt tiefer als das Speicherbecken. Wenn der Lord sie fluten läßt, sind wir geliefert.«
    »Wir müssen da runter«, entschied Prill.
    Ich setzte mich an den Rand des Schachtes und begann, vorsichtig in die Tiefe zu klettern. Die Lufttemperatur nahm mit jeder Stufe ab, und als ich unten angelangt war, umgab mich frostige Kälte. Die Röhre verlief parallel zum oberen Gang und verlor sich in beide Richtungen geradlinig in der Dunkelheit. Ich leuchtete hinauf zu Prill, die im Schein der Lampe ebenfalls herabgeklettert kam. Die Röhre maß etwa einen Meter zwanzig im Durchmesser, so daß wir zwar nicht aufrecht gehen, aber problemlos durch sie hindurchkriechen konnten.
    Prill fröstelte, als sie schließlich neben mir kniete.
    »Links oder rechts?« wollte ich wissen.
    Prill deutete in die Richtung, die uns vom Speicherbecken wegführte. Ein leichter, aber unangenehmer Luftzug wehte uns von dort entgegen. »Ist das kalt hier …« Sie rieb sich die Arme.
    Ich sah sie erstaunt an. »Sag jetzt bloß nicht, das ist doch der falsche Gang.«
    »Es ist der richtige«, versicherte sie. »Aber es war hier nie so

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