Lord Garrows widerspenstige Braut
Ihnen Geschäfte zu machen. Alles Weitere regeln wir, wenn ich Antwort von Lord Abercrombie habe." Dann eilte er selig von dannen.
Snively lachte leise, als er die Tür hinter ihm ins Schloss zog. "Der arme Kerl. Überhaupt nichts hat er begriffen! Und so etwas schimpft sich Kunstkenner", murmelte er, während er sich an James wandte. "Mit Verlaub, Sie hatten sicher etwas ganz anderes im Sinn, nicht wahr?" Er deutete auf die Statue. "Ich würde sagen, die Skulptur symbolisiert die ganze Menschheit, die verzweifelt versucht, dem Sumpf der Armut zu entrinnen." Er zuckte mit den Schultern. "Aber trotzdem passt der Name, den er ihr gegeben hat. Verzweiflung ."
James legte den Kopf schief und starrte einen Moment auf die Figur. Dann schickte er Snively hinaus. "Danke, Thomas. Das ist interessant. Sie können dann gehen."
Mit stolzgeschwellter Brust ging Snively hinaus und zog die Tür ins Schloss. James ging ihm nach und schob den Riegel vor.
Amüsiert blickte Susanna zu ihrem Mann hoch, als er zurückkam. "Erstaunlich, zu welch absurden Deutungen die Leute sich herausgefordert fühlen, nicht wahr?" meinte sie lächelnd. Während er sich eine Tasse Tee einschenkte, fuhr sie fort: "Du auch? Ach, James, in dem Moment, in dem ich die Figur das erste Mal sah, wusste ich, dass du meiner Sache, der Sache aller Frauen, Sympathie entgegenbringst. Dass du verstanden hast, was es heißt, gegen die Fesseln der Gesellschaft anzukämpfen." Sie seufzte. "Immer wenn ich in den letzten Wochen an dir gezweifelt habe, immer wenn ich das Gefühl hatte, dass du versuchst, über mich zu verfügen, habe ich an diese Skulptur gedacht. Deswegen wollte ich auch nicht, dass du sie verkaufst. Weißt du, du bist nicht so wie die meisten anderen Männer. Es jagt dir keine Angst ein, dass Frauen als vollwertige Menschen anerkannt werden möchten. Als ich die Figur sah, wusste ich, dass du verstehst, wie wichtig es mir ist, die Fesseln der Konvention, die meine Schritte hemmen, endlich abzulegen …"
"Susanna …", unterbrach James sie ärgerlich.
Sie verstummte. "Ja?"
"Das ist lediglich eine Frau, die sich den rechten Fuß zwischen Steinen eingeklemmt hat. Nicht mehr und nicht weniger."
19. Kapitel
"Warte!" rief Susanna ihm nach, als er zur Tür schritt. "Es tut mir Leid. Aber du musst doch nicht böse auf mich sein, nur weil ich die Skulptur falsch interpretiert habe!"
Mit kaum verhohlenem Zorn drehte James sich zu ihr um, als er auf der Türschwelle stand. "Habe ich versucht, dich zu ändern, Susanna? Habe ich das?"
Verwirrt blieb sie stehen. "Nein, wieso?"
"Ich bin kein Künstler. Das habe ich auch nie behauptet. Das will ich nicht sein!"
"Aber du bist ein Künstler, James! Du bist ein wunderbarer Bildhauer!"
"Nein, ich bin ein Steinmetz ! Zumindest war ich das, bis ich dich getroffen habe! Wenn der dämliche Abercrombie unbedingt ein Vermögen verschleudern will, dann helfe ich ihm gerne dabei; es wäre ja dumm, siebentausend Pfund auszuschlagen. Aber nur dieses eine Mal, Susanna! Ich will nicht so werden wie mein Vater. Und ich lasse mich nicht zu einem Künstler machen, weder von dir noch von irgendjemandem sonst. Hast du mich verstanden?" entgegnete er wütend.
Erschrocken über seinen unvermuteten Zornesausbruch sah Susanna ihn an. "Nein, James, ich verstehe dich nicht! Denk doch daran, wie erfolgreich du bei deinem Talent sein könntest – in künstlerischer, nicht nur in finanzieller Hinsicht."
"Ich werde mich nicht in den Keller setzen und wie jeder Dilettant darauf hoffen, dass ich der Menschheit eine Botschaft übermitteln kann. Ich werde kein exzentrisches Schoßtier sein, das du deinen Freunden vorführen kannst, Susanna. Ich bin Steinmetz, Susanna, das ist alles!"
"Aber James …!" Hilflos brach sie ab.
Er blieb stehen und versuchte, ruhiger zu werden. Als er seinen Mund wieder öffnete, meinte er mit mühsam beherrschter Wut: "Ich habe schon einmal gesehen, wie jemand sein Leben damit verschwendet hat, ein Künstler zu sein. Ich werde das nicht tun. Nicht einmal dir zuliebe! Besonders nicht dir zuliebe!"
"Aber James – ich wollte dir doch nur helfen! Ich dachte, du würdest dich freuen, dass deine Arbeit so viel Wertschätzung erfährt!"
"Du musst ja immer das letzte Wort haben. Aber, Frau Frauenrechtlerin, ich habe auch Rechte. Und eines dieser Rechte ist …"
Es klopfte an der Tür. "Garrow? Susanna?"
"Vater!" rief Susanna, erleichtert über die unverhoffte Unterbrechung. "Wir haben dich noch gar nicht so
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