Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes
geben.«
»Vielen Dank. Verzeihen Sie nochmals die Störung.«
»Keine Ursache.« Und er nannte ihr Lord Peters Nummer.
Sowie er aufgelegt hatte, wartete er nur eine Sekunde, dann verlangte er die Nummer selbst.
»Aufgepaßt, Wimsey«, sagte er. »Ich hatte eben einen Anruf von Mrs. Forrest. Sie wollte dir schreiben, aber ich habe ihr deine Adresse nicht nennen wollen und ihr statt dessen deine Telefonnummer gegeben. Wenn sie also anruft und nach Mr. Templeton fragt, weißt du bitte, wer du bist, ja?«
»Klar wie dicke Tinte. Was nur die schöne Dame will?«
»Vielleicht ist ihr eingefallen, daß sie uns eine bessere Geschichte hätte erzählen können, und jetzt will sie dir ein paar Ergänzungen und Verbesserungen andrehen.«
»Dann verrät sie sich wahrscheinlich. Die erste Rohfassung ist meist viel überzeugender als das ausgefeilte Endprodukt.«
»Ganz recht. Ich habe nichts aus ihr herausbekommen.«
»Klar. Wahrscheinlich hat sie noch einmal darüber nachgedacht und es ein bißchen ungewöhnlich gefunden, daß Scotland Yard sich mit dem Aufspüren entlaufener Ehemänner abgibt. Sie nimmt an, daß irgendwo was im Busch ist, und mich hält sie für den dummen Trottel, den sie in Abwesenheit des amtlichen Zerberus schön ausquetschen kann.«
»So wird es sein. Aber mit so etwas wirst du ja fertig. Ich mache mich mal auf die Suche nach diesem Rechtsanwalt.«
»Da hast du dir aber allerhand vorgenommen.«
»Nun ja, ich habe so eine Idee, die vielleicht klappt. Wenn ich etwas herausbekomme, gebe ich dir Bescheid.«
Mrs. Forrest rief erwartungsgemäß etwa zwanzig Minuten später an. Sie habe es sich anders überlegt. Ob Mr. Templeton sie nicht heute abend besuchen kommen könne – so gegen neun, wäre das recht? Sie habe sich die Sache noch einmal durch den Kopf gehen lassen und wolle ihre Informationen doch lieber nicht schriftlich aus der Hand geben.
Mr. Templeton versicherte ihr, er werde mit dem größten Vergnügen kommen. Er habe nichts anderes vor. Nein, es komme ihm überhaupt nicht ungelegen. Mrs. Forrest brauche sich deswegen gar nicht zu bedanken.
Ob Mr. Templeton so überaus nett sein könnte, niemandem etwas von seinem Besuch bei ihr zu sagen? Mr. Forrest und seine Schnüffler seien unentwegt auf dem Posten, um Mrs. Forrest in Schwierigkeiten zu bringen, und die rechtskräftige Scheidung sei doch erst in einem Monat zu erwarten. Scherereien mit dem Staatsanwalt würden sich auf jeden Fall verheerend für sie auswirken. Am besten solle Mr. Templeton mit der U-Bahn bis zur Bond Street fahren und dann zu Fuß zu ihrer Wohnung kommen, damit kein Auto draußen vor der Tür herumstehe oder ein Taxifahrer sich genötigt sehe, gegen Mrs. Forrest auszusagen.
Mr. Templeton versprach ihr ritterlich, diese Anweisungen genau zu befolgen.
Mrs. Forrest sei ihm dafür sehr verbunden und erwarte ihn also um neun.
»Bunter!«
»Mylord?«
»Ich gehe heute abend aus. Da man mich gebeten hat, nicht zu sagen, wohin, sage ich es auch nicht. Andererseits habe ich das dumpfe Gefühl, daß es vielleicht unklug wäre, so einfach auf jede Verbindung zur Mitwelt zu verzichten. Es könnte einem ja was zustoßen, vielleicht bekommt man einen Schlaganfall, nicht wahr? Ich hinterlasse also die Adresse in einem verschlossenen Umschlag. Sollte ich vor morgen früh nicht wieder auftauchen, fühle ich mich an kein Versprechen mehr gebunden. Klar?«
»Sehr wohl, Mylord.«
»Und falls ich bei dieser Adresse nicht zu finden bin, wird es vielleicht nicht schaden, einmal im Eppingforst oder Wimbledonpark nachzusehen.«
»Ganz recht, Mylord.«
»Übrigens, Sie haben doch diese Fingerabdrücke photographiert, die ich vor einiger Zeit mitgebracht habe?«
»Selbstverständlich, Mylord.«
»Mr. Parker wird sie nämlich demnächst vielleicht haben wollen, um ein paar Ermittlungen anzustellen.«
»Verstehe vollkommen, Mylord.«
»Das hat aber mit meinem Besuch von heute abend nichts zu tun, verstanden?«
»Natürlich nicht, Mylord.«
»Und nun bringen Sie mir mal den Katalog von Christie’s. Ich werde dort einer Auktion beiwohnen und zum Lunch in den Club gehen.«
Und damit verdrängte Lord Peter für eine Weile die Verbrecherweit aus seinen Gedanken und richtete seine intellektuellen und finanziellen Fähigkeiten auf das Ziel, einen Händlerring zu überbieten und aufzubrechen, eine Aufgabe, die für seinen boshaften Charakter wie geschaffen war.
Lord Peter erfüllte gewissenhaft alle ihm gemachten Auflagen und
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