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Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Titel: Lord Schmetterhemd im wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
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ich sogleich — meiner Schatzkarte folgend — bis an den
Rand der von Indianern bewohnten Gebiete fahren. Jetzt, nach dem Vorfall mit
dem Tödlichen Colt und der Art, wie sich meine Vorfahren ins Gerede gebracht
hatten, überlegte ich, ob ich nicht noch in dieser Stunde abreisen sollte.
Freilich, wenn ich überall flüchtete, konnte ich genausogut auch sofort wieder
nach Hause zurückkehren. Die Ausbeute an Fotos wäre vermutlich gleich gering
gewesen. Meine Vorfahren strotzten vor Unternehmungslust. Ich hatte die größte
Mühe, sie zu überreden, sich zu einer Beratung über unseren Verbleib oder
unsere Abreise mit mir auf mein Zimmer zurückzuziehen. Onkel Rab zeterte, daß
er Mr. Miller versprochen hätte, ihn zu besuchen.
    »Mrs. 26 Miller, meinst du wohl«, sagte Tante Turkie
spöttisch, »Millie...«
    »Außerdem
bin ich verrückt danach auf einem Mustang zu reiten«, lenkte Onkel Rab ab.
    Onkel
Berni sog gelassen an seiner Pfeife. Wir saßen in meinem Zimmer, und ich war
gerade dabei, die Schatzkarte auszupacken, um unser nächstes Ziel festzulegen,
als Cookie Pott rief: »Da kommt Zirkus-Joe. Er sieht wie ein geprügelter Hund
aus .«
    Cookie
stand am Balkonfenster und versuchte, einen Fleck mit Spucke und seinem
Taschentuch wegzupolieren. Er konnte den Galgenbaumplatz gut überblicken.
    Zirkus-Joe,
schon immer ein Wurzelmännchen, rannte stolpernd und zu Boden gebeugt in das
Hotel zurück. »Er hat was abgekriegt...« meinte Onkel Rab.
    »Na
ja, er erinnert mich an dich, wenn dir der Große Koyote über den Weg gelaufen
ist«, kollerte Tante Turkie. Da schwieg mein lieber Kaninchenonkel.
    Ich
rief Zirkus-Joe zu, er möge heraufkommen. Wenig später waren er und Little-Byrd
bei uns.
    »Ist
Ihnen ein Gespenst begegnet ?« fragte ich, was in
Gegenwart meiner Vorfahren wohl eine kleine Entgleisung war. Onkel Berni wies
mich auch sogleich zurecht: »Für so taktlos hätte ich dich nicht gehalten, Mac !«
    »Nun
gut — Verzeihung — aber was ist geschehen ?« Little-Byrd hatte sich auf das grüne Sofa gesetzt, worauf Onkel Rab sich neben
ihr niederließ und ihr Komplimente über ihr Aussehen machte. Das hellgelbe
Seidenkleidchen stand ihr wirklich reizend. Schmal und zerbrechlich sah sie
aus. Zirkus-Joe ließ sich auf einen Sessel fallen. Er würgte hervor: »Er ist
der neue Sheriff !«
    »Wer
— « fragten wir wie aus einem Munde.
    »Er!
— Der Tödliche Colt! — «
    Wir
waren sprachlos. Zirkus-Joe berichtete: »Ich denke, mich laust der Affe oder ’n
Blitz schlägt in mich ein, als ich die Tür zum Sheriff-Office 27 aufmachte und mich seine wohlbekannte Visage
angrinste. Vor ’ner Teufelsfratze hätte ich mich kaum mehr erschrecken können .«

    »Das
verstehe ich — « sagte Cookie Pott, »der Mensch ist mir ungeheuer widerlich .«
    Meine
Vorfahren zeigten sich dagegen eher erfreut. Sie äußerten zwar nichts
dergleichen, aber ich sah es dem Aufblitzen ihrer Augen an.
    Ich
fragte Zirkus-Joe, wie es überhaupt möglich sei, daß so ein Gauner Sheriff
wurde. Er antwortete: »Ich vermute, er hat sich einfach den Stern angesteckt
und dann für seine Wahl gesorgt, Drohungen mit einer schnellen Pistole sind ja
doch ein unwiderlegliches Argument, sozusagen der Grund aller Gründe...«
    »Verstehe !«
    »Typisch
Wilder Westen«, erklärte Tante Turkie.
    »Wir
treten hier natürlich nicht auf, wir reisen ab«, sagte Zirkus-Joe bestimmt.
    »Abreisen
— aber das bedeutet ja, wir müssen uns trennen !« rief
Little-Byrd erschrocken, mit einem herzlichen Blick auf uns alle.
    »Kommt
gar nicht in die Tüte !« erklärte Onkel Rab und legte
seine Pfote um Little-Byrds Schulter.
    »Benimm
dich !« tadelte ihn Tante Turkie.
    »Haben
Sie die Genehmigung für die Vorstellung nicht bekommen oder etwa gar nicht
erbeten ?« fragte ich.
    »Doch
—« murmelte er. »Ich wollte zwar gleich auf der Schwelle umkehren. Aber der
Tödliche Colt fuhr mich an, ich solle dableiben, und was ich wollte, ob er mir
etwa nicht paßte als Sheriff, er tat, als habe er mich noch nie gesehen. Da
sagte ich mein Sprüchlein, und er ließ sich fünf Dollar geben — das ist so eine
Art Verwaltungsgebühr — , und dann tat er sehr großartig und gönnerhaft und
sagte, daß er keine Einwände gegen ein paar Kunststücke hätte, und daß das ein
bißchen Abwechslung in den Alltag der Leute hier brächte... aber ich mach’s
trotzdem nicht!«
    »Warum
nicht?«
    »Weil
ich glaube, daß er was im Schilde führt .«
    »Dann
gerade !« brummte Onkel

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