Lord Tedric 01 - Lord Tedric
kann nur für sie hoffen, daß sie ihr Ziel erreichen. Wenn Sie wollen, können Sie mich jetzt einen Verräter schimpfen und mich einsperren lassen, doch ich weiß, wovon ich spreche, und sage die Wahrheit.«
»Niemand hier hat vor, dich einen Verräter zu nennen, Keller«, beruhigte ihn Nolan.
»Außerdem sagt Keller, daß er vielleicht noch Freunde auf Evron 11 hat. Er hat seine Frau dort zurückgelassen.«
»Wenn sie nicht schon längst an Überarbeitung zugrunde gegangen ist.«
»Wer kommt sonst noch mit?«, fragte Nolan.
Tedric schüttelte ablehnend den Kopf. »Willst du noch jemand vorschlagen?«
Nolan dachte einen Moment nach, dann winkte er ab. »Nein, ich wüßte niemanden. Wir alle haben gleichermaßen wenig Erfahrung. Es gibt zwar noch einige gute Leute in der Klasse, doch keinen, der die anderen in irgendeiner Weise übertrifft.«
»Das war auch meine Überlegung.«
»Und hast du noch jemanden ins Auge gefaßt?«
»Niemanden. Wir drei gehen alleine. Wenn wir uns schon als Spione betätigen sollen, sollten wir es auch richtig anfangen. Eine Horde von zehn oder zwanzig Mann, die durch die Minen trampelt, macht uns nicht gerade unverdächtig.«
»Also du, ich und Keller«, sagte Nolan bedächtig. »Wie die drei Musketiere.«
»Wer?«, fragte Tedric verwirrt.
»Das waren drei berühmte Männer, die vor langer Zeit lebten. Alle für einen, und einer für alle – das war ihr Leitspruch.«
»Und was bedeutet das?«
Nolan lachte und schüttelte den Kopf. »Weißt du, so richtig habe ich das auch nie begriffen.« Mit diesen Worten drehte er sich zur Wand. »Ich möchte jetzt schlafen«, murmelte er und gähnte herzhaft.
Und Tedric ließ ihn schlafen.
*
Der harte Andruck fünffacher Erdgravitation preßte Tedric grob in das weiche Polster der Liege, auf der er festgeschnallt war. Er wand sich unter den Gurten, um seinen Körper in eine bequemere Lage zu bringen, und versuchte, seine Muskeln zu entspannen, während die Landekapsel auf die sich ihr entgegenwölbende Oberfläche des Planeten zustürzte. Draußen loderte, wie Tedric gut durch das kleine Bullauge beobachten konnte, der Himmel blutrot. ›Vielleicht sterben wir‹, dachte er. ›Kein Mensch kann auf die Dauer diesen Druck ertragen.‹ Doch aus dem Geschichtsunterricht wußte er genau, daß die Menschen seit Beginn des Raumfahrtzeitalters noch stärkere Belastungen ertragen hatten. Leider hatte man bisher kaum einfachere Methoden als den Fallschirmabwurf entwickelt, um auf der Oberfläche eines Planeten zu landen.
Nolan und Keller, die solche Landungen schon früher mitgemacht hatten, schienen trotzdem unter dem harten Druck zu leiden. Ihre Münder waren aufgerissen, ihre Gesichter verzerrt, auf ihren Stirnen perlte der Schweiß. ›Wir werden es überleben‹, dachte Tedric. ›Auf diese Weise wird uns niemand umbringen wollen.‹
Plötzlich öffnete sich der Fallschirm und bremste ihren Sturz. Mit einem harten Ruck wurde Tedric in die Sicherheitsgurte seiner Liege geschleudert. Augenblicklich wurde der glühendrote Himmel draußen pechschwarz. Langsam sank die Kapsel durch die mitternächtliche Dunkelheit der Oberfläche des Planeten entgegen.
Nolan, der auf der Liege rechts von Tedric festgeschnallt lag, wandte den Kopf und grinste schwach.»Wir fielen schneller, als ich erwartete. Einen Moment lang glaubte ich, ohnmächtig zu werden, und gerade das darf nie passieren.«
»Glaubst du, daß wir schneller gestürzt sind, weil die Dichte der Planetenmasse höher ist, als sein Volumen vermuten läßt?« Tedric hatte dieses Wissen auf der Reichsakademie erlangt, doch diese Kenntnisse schienen nicht zu ihm zu passen, wirkten fremd an ihm, wie geliehene Kleider.
»Das ist möglich«, stimmte Nolan zu, »doch ich mache eher Carey dafür verantwortlich. Ich vermute, daß er uns diesen Ausflug so unbequem wie möglich gestalten wollte.«
»Er hat wohl kaum die Möglichkeit, die Landegeschwindigkeit der Kapsel zu beeinflussen.«
»Er hat die Möglichkeit zu allem, was er will. Wer sollte ihn daran hindern? Doch sicher nicht Kapitän Maillard, oder?«
Tedric gab keine Antwort. Nolans starke Abneigung gegen Carey war durch Careys Verhalten während der Reise noch gewachsen. Tedric war klar, daß es kaum Sinn hatte, mit Nolan über diesen Punkt zu argumentieren.
Keiner der drei Männer löste die Gurte. Die eigentliche Landung stand ihnen noch bevor. Tedric wandte den Kopf und erkannte durch das Bullauge die ihm vertrauten Sterne von Evron
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