Lord Tedric 01 - Lord Tedric
Hülle der Adlerauge zeigte. »Wir müssen ihn nur so lange halten, bis die Außenhülle abgekühlt ist.«
Nolan ging zu den Technikern hinüber, um mit ihnen Tedrics Weisungen zu besprechen. Währenddessen ließ Tedric die Monitore nicht aus den Augen: die glühende Außenhülle, das Schiff der Verfolger, die Sterne im Hintergrund. In diesem Moment wurde ihm die ganze Tragweite seiner Handlung bewußt: er riskierte das Leben der gesamten Schiffsbesatzung für etwas, an das er sich nur schwach erinnern konnte. Hatte er wirklich das Recht dazu? Was war, wenn ihm ein Fehler unterlief, wenn die Wissenden sich geirrt hatten? Bis jetzt war dies nicht geschehen, sie hatten ihn nicht enttäuscht. Er konnte nur hoffen, daß es auch dieses Mal nicht geschah.
Nolan trat wieder zu ihm. »Sie halten die Geschwindigkeit.«
Tedric nickte kalt. »Nur, solange wir vor ihnen herfliegen.«
*
Schon die Flucht von Evron 11 hatte sich als recht schwierig herausgestellt. Als erstes mußten sie sich von dem Schock über Janias Tod erholen, besonders Keller, der davon am tiefsten betroffen war.
Tedric und Nolan saßen nebeneinander und flüsterten gelegentlich miteinander, doch Keller, der offensichtlich allein sein wollte, hatte sich ein gutes Stück von ihnen entfernt auf einen Felsen gesetzt und kehrte ihnen den Rücken zu. Tedric ließ ihn gewähren, denn er fühlte, daß Keller mit seinen Empfindungen und Gedanken allein sein wollte.
Nachdem so eine Stunde verstrichen war, sagte Nolan: »Ich glaube, wir dürfen nicht mehr länger warten.«
Tedric schaute zu Keller hinüber, der immer noch reglos am alten Platz saß. »Nein, du hast recht.«
»Wir haben keine genaue Vorstellung davon, was eigentlich los ist. Deswegen können wir es uns nicht leisten, nochmals gefangengenommen zu werden.«
»Nein.«
»Vielleicht redest du mit ihm. Ich würde es zwar selbst tun, doch ich weiß nicht, was ich ihm sagen soll.«
Auch Tedric wußte es nicht, doch Nolan hatte recht. Es wurde Zeit, daß etwas geschah. »In Ordnung, ich werde es versuchen.« Zögernd ging Tedric zu Keller hinüber.
»Darf ich dich einen Augenblick stören?« fragt er sanft.
Beim Klang von Tedrics Stimme wandte Keller sich um. Sein Gesicht war eine leere Maske, in seinen Augen stand tiefer Schmerz.
»Sir?«
Tedric hockte sich neben ihn, das Sprechen fiel ihm so leichter. »Nolan ist der Meinung, wir sollten langsam verschwinden. Ich muß ihm beipflichten.«
»Es ist zu gefährlich hier, nicht wahr?«
»Möglicherweise ja.«
»Könnten Sie ...?« Keller zögerte einen Moment, bevor er weitersprach. »Könnten Sie mir noch eine Minute Zeit lassen, Sir?«
»Glaubst du, es hilft dir?«
»Ich weiß es nicht, Sir. Ich weiß nicht, ob da überhaupt noch etwas hilft.«
»Wenn sie tot ist, Keller, kann nichts mehr sie zurückbringen.«
»Oh, das ist mir klar. Doch nicht ihr Tod schmerzt mich am meisten. Die ganze Zeit, in der ich hier alleine sitze, versuche ich mir darüber klar zu werden. Nicht ihr Tod oder die Art, wie sie gestorben ist, bereitet mir Kummer. Mein Verhalten ist es, das mich bedrückt. Sie haben selbst erlebt, wie sie reagierte, als sie mich wiedersah. Es war doch so, als wolle sie von meiner Existenz überhaupt keine Notiz nehmen. Und das hat mir weh getan, Sir. Es hat mich mehr geschmerzt als alles andere in meinem Leben.«
»Sie hat aber doch Verständnis gezeigt, als du ihr die Gründe für dein Verhalten erklärt hast.«
»Haben Sie ihr geglaubt?«
Diese Frage verblüffte Tedric. Trotzdem versuchte er, wahrheitsgemäß zu antworten. »Ich glaube nicht, daß sie gelogen hat.«
»Vielleicht nicht. Ich suche auch gar nicht die Schuld bei ihr, sondern bei mir. Ich weiß, was ich getan habe, war falsch. Ich wußte es, als ich sie verließ, und ich weiß es auch jetzt. Es war falsch von mir, sie hier, an einem solchen Ort zurückzulassen. Ich habe nur an mich gedacht.«
»Ich habe nie behauptet, daß du dich richtig verhalten hast. Ich habe aber auch nicht das Gegenteil gesagt. Ein solches Urteil steht mir nicht zu. Ich habe nur versucht, dir zu zeigen, daß ich dich verstehe.«
»So oder so, Sir, Tatsache ist doch, daß das Ganze so verdammt sinnlos ist. Für ihren Tod heute gibt es ebensowenig einen Grund wie für die Tatsache, daß ich lebe. Was soll ich tun?«
»Weitermachen, würde ich sagen.«
»Als ob nichts geschehen wäre? Als ob ich sie nicht wiedergesehen hätte? Das kann ich nicht, Sir. Ich werde nie mehr der gleiche, glückliche
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