Lord Tedric 03 - Die Raumfestung
alles.« Er mußte sich offenbar wirklich anstrengen, um zu sprechen, aber es schien ihm doch etwas zu helfen, nicht nur über die unendliche Leere nachzudenken.
»Wie sieht das mit den theoretischen Grundlagen aus? Können Sie mir erklären, wie er funktioniert?«
»Ich kann’s wohl mal versuchen.« Dass fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Schweißperlen liefen seine Wange herab. »Eigentlich ist es nicht sehr kompliziert. Alle Materie besteht aus Atomen. Mein Materiezerrütter bewirkt, daß die Atome sich gegenseitig abstoßen. Das Ergebnis ist die sofortige und völlige Zerstörung.«
»Und das funktioniert bei belebter Materie genauso wie bei toter?« fragte Tedric.
Dass nickte. »Der Materiezerrütter kann nicht dazwischen unterscheiden. Was ihn betrifft, so ist ein Atom eben ein Atom.«
»Dann sind Sie sich wohl auch darüber im klaren, daß Sie die größte Vernichtungswaffe in der Geschichte der Menschheit konstruiert haben?«
»Darüber muß ich mir ja wohl im klaren sein.« Er sprach langsam, gequält, mit einem Zögern in der Stimme.
»Sie reden so, als seien Sie nicht sonderlich glücklich darüber.«
»Wären Sie das vielleicht? Ich habe lediglich Mathematik gespielt, das war alles. Dann kam Villion zu mir. Es war seine Idee, eine Waffe zu bauen. Ich wollte den Menschen helfen, nicht sie umbringen.«
Dies war ein anderer Milton Dass als der, den Tedric in der großen Villa auf Nykzas kennengelernt hatte. Das spastische Fließen seines Genius hatte nachgelassen, und das lag gewiß nicht nur an seiner Erkrankung. »Warum haben Sie es denn dann getan?«
Dass schweifte mit seinem Blick in der Kabine umher, als sei er sich nicht sicher, daß sie beide allein wären. »Villion hat mir befohlen, nicht darüber zu sprechen.«
»Er kann Sie nicht hören. Ich trage ein Gerät bei mir, das jede Abhörvorrichtung außer Kraft setzt.«
»Das ist mir egal. Ich werde es Ihnen auch so sagen. Er hat meine Frau gestohlen, jawohl. Ich habe sie geliebt, und er hat sie fortgeholt.«
»Hat er sie entführt?«
»Ich… ja. Ach, ich weiß es nicht. Sie ist mit ihm gegangen. Das ist alles, was ich weiß. Er hat sie dorthin gebracht, wo wir gerade hinfliegen und hat mir gesagt, daß sie niemals zurückkommen würde, wenn ich nicht tue, was er mir sagt.«
Tedric furchte die Stirn. Er haßte Erpressung, in welcher Form auch immer. Jeder hatte das Recht, die Richtung seines eigenen Lebens selbst zu bestimmen. »Dann hat er Sie erpreßt?«
»So könnte man es wohl ausdrücken. Er hat in meinem Haus gelebt, ist in ihm herumgespukt wie ein Gespenst, und eines Tages waren sie beide verschwunden, er und Lola, und er ist allein zurückgekommen.«
»War das Villion selbst oder nur eine Projektion?«
»Nein, er selbst.«
»Und er hat Sie gezwungen, den Materiezerrütter zu bauen?«
»Ja.«
»Und nun will er damit eine ganze Welt sprengen.«
»Ich weiß«, sagte Dass matt, »aber was soll ich machen? Was kann denn irgend jemand machen? Sie sind doch auf seiner Seite. Was schert Sie das überhaupt?«
Tedric machte einen Schritt zurück. Dass hatte recht. Es gab keine Möglichkeit, diese Fragen zu beantworten, ohne mehr über seine Ziele preiszugeben, als er wollte. »Bleiben Sie hier«, sagte er zu Dass, »bis Sie sich besser fühlen. Dann melden Sie sich zum Dienst. Es wird nicht mehr lange dauern, bis wir da sind.«
»Ich weiß«, sagte Dass. Er schien darüber nicht sehr erfreut zu sein.
Tedric ging zurück ins Cockpit, blieb vor den Instrumenten stehen und starrte durch die Sichtscheibe. Ich werde es nicht tun, dachte er. Es geht einfach nicht. Wenn sie wollen, daß es jemand tut, wenn Skandos es will, dann soll er mir auch zeigen wie.
Er setzte sich in den Andrucksessel.
VIII
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Auf Milrod Elf
Lady Alyc kniete auf einem weichen Grasstück in dem gut gepflegten Garten hinter dem Haus, das sie nun allein auf dem Familienplaneten Milrod Elf bewohnte. Sie dachte über das nach, was sie gesehen hatte, als sie mit Tedric im All gewesen war, um den roten Sumpf der fremden Wolke zu beobachten.
Gesehen. Das war das Wort, das sie benutzte, und so ein Gefühl hatte sie auch dabei gehabt. Sie hatte die rote Wolke gesehen, obwohl sie ihr halbes Leben lang völlig blind gewesen war.
Blind, ja, das gab sie zu – aber nicht sehfähig? Nein, niemals, denn Lady Alyc glaubte fest daran, daß der Gesichtssinn nicht nur auf ein Organ, auf eine Form der Sinneswahrnehmung beschränkt war, und wer seine
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