Lord Tedric 03 - Die Raumfestung
konnte. Er wünschte, daß er Villion jagen könnte, weil er ihn haßte und nicht wegen irgendeines gewaltigen – und vagen – Plans, ein ganzes Universum zu retten.
Tedric erhob sich und ging auf und ab. Soweit er das beurteilen konnte, ergab nur ein Vorgehen einen Sinn. Es war eine Tatsache, daß er Skandos und den Wissenschaftlern einst versprochen hatte, ihren Interessen zu dienen. Bisher hatte sein ganzes Leben in diesem Universum auf diesem Versprechen aufgebaut. Wenn er nun ausscheren sollte, dann würde alles, was er bisher geleistet hatte, bedeutungslos werden. Also wollte er fortfahren. Er würde Fra Villion weiterhin jagen und jeden, der sich ihm in den Weg stellte, bis irgend etwas schließlich gelöst war.
Aber was war mit Alyc? Er wußte, daß er ihr nichts tun würde. Nichts – einschließlich das Bedürfnis, einen Sinn im Leben zu haben – konnte das wert sein. Es war eine Grundsatzfrage. Er hatte sich dazu entschlossen, Villion zu bekämpfen, aber dazu war es notwendig, Milrod Elf und damit auch Lady Alyc zu vernichten. Was sollte er tun? Lady Alyc töten und dann zu Villions Hauptquartier reisen? Oder Alyc verschonen und damit alles, was in den letzten Monaten erreicht worden war, zunichte machen? Er stand immer noch vor derselben Entscheidung wie auf Nykzas. Dort hatte er sie noch hinauszögern können, hatte wahrscheinlich auf ein Wunder gehofft. Aber das Wunder war nicht eingetreten. Jedenfalls bisher noch nicht.
Tedric sagte leise zu dem Schiffscomputer: »Wann werden wir voraussichtlich auf Milrod Elf eintreffen?«
Ein paar Sekunden vergingen, dann gab es ein tickendes Geräusch. Tedric griff nach der ausgedruckten Antwort: in drei Tagen, neunzehn Stunden, achtundfünfzig Minuten und vier Sekunden.
Tedric lächelte verbittert. Es gab noch Zeit – Zeit für ein Wunder. Er entschloß sich, mit Milton Dass zu sprechen. Schließlich war die Hauptsache des Ganzen, der Materiezerrütter, Dass’ Werk. Er ging ins Hinterschiff, fand Dass aber nicht vor. Juvi, die Ky-shan beim Überprüfen der Triebwerke behilflich war, sagte ihm, Dass wäre in seiner Kabine.
»Was tut er dort? Niemand hat ihn vom Dienst beurlaubt.«
»Ich glaube, er ist raumkrank«, sagte sie.
»Ich gehe wohl mal besser nachsehen.«
Tedric fand Dass auf der Pritsche liegend. Die Sichtscheibe über seinem Kopf war mit einer Decke verhüllt, und Dass’ Gesicht war so fahl wie die Strahlen eines jungen Sterns. Als Tedric leise die Luke hinter sich schloß, gab Dass ein schwaches Stöhnen von sich.
»Ich möchte Sie einen Augenblick sprechen, Milton«, sagte Tedric.
Dass drehte steif seinen Kopf zu ihm hin. »Weshalb? Ich bin krank. Sehen Sie das nicht? Ich liege im Sterben.«
Tedric grinste. »Sie werden schon wieder gesund werden.«
»Das glaube ich nicht«, sagte Dass stur. »Der Raum ist nichts für mich. Ich verstehe nicht, wie Sie so etwas aushalten können. Schauen Sie sich mal diesen Boden an. Wissen Sie, wie dick er ist? Drei Meter. Das ist alles. Wenn etwas passieren sollte, wenn er durchbräche, dann würde ein Mensch hindurchfallen und niemals mehr mit dem Fallen aufhören. Der N-Raum ist wirklich unendlich. Das kann ich mathematisch beweisen. Man würde in alle Ewigkeit fallen.«
»Daran dürfen Sie einfach nicht denken«, erwiderte Tedric.
»Ich kann anscheinend an nichts anderes denken«, sagte Dass.
Tedric empfand durchaus Mitgefühl für Dass’ Lage. Er hatte früher ähnlich kranke Männer gesehen, und er wußte, daß jeder von der N-Raumkrankheit befallen werden konnte. Während seiner Zeit an der Akademie des Korps der Einhundert war einer der vielversprechendsten Kadetten in seinem Lehrgang ein junger Mann namens Dy Ryan gewesen, dessen Vater und Großvater bereits ruhmreich im Korps gedient hatten. Jeder rechnete damit, daß Ryan dort großen Erfolg haben würde, doch als er das erste Mal allein durch den N-Raum fliegen mußte, fand seine Karriere ein abruptes Ende. Er wurde völlig und hoffnungslos raumkrank, so daß er nicht einmal sein eigenes Fahrzeug mehr steuern konnte. Er war schon am nächsten Tag nach Hause zurückgekehrt. Das Problem beim N-Raum bestand darin, daß er eigentlich etwas für Irre war. Keiner, der darüber nachdachte – wirklich darüber nachdachte –, konnte das aushalten.
»Ich möchte mit Ihnen über den Materiezerrütter reden«, sagte Tedric.
»Was wollen Sie denn wissen? Ich kann Ihnen die mathematischen Formeln sagen, aber das ist auch schon so ziemlich
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