Lords of Salem: Roman (German Edition)
Salems. Aber, verdammt, das war doch eher ein Grund, nicht in Salem zu wohnen. Und Heidi fiel in diesem Viertel auf wie ein bunter Vogel – niemand sonst dort war unter fünfzig. Zwar nicht so sehr, wie er auffallen würde, als Farbiger und mit seiner schmucken Kleidung, aber trotzdem …
Das Kruzifix, das am Rückspiegel baumelte, schwang noch von dem Wendemanöver hin und her. Es fing die Sonnenstrahlen ein und blendete ihn damit. Er streckte die Hand aus und brachte es zum Stillstand.
» Immer dasselbe«, sagte Heidi, die ihn beobachtet hatte. » Du solltest es einfach abnehmen.«
Er schüttelte den Kopf. » Ich nehme es nicht ab«, sagte er. » Das ist Gott, der ein Auge auf mich hat.«
» Weißt du, was sie früher in Salem dazu gesagt hätten?«, fragte sie.
» Was?«
» Sie hätten dich einen Götzendiener genannt«, sagte sie. » Wahrscheinlich hätten sie dich als Hexe verbrannt.«
» Ja, das waren noch Zeiten«, meinte er. » Aber ich lasse es, wo es ist.«
Sie fuhren einen Moment schweigend weiter, bis Heidi sich plötzlich an die Fotos erinnerte und ein wenig zusammenzuckte.
» Okay, wo sind die Fotos?«, fragte sie.
» Jetzt fängst du schon wieder mit den Fotos an.« Er wartete einen Augenblick auf eine spitze Bemerkung, doch als sie nichts sagte, zeigte er über die Schulter. » Rücksitz.«
» Und … wie sehen sie aus?«, fragte sie.
» Falsch«, sagte Herman.
» Was soll das heißen?«
Herman antwortete nicht. Es war ihm lieber, wenn sie sie selbst ansah.
Sie beugte sich nach hinten und schob einen Haufen Kleider zur Seite. Darunter standen mehrere Kartons. Der oberste war voller Bücher.
» Verdammt, du solltest mal dein beschissenes Auto aufräumen«, sagte Heidi. » Du bist ein Messie.«
Mein Gott, sie wusste, wie sie ihn auf die Palme bringen konnte. » Erzähl mir nicht, was ich tun soll«, sagte Herman. » Und ich bin kein Messie.«
» Ich werde dich bei dieser Show für Messies anmelden«, sagte sie. » Messiealarm , oder wie die heißt.«
» Ich bin kein Messie«, beharrte er.
Heidi ignorierte ihn. Sie schob den Karton zur Seite und öffnete einen der darunter stehenden. Herman sah im Rückspiegel, dass es der richtige war. Sie zog ein zwanzig mal fünfundzwanzig Zentimeter großes Werbefoto heraus, lehnte sich auf dem Sitz zurück und begutachtete es.
Als sie an einer Ampel anhalten mussten, warf Herman einen verstohlenen Blick darauf, um zu sehen, ob es so schlecht war, wie er es in Erinnerung hatte. » Big-H-Radioteam« stand am unteren Bildrand. Und dort war er. Ja, seine Klamotten waren klasse, wie gewöhnlich, aber sein Kopf sah doch nicht wirklich so aus, oder? Nein, auf keinen Fall. Es wirkte unnatürlich. Heidi sah gut aus in ihrem zerrissenen Ramones-T-Shirt und der löchrigen Jeans, völlig entspannt. Aber bei ihm gab es das Problem mit dem Kopf, wahrscheinlich irgendeine Photoshop-Spielerei, und er wirkte überhaupt nicht entspannt. Das dritte Teammitglied, Whitey, sah nicht so schlecht aus wie er, aber auch nicht halb so gut wie Heidi. Er war ein schlaksiger Mann mit langem Haar und buschigem Vollbart, und seine verspiegelte Sonnenbrille hätte direkt aus den Siebzigern stammen können. Als hätte er sie einem Piloten gestohlen. Ihm einfach ordentlich ein paar aufs Maul gehauen und die Sonnenbrille abgenommen. Ja, Herman musste zugeben, dass Whitey ganz gut aussah. Ein bisschen gruselig, aber trotzdem. Vielleicht hätte er selbst auch eine Sonnenbrille aufsetzen sollen.
» Wir sehen ziemlich cool aus«, sagte Heidi. » Was ist daran so falsch?«
» Mein Kopf«, sagte Herman verzweifelt. Sah sie das nicht? » Mein Kopf ist viel zu groß, verdammt! Es muss an dem beschissenen Objektiv liegen, das der Arsch benutzt hat. Ich wusste gleich, dass er heimlich ein Weitwinkelobjektiv nimmt, eine Art Fischauge. Ich weiß, dass mein Kopf nicht so groß ist.«
» Du siehst okay aus«, sagte Heidi. » Mann, du bist schlimmer als eine beschissene Tussi.«
» Okay? Okay ist deine höfliche Art auszudrücken: ›Guck dir Herman an, sein Kopf ist aufgeblasen wie ein beschissener Wasserball.‹ Ich sehe aus wie Charlie Brown.«
Er betrachtete sich im Spiegel. Nein, sein Kopf war nicht so groß. Auf keinen Fall.
Heidi legte ihm eine Hand auf den Arm und tröstete ihn spöttisch. » Keine Sorge«, sagte sie. » Du bist trotzdem ein echter Frauenheld.«
» Ja?« Er lächelte und blickte erneut in den Spiegel. » Ja, ich sehe gut aus, stimmt’s?« Kein Zweifel, Heidi war
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