Lords of Salem: Roman (German Edition)
mich sowieso aus dem Staub machen. Ich muss den ganzen Weg zurück zum Sender laufen, um mein Auto zu holen.«
» Du hättest mich nicht nach Hause begleiten müssen«, sagte Heidi. » Danke.«
» Kein Problem. Außerdem wurde ich mit Pancakes bezahlt.«
Heidi spielte nicht mit. Sie musste wirklich müde sein. » Wenn du willst, kannst du auf dem Sofa pennen«, sagte sie, doch er merkte ihr an, dass sie es nur aus Höflichkeit anbot.
» Nein. Ich sollte gehen.« Sie nickte nur. Während sie ihn zur Tür brachte und hinausließ, hielt sie sich die ganze Zeit den Kopf.
19
W as zum Teufel hat das alles zu bedeuten? , fragte sich Heidi. Habe ich mehr getrunken, als ich dachte? Nein, daran konnte es nicht liegen. Es war ihr gut gegangen, sie hatte sich einigermaßen amüsiert, Pancakes gegessen, Musik gehört, war nur ein wenig müde gewesen, doch dann hatte sich schlagartig alles verändert. Es hing mit der Platte zusammen, der von den Lords. Warum hatte die Nadel sich so verhalten? Das war eigentlich unmöglich.
Sie massierte sich die Schläfen. Und warum hatte Whitey nichts hören können, als die Platte zu spielen begann? Es war nicht laut gewesen, okay, aber selbst als Whitey verkündet hatte, die Platte sei leer, hatte sie es fühlen können. Nicht richtig hören, aber tief in ihrem Körper spüren, wie es an ihren Eingeweiden zerrte. War das Musik? Eigentlich widersprach es ihrem Wesen, so über Musik zu denken, doch es gab tatsächlich Songs, die sich anfühlten, als spielten sie sich im Inneren ab statt in der Außenwelt. Vielleicht war es in dem Fall etwas Ähnliches, aber ins Negative verkehrt. Es hatte sich nicht gerade gut angefühlt. Ihr war beinah übel davon geworden.
Doch sobald sie es gespürt hatte, hatte sie sich nicht mehr zurückhalten können, die Lautstärke aufzudrehen. Und dann hatte das Stöhnen begonnen, und Whitey hatte es ebenfalls gehört. Danach waren seltsame Dinge geschehen.
Sie konnte sich nicht mehr genau an die Musik selbst erinnern; sie wusste nur noch, dass sie seltsam war. Doch sie entsann sich, etwas gesehen zu haben. Und nicht nur gesehen – es war fast, als hätte sie es erlebt. Da war Blut, das wusste sie noch, überall Blut. Nacktes Fleisch blitzte auf, doch alles war so verzerrt, dass sie es nicht richtig erkennen konnte. Und das Zeichen auf dem Kästchen sah sie auch, aber nicht in Holz geschnitzt, sondern in dunklen Umrissen auf Fleisch gemalt. Vielleicht mit Farbe. Oder mit Blut. Oder vielleicht war es auch ins Fleisch geschnitten. Schwer zu sagen – es war alles bruchstückhaft aufgetaucht, wie im Licht eines Stroboskops, und sie konnte es nicht mehr richtig zusammensetzen. Sie stöhnte. Da war auch noch etwas anderes gewesen, ein Feuer und nackte schmutzige Frauenkörper, die sich wiegten und aneinanderklammerten und …
Vielleicht bin ich einfach verwirrt , dachte sie. Vielleicht hat das beschissene Black-Metal-Video irgendwelche unterschwelligen Botschaften enthalten, und jetzt, da ich müde bin, blitzen sie an die Oberfläche. Wie schon am Morgen verspürte sie das Verlangen nach einem Schuss. Sie unterdrückte es. Sie seufzte und rieb sich erneut die Schläfen. Das Beste, was du machen kannst, dachte sie, ist, einfach ins Bett zu gehen.
20
D ie gesamte Wohnung war dunkel, nur der Fernseher erfüllte das Zimmer mit seinem blauen Flackern. Heidi lag im Bett und versuchte einzuschlafen, doch trotz ihrer Erschöpfung verfolgte sie unwillkürlich mit einem Auge das Programm.
Auf dem Bildschirm redete ein Mann mit einer schwarzen Kapuze über dem Kopf über seine Zeit als Mafiakiller.
» Sie haben angedeutet, dass Sie eine Schrotflinte benutzten«, sagte der Interviewer außerhalb des Bilds.
Der Killer antwortete mit digital verzerrter Stimme, die unnatürlich tief und fast dämonisch klang. » Nicht irgendeine Schrotflinte, eine abgesägte Schrotflinte«, sagte er. » Er stand vor einer roten Ampel, und ich bin neben ihn gefahren und habe beide Läufe abgefeuert. Das grüne Licht hat er nicht mehr gesehen. Ich habe nicht damit gerechnet, dass die Ladung ihm den Kopf abreißt.«
Und dann veränderte sich der Bildschirm, flackerte merkwürdig und gewährte ihr einen Blick auf etwas anderes. Anstelle des Killers sah sie kurz ein menschliches Skelett, dessen Schädel mehrere Löcher aufwies.
Sie blinzelte, es verschwand, und der unkenntlich gemachte Killer nahm seinen Platz ein.
Irritiert tastete sie nach der Fernbedienung, konnte sie jedoch nicht finden.
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