Lords of Salem: Roman (German Edition)
sie das Recht verwirkt, ihren Körper zu steuern. Sie konnte durch ihre Augen blicken, aber sonst nichts. Sie hatte überhaupt keine Kontrolle mehr.
Hilfe! , rief sie Jarrett stumm zu und flehte ihn durch ihre Augen an. Hilf mir!
Doch Jarrett lag nur atemlos und schweißbedeckt dort.
Das Tier leckte sich die Lippen. Oder genauer gesagt, Maisies Lippen. Sein Hunger war nicht gestillt. Sie spürte, wie es ihre Fantasiebilder des gemetzelten Jarrett in den Mund nahm und sie auf der Zunge umherrollte. Ja, sie schmeckten ihm gut, und da sie bei ihm war, konnte auch sie sie schmecken, konnte schmecken, was es als Nächstes mithilfe ihres Körpers mit Jarrett anstellen wollte.
» Wow«, sagte Jarrett. » Was war das denn?«
Jarrett , schrie sie stumm. Lauf!
Sie spürte, wie ihr Körper die Laken zur Seite warf. Vorsichtig und unbeholfen wie ein Roboter stand sie auf und ging staksig aus dem Zimmer.
» Süße, ich meinte das positiv!«, hörte sie Jarrett hinter sich aus dem Schlafzimmer rufen. Bitte , flehte sie. Bitte, lieber Gott, lass das einen Traum sein.
Das Lied ging zu Ende. Noch immer ein wenig verdutzt sah Heidi zu, wie der alte Schriftsteller, Francis Soundso, hinausging. Das hatte zum Schluss eine seltsame Wendung genommen. Warum hatte er sich plötzlich für die Lords und die Nachricht interessiert? Er sah nicht gerade wie ein Headbanger aus, aber vermutlich gab es die in unterschiedlichsten Ausprägungen.
Als der Song ausklang, stellte Whitey den ersten Anrufer durch.
» Okay, war das Top oder Flop?«, fragte er.
» Hey, Mann«, sagte eine schroffe Männerstimme. » Ich bin gerade bei der Arbeit, und der Song verdirbt mir den Tag. Das ist der letzte Scheiß!«
» Wow!«, sagte Herman. » Keine Schimpfworte, bitte. Eine Stimme für Flop. Der nächste Anrufer.«
Whitey schaltete die nächste Leitung. » Top oder Flop?«, fragte er.
» Was?«, sagte eine Stimme, die nicht eindeutig als männlich oder weiblich zu identifizieren war. » Ich wollte mir nur etwas wünschen. Und zwar von Air Supply …«
Whitey unterbrach die Leitung und schaltete zur nächsten. » Top oder Flop?«, fragte er.
» Flop!«, sagte eine Männerstimme wütend. » Totaler Müll! Meine Band Tuesday Weld Overdrive ist im Gegensatz dazu der Hammer! Wir spielen …«
» Mit Tuesday Weld Overdrive haben wir schon Top oder Flop gespielt, und das Ergebnis war Flop. Der Nächste!«, sagte Heidi genau in dem Moment, als Whitey den Anrufer aus der Leitung warf.
» Top oder Flop?«, fragte Whitey.
» O mein Gott, es ist so schön«, sagte eine Frau. Ihre Stimme klang atemlos, beinahe aufgewühlt.
» Schön?«, sagte Herman. » Lady, es kann ja sein, dass es Ihnen gefällt, aber diesen Kram kann man ja wohl unmöglich als schön bezeichnen.«
Aber die Frau sprang nicht darauf an. » Spielt es noch mal … Bitte spielt es noch mal …«
Wer ist das? , fragte Maisie sich phlegmatisch, doch nach einem Augenblick dachte sie: O Gott, das bin ich. Sie betrachtete ihr Spiegelbild. Es sah nicht ganz richtig aus, nicht ganz wie sie. Ihre Gesichtszüge waren ein wenig verschoben, die Neigung ihres Kopfs anders als sonst. Und etwas glühte in ihren Augen, etwas, das sie noch nie zuvor dort gesehen hatte. Ihr nackter Körper hielt eine kleine Porzellankatze und streichelte sie langsam, als wäre sie echt. Ihre Hände strichen über die glatte Oberfläche, und die Nägel klickten auf dem Porzellan.
Sie versuchte erneut, die Kontrolle über ihren Körper zu übernehmen, doch nun, da das Tier die Freiheit gekostet hatte, hatte es nicht vor, sie wieder herzugeben. Es unterdrückte sie und hielt sie fest im Griff, während sie sich wand.
Sie sah ihr Spiegelbild wie durch einen roten Nebel.
Im Hintergrund schwafelte das Radio weiter.
» Top oder Flop?«, sagte Hermans Stimme.
» Top!«, kreischte eine Frau. » Top! Das ist der Hammer!«
Apropos Hammer , dachte das Tier. Es wird Zeit, was kaputtzumachen. Ihre Hände drehten sich und hielten die Katze über den Dielenboden. Nach einem Augenblick ließen sie sie los.
Die Katze überschlug sich, traf auf den Boden und zersprang in tausend Stücke.
» Was war das? Alles in Ordnung?«, hörte sie Jarrett rufen. Sie antwortete nicht. Stattdessen hob sie zögernd einen Fuß und setzte ihn mitten in die Scherben. Sie trat fest auf und spürte, wie die Splitter in ihr Fleisch schnitten. Sie zog den Fuß zurück und trat erneut in die Scherben, und als sie ihn wieder hob, freute sich das Tier über die
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