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Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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mond«, antwortete Oma. »Junge Mädchen, der Figur nach zu
    urteilen. Fledermäuse erkennen nur Silhouetten.«
    »Gute Arbeit«, sagte Nanny behutsam. »Glaubst du, die Mädchen
    stammen von hier?«
    »Das nehme ich an. Sie verwenden keine Besen.«
    Nanny Ogg seufzte.
    »Agnes Nitt gehört zu der Gruppe, die Tochter des alten Dreipfennig«,
    erklärte sie. »Und das Tockley-Mädchen. Und einige andere.«
    Oma Wetterwachs sah sie mit offenem Mund an.
    »Ich habe unseren Jason gefragt«, meinte Nanny. »Entschuldige.«
    Die Fledermaus rülpste. Oma hob aus einem Reflex heraus die Hand
    vor den Mund.
    »Ich bin wirklich eine dumme alte Närrin, nicht wahr?« murmelte sie
    nach einer Weile.
    »Nein, nein«, widersprach Nanny. »Das Borgen ist eine sehr nützliche
    Fähigkeit. Und du hast darin großes Geschick entwickelt.«
    »Stolz bin ich, jawohl. Früher einmal wäre ich ebenfal s auf den Ge-
    danken gekommen, jemanden zu fragen, anstatt im Körper einer Fle-
    dermaus durch die Gegend zu flattern.«
    »Unser Jason hätte dir bestimmt nichts verraten«, spekulierte Nanny.
    »Mir hat er’s nur gesagt, weil er befürchten mußte, daß ich ihn durch die
    Mangel drehe. Dazu sind Mütter da.«
    »Ich lasse nach, Gytha. Ich werde allmählich alt.«

    »Man ist so alt, wie man sich fühlt – so lautet mein Motto.«
    »Genau das meine ich.«
    Auf Nannys Gesicht zeichnete sich Sorge ab.
    »Angenommen, Magrat wäre hier«, fuhr Oma fort. »Dann hätte sie ge-
    sehen, wie dumm ich gewesen bin.«
    »Nun, Magrat ist im Schloß«, entgegnete Nanny. »Dort lernt sie, Köni-
    gin zu sein.«
    »Als Königin hat man einen Vorteil«, brummte Oma. »Niemand merkt,
    wenn man was verkehrt macht. Al es muß richtig sein, denn man ist ja schließlich die Königin.«
    »Das mit dem Königtum ist eine komische Sache«, überlegte Nanny
    laut. »Wie Magie. Man nehme ein Mädchen mit ‘nem Hintern, der aus-
    sieht wie zwei Schweine unter einer Decke. Und mit einem Kopf vol er
    Flausen. Kaum heiratet es einen Prinzen oder so, schon wird eine strah-
    lende königliche Prinzessin aus ihr. Wirklich sonderbar.«
    »Ich mache keinen Knicks vor ihr, das steht fest«, sagte Oma.
    »Du knickst vor niemandem«, erwiderte Nanny Ogg geduldig. »Nicht
    mal vor dem alten König hast du dich verneigt. Und der junge Verence
    bekommt von dir höchstens ein Nicken. Du knickst nie.«
    »Stimmt!« bestätigte Oma. »Das paßt nicht zu einer Hexe.«
    Nanny entspannte sich ein wenig. Als alte Frau weckte Oma Wetter-
    wachs Unbehagen in ihr. Jetzt strahlte sie die Hitze mühsam unterdrück-
    ten Zorns aus – sie war wieder sie selbst.
    Oma stand auf.
    »Das Tockley-Mädchen, wie?«
    »Ja.«
    »Ihre Mutter war eine Kiebel, nicht wahr? Eine anständige Frau, wenn
    ich mich recht entsinne.«
    »Ja. Und nach ihrem Tod schickte der Vater seine Tochter nach Sto
    Lat zur Schule.«
    »Von Schulen halte ich nichts«, sagte Oma Wetterwachs. »Sind der Bil-
    dung hinderlich. Da gibt’s zu viele Bücher. Was haben Bücher überhaupt

    für einen Sinn? Meiner Ansicht nach wird heute zuviel gelesen. In unse-
    rer Jugend hatten wir für so etwas keine Zeit.«
    »Wir waren zu sehr damit beschäftigt, selbst für unsere Unterhaltung
    zu sorgen.«
    »Ja. Komm – wir müssen uns sputen.«
    »Was soll das heißen?«
    »Es geht nicht nur um die Mädchen. Dort draußen gibt es noch etwas
    anderes. Ein Bewußtsein streift umher.«
    Oma Wetterwachs schauderte. Sie hatte die Gegenwart des fremden
    Ichs gespürt, so wie ein Jäger die Anwesenheit eines anderen Jägers
    wahrnimmt. Es gab subtile Anzeichen: Stille dort, wo man Geräusche
    erwartete; hier und dort ein geknickter Halm; das Summen zorniger Bie-
    nen.
    Nanny Ogg hatte sich nie mit dem Borgen anfreunden können, und
    Magrat war nicht einmal bereit gewesen, einen entsprechenden Versuch
    zu unternehmen. Bei den alten Hexen auf der anderen Seite des Bergs
    gab es zu viele Probleme mit körperinternen Dingen; sie wol ten sich
    nicht auch noch mit körperexternen Erfahrungen belasten. Aus diesem
    Grund blieb Oma in der mentalen Dimension allein.
    Ein fremdes Ich glitt durchs Königreich, und Oma Wetterwachs
    verstand es nicht.
    Sie borgte, und damit mußte man sehr vorsichtig sein. Es konnte wie
    eine Droge wirken. Auf den Selbstsphären von Tieren zu reiten, mit den
    Vögeln zu fliegen – aber nicht mit Bienen –, sie vorsichtig zu steuern,
    durch ihre Augen zu sehen… Oma Wetterwachs hatte sich oft durch die
    Kanäle des

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