Lords und Ladies
der-
gleichen erfuhr sie erst jetzt.
Vom Ende der Galerie, aus der Richtung, aus der sie gekommen war,
hörte Magrat Geräusche. Einmal mehr hob sie den Saum ihres Kleids
und lief los.
Schritte folgten ihr. Schritte und Gelächter.
Nach links, dann nach unten durch den Kreuzgang, und durch die
dunkle Passage über der Küche, vorbei an…
In der Dunkelheit bewegte sich ein Schemen. Zähne blitzten. Magrat
hob das Stuhlbein und blieb abrupt stehen.
»Greebo?«
Nanny Oggs Kater rieb den Rücken an ihren Beinen, hatte Fel und
Ohren angelegt. Dadurch wuchs das Unbehagen in Magrat. Dies war
Greebo, unumstrittener König der Katzen von Lancre, in den meisten
Fäl en auch ihr Vater. Wo er auftauchte, versteckten sich Wölfe und klet-
terten Bären auf Bäume. Doch diesmal fürchtete sich der Kater.
»Komm her, du dummer Kerl.«
Magrat packte ihn am zernarbten Nacken, woraufhin Greebo ihr
dankbar die Kral en in den Arm bohrte* und sich zur Schulter hochzog.
Offenbar befand sie sich nun in der Nähe der Küche, denn das war
Greebos Revier. Es handelte sich um eine unbekannte, dunkle Region,
um terror incognita. Hier ging das Fleisch von Teppichen und der Gips von Säulen zu Ende; hier offenbarten sich die steinernen Knochen des
Schlosses.
Magrat glaubte, schnel e, leichtfüßige Schritte hinter sich zu hören.
Wenn sie lief und die nächste Ecke hinter sich brachte…
Greebo spannte plötzlich die Muskeln, fühlte sich an wie eine zusam-
mengedrückte Feder. Magrat zögerte.
Hinter der nächsten Ecke…
Ganz automatisch ging die Hand mit dem Stuhlbein nach oben.
Sie trat vor – und schlug gleichzeitig zu. Ein triumphierendes Zischen
verwandelte sich in ein schmerzerfül tes Heulen, als die improvisierte
Keule einen Elfennacken streifte. Das Geschöpf taumelte zur Seite. Ma-
grat stürmte zur nächsten Tür, und Tränen der Panik quol en ihr in die
Augen, als sie an der Klinke zog. Die Tür ging auf. Mit einem Satz
sprang sie über die Schwelle, riß die Tür hinter sich zu, tastete nach den
Riegeln, drückte sie zu… Und sank auf die Knie.
Draußen stieß etwas an die versperrte Tür.
Nach einer Weile öffnete Magrat die Augen und fragte sich sofort, ob
sie wirklich die Lider gehoben hatte: An der Dunkelheit änderte sich
überhaupt nichts. Irgend etwas teilte ihr mit, daß weiter vorn… Platz
war. Es gab viele Dinge im Schloß, unter ihnen auch verborgene Kam-
mern und so… Direkt vor Magrat mochte sich eine tiefe Grube befin-
den. Praktisch al es war möglich. Die Ex-Hexe hielt sich am Türrahmen fest, als sie aufstand und die andere Hand in Richtung Wand ausstreckte.
Sie ertastete ein kleines Bord. Eine Kerze stand darauf. Und daneben
lag ein Bündel Streichhölzer.
Magrat versuchte, das rasende Pochen ihres Herzens unter Kontrol e
zu bringen, indem sie dachte: Dies muß ein Zimmer sein, das ab und zu be-
* »Er ist ja so anhänglich.« – Aus Nanny Oggs Buch »Katzensprüche«.
nutzt wird. Die meisten Leute in Lancre benutzten nach wie vor Zunderbüchsen. Nur der König konnte es sich leisten, Streichhölzer aus Ankh-
Morpork kommen zu lassen. Oma Wetterwachs und Nanny Ogg benutz-
ten sie ebenfal s. Allerdings wären sie nie auf die Idee gekommen,
Streichhölzer zu kaufen – sie gingen einfach davon aus, daß man sie ih-
nen schenkte. Nun, als Hexe bekam man viele Dinge geschenkt.
Magrat zündete die Kerze an und drehte den Kopf, um festzustellen, in
welchem Raum sie sich befand.
Oh…
»Na so was«, brummte Ridcully. »Der Baum dort kommt mir bekannt
vor.«
»Sei still.«
»Wenn ich mich recht entsinne, hat jemand gesagt, wir müßten nur am Hang nach oben«, fuhr der Erzkanzler fort.
»Sei still.«
»Als wir damals in diesem Wald spazierengegangen sind, hast du mir
erlaubt…«
»Sei still.«
Oma Wetterwachs setzte sich auf einen Baumstumpf.
»Man führt uns in die Irre«, sagte sie. »Jemand verwirrt unsere Sinne.«
»Ich erinnere mich an eine Geschichte«, sagte Ridcul y. »Es geht dabei
um zwei Kinder, die sich im Wald verirren, und es kamen viele Vögel,
um sie mit Blättern zu bedecken.« In seiner Stimme zeigte sich Hoffnung
auf die gleiche Weise wie ein Zeh, der unterm Rand einer Krinoline her-
vorragt.
»Ja, solche idiotischen Dinge fal en nur Vögeln ein.« Oma kratzte sich
am Kopf.
»Sie steckt dahinter«, kam es von ihren Lippen. »Es ist ein Elfentrick.
Wanderer in die Irre zu führen… Sie sät Verwirrung in meinen
Weitere Kostenlose Bücher