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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine verführerisch unnahbare Lady
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und wenn sie nicht
alles täuschte ein recht gewöhnlicher noch dazu.
    Ein
Lebemann. Ein Wüstling.
    Der Mann,
der sie um ihre Zukunft gebracht hatte, war auch einer gewesen. Zu den zahlreichen
Lektionen, die sie jene Erfahrung gelehrt hatte, zählte auch, diese Spezies
rechtzeitig zu erkennen.
    Einen
Wüstling konnte sie auf fünfzig Schritt Entfernung erkennen.
    Hätte ihr
Verstand sie während ihrer ersten Begegnung nicht so schmählich im Stich gelassen,
hätte sie Mr. Carsington sofort in der Kategorie »Wüstling« in ihrer privaten
Enzyklopädie der Männer katalogisiert.
    Aber lieber
spät als nie, sagte sie sich und setzte eine Miene höflichen
Willkommens auf.
    Ihre
Contenance geriet indes ins Wanken, als er seinen prominenten Platz im Türrahmen
aufgab und geradewegs auf sie zukam.
    Das Herz
schlug ihr bis zum Hals, und fast wäre sie einen Schritt zurückgewichen.
    Gerade noch
rechtzeitig merkte sie, dass ihr Vater neben sie getreten war.
    »Mr.
Carsington, seien Sie uns herzlich willkommen«, begrüßte ihn Papa. Er
stellte ihn Lizzie
vor, und Mr. Carsington verneigte sich galant. Lizzie sagte etwas zu ihm, worauf er
etwas erwiderte, wovon Charlotte indes kein Wort verstand. In ihrem Kopf summte
es, als würden Heerscharen von Bienen darin herumschwirren.
    »Charlotte,
meine Liebe.« Undeutlich drang Papas Stimme durch das Gesumme.
    »Das ist
unser neuer Nachbar Mr. Carsington. « Stolz schwang in seinen Worten mit, als er
fortfuhr: »Sir, meine Tochter Charlotte.«
    In ihr
herrschte wilder Aufruhr. Sie hatte ihre liebe Not, nicht unbeherrscht zu zittern.
Angestrengt spannte sie die Muskeln und stand wie erstarrt, derweil ihr das Herz so
heftig schlug, dass sie kaum mehr schlucken oder atmen konnte.
    Doch
entging ihr nicht, wie Papa sie erwartungsfroh anstrahlte.
    Er war so
stolz auf sie und liebte sie so sehr. Wie gern wäre sie all das, was er sich von ihr
wünschte.
    Sie zwang
sich zur Gelassenheit.
    Mr.
Carsington verneigte sich. »Lady Charlotte.«
    »Mr.
Carsington.«
    Darauf
folgte eine Pause. Es war eine keineswegs stille Pause. Die Luft schien zu summen und
zu surren, als wären die Bienen aus ihrem Kopf ausgeschwirrt und schwebten
nun zwischen ihnen.
    Mr.
Carsingtons bernsteinfarbene Augen schweiften zu ihrem Vater, der indes gerade mit
Lizzie sprach.
    Sein Blick
wandte sich wieder ihr zu. Diesmal stand in seinen ungewöhnlichen Augen derselbe
neckende Ausdruck, den sie darin gesehen hatte, als er über ihren Hut gespottet
hatte.
    »Ich
glaube, wir sind uns schon einmal begegnet«, meinte er
vielsagend. Obwohl er in schicklicher Entfernung stand, empfand sie seine Worte wie ein ins
Ohr gehauchtes Geheimnis. Ihre Haut begann zu prickeln.
    »Nicht dass
ich wüsste«, erwiderte sie mit warnendem Blick.
    Er hob die
Brauen.
    Sie hob die
ihren.
    Und dachte:
Wenn du auch nur ein Wort dessen erwähnst, was passiert ist, lege ich dir die
Hände um den Hals und drücke so lange zu, bis du tot umfällst.
    Sie wusste,
dass er ihre Gedanken nicht lesen konnte. Niemand konnte Gedanken lesen. Doch
er schien gewarnt, und mit einem kurzen Blinzeln verschwand der spöttische
Ausdruck aus seinen Augen.
    Stattdessen
sah sie ein feines Lächeln um seine Lippen spielen. »Nein?«, fragte er.
Dieses Lächeln weckte etwas in ihr, wie Blütenblätter, die sich der Sonne
öffnen. Genau das war es, was das Lächeln eines Wüstlings mit einem machte,
ermahnte sie sich: Es machte Frauen sanft und gefügig.
    »Nein«,
sagte sie und schaute kurz zu ihren Eltern hinüber. Der Pfarrer und seine Frau
hatten sie in Beschlag genommen.
    »Dann haben
Sie vielleicht eine Zwillingsschwester«, sagte Mr. Carsington und sah sich
suchend im Salon um.
    »Nein, habe
ich nicht«, sagte sie.
    »Seltsam«,
fand er.
    »Es ist
keineswegs seltsam, keine Zwillingsschwester zu haben«, entgegnete sie.
»Viel seltener ist es, eine zu haben.«
    »Ich hätte
schwören können, dass wir uns schon einmal begegnet sind, vor wenigen Stunden
erst, bei einem moderigen Tümpel auf Beechwood«, beharrte er, noch immer
in diesem impertinenten Wir-beide-haben-ein-Geheimis-Ton. »Sie trugen – oder
vielmehr trugen ihn nicht – einen herrlich frivolen Hut.«
    Wie ein
Junge, der es faustdick hinter den Ohren hat, hatte er sie wegen ihres Hutes
geneckt, und kurz war sie versucht gewesen, sich darauf einzulassen.
    Doch ihre
Erfahrung ließ sie sich besinnen. Der Schalk in seinen Augen war weder
jungenhaft noch unschuldig. Was sie in diesen schimmernden Augen

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