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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine verführerisch unnahbare Lady
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faltete die Hände im
Schoß und seufzte leise. Dann schaute sie zu der ausgeräumten Truhe hinüber.
»Vielleicht ließe sich Ihre Großmutter ja besänftigen, wenn Sie ihr einen
dieser Fächer schenkten«, schlug sie vor. »Die sind wahrlich
prächtig.«
    »Großmutter
Hargate lässt sich nicht besänftigen«, erwiderte er. »Eher ließe sich
Granit erweichen. Aber ein Faible für Firlefanz hat sie, in der Tat.«
    Er erhob
sich von der Fensterbank und ging zur Truhe hinüber. »Welch kurioses
Sammelsurium«, bemerkte er, hockte sich hin und hob eine der Masken vom
Boden auf. »Lady Lithby meinte, Sie hätten die Truhe in der Meierei
gefunden.«
    Darius hörte
ihre leisen Schritte hinter sich, blickte jedoch nicht auf. Aus dem Augenwinkel
sah er den Saum ihres Rocks, die dünnsohligen Schuhe aus weichem Leder, mit
Bändern gebunden und nun wasserfleckig. Er dachte daran, wie er eben diese Füße
berührt und sachte über den gewölbten Spann gestrichen hatte. Er erinnerte sich
noch genau, wie ihre Beine sich unter seiner Berührung angefühlt hatten, und an
das leise Flüstern ihrer Strümpfe, als seine Hände darüber geglitten waren. Er
erinnerte sich an die Wärme zwischen ihren Beinen, an ihren weichen Schoß ...
und wie sie unter seiner Berührung erbebt war.
    Etwas
versetzte ihm einen Stich. Bedauern? Enttäuschung? Wie sollte er das wissen.
Irgendwelche Gefühle eben. Genau das, was er jetzt überhaupt nicht gebrauchen
konnte.
    Entschlossen
sammelte er seine streunenden Gedanken zusammen, verbannte sie in die
hintersten Regionen seines Verstandes und richtete seine ganze Aufmerksamkeit
auf den Inhalt der Truhe.
    »Ich weiß
nicht, wie sie in der Meierei gelandet ist«, sagte Lady Charlotte. »Wir
haben dort so einiges gefunden, das dort nicht hingehörte, aber meist nur
Gerümpel: kaputte Möbel und derlei. Als die Dienstboten die Truhe öffneten,
hätte ich alte, vermoderte Kleider und vielleicht noch ein Mäusenest erwartet.
Aber die Truhe ist wirklich gut gearbeitet. Schauen Sie hier, der Deckel
schließt absolut dicht. Weder Mäuse noch Feuchtigkeit sind hineingelangt.«
    »Sieht aus
wie eine Seemannskiste«, meinte er. »Die sind für Wind und Wetter gemacht
und so stabil, dass sie auch ein paar Stöße vertragen.«
    Sein Blick
fiel auf die Briefe. »Was meinen Sie – ob das noch mehr von Lady Margarets
verrückten Testamenten sind?«, fragte er. »Oder Liebesbriefe?« »Ich
weiß es nicht«, sagte sie. »Diese Truhe mag durchaus eine interessante
Geschichte bergen. Doch ich will es Ihnen und Ihrem
brillantem Verstand überlassen, der Sache auf den Grund zu kommen.« Ihre
leichten Schritte entfernten sich, die Tür schloss sich, und als er aufschaute,
war Lady Charlotte fort.
    Such nicht
nach ihm, wies Charlotte sich an, als sie die Tür hinter sich schloss und den
Flur hinabblickte.
    Der Eimer
war verschwunden und der Boden trocken. Eines der Dienstmädchen musste in der
Zwischenzeit gekommen, seine Arbeit erledigt haben und wieder verschwunden
sein.
    Das
Mädchen, nach dem der Junge ausgeschickt worden war.
    Such nicht
nach ihm.
    Wie viele
blond gelockte Frauen gab es hier in der Gegend? Wie viele von ihnen hatte
Geordie Blaine verführt und sitzen gelassen? Wie viele Sprösslinge hatte er der
Welt hinterlassen? Und was war mit seiner Familie? Er hatte Geschwister,
Cousins und Cousinen. Sie alle, ja selbst die entferntesten Verwandten oder
Menschen, die überhaupt nicht mit ihm verwandt waren, könnten diese Augen und
landauf, landab Dutzende unehelicher Kinder haben. Und wer sagte denn, dass
dieser Junge irgendjemandes Bastard war? Vielleicht war er einfach nur ein ganz
normaler Junge, dessen Vater oder Mutter – beide ordentlich miteinander
verheiratet, wie sich das gehörte – ihm diese außergewöhnlichen Augen vererbt
hatte.
    Den Wirbel
musste er auch nicht von Charlotte haben, dieses widerspenstige Haarbüschel an
ihrem Hinterkopf, das MoLly schier zur Verzweiflung trieb. Vielleicht hatte die
Kappe des Jungen sein Haar so platt gedrückt, dass es nur schien, als habe er
dort einen Wirbel.
    Der Junge
musste auch keineswegs zehn Jahre, einen Monat und fünfzehn Tage alt sein.
Ebenso gut konnte er acht oder neun oder elf oder zwölf sein. Manche Kinder
sahen jung für ihr Alter aus, manche älter. Mit acht wäre er nicht zu jung, um
Lehrling zu sein. Man brauchte nicht einmal acht zu sein, um bereits zur See zu
fahren.
    Such nicht
nach ihm.
    Vergiss
ihn.
    Selbst wenn
er es ist...
    Ist er

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