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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein verlockend beherrschter Earl
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und lebt in einem Land, wo die Mädchen
nackt in den Straßen tanzen und Männer sich Harems halten. Wissen wir, ob er nicht
selber einen Harem und alle vierhundert Stellungen längst durchprobiert hat?«
    »Millicent,
du weißt ganz genau, dass es nicht vierhundert sind. Selbst Lord Ardberry musste
eingestehen, dass Nummer zweihundertdreiundsechzig und Nummer dreihundertvierundachtzig
mit intakter Wirbelsäule nicht durchzuführen sind.« Lisle versuchte es bei
Olivia. »Was für Kupferstiche?«
    »Die von
Urgroßmama«, meinte sie gleichmütig, legte das Buch beiseite und erhob sich.
    »Ich gehe
aufs Dach hinauf«, sagte sie. »Um ein bisschen frische Luft zu schnappen. Und
weil ich mir mal anschauen will, wie weit der Abstand zum Nordturm ist.« Sie
nahm ihr Schaltuch und rauschte hinaus.
    Es war
wirklich unfair.
    Sie hatte
sich Urgroßmamas Bilder angeschaut. Und das nicht nur einmal. Sie waren
wirklich lehrreich. Weshalb sie voller Vorfreude gewesen war, all das selbst zu
erleben. Aber nachdem sie einige Männer geküsst und einigen wenigen ein paar
nicht weiter nennenswerte Freiheiten erlaubt hatte, musste sie sagen, es war
enttäuschend. Außer einem leisen Prickeln hatte sich nichts eingestellt – und
das rührte auch mehr daher, dass sie wusste, etwas Verbotenes zu tun.
    Doch dann
war Lisle zurückgekommen, nun erwachsen und ein Mann – ein Mann, der die
Kunst des Küssens wahrscheinlich bei orientalischen Expertinnen erlernt hatte.
Das sähe ihm ähnlich, zu Expertinnen zu gehen. Und zu üben. Beharrlich.
Ausdauernd. Bis zur Perfektion.
    Nun
verstand sie, weshalb die alten Damen von nichts anderem redeten und warum
Urgroßmama ihren ersten und einzigen Gatten so sehr geliebt hatte und eine so
fröhliche Witwe geworden war.
    Kein leises
Prickeln.
    Leidenschaft.
    Dazu
braucht es keine Liebe, hatte Urgroßmama gemeint. Aber Liebe lässt es einem
noch köstlicher munden.
    Das war ja
alles schön und gut, bloß hatte Leidenschaft die dumme Nebenwirkung, einen so
rast- und ruhelos zu machen, dass man wegen des geringsten Anlasses in Rage
geriet und die Fassung verlor. Da Olivia das Unglück vergönnt war, ihre erste
derartige Erfahrung mit Lisle zu machen, hatte sie es zudem mit unterdrückter Leidenschaft zu tun, was hochgradig unerfreulich war.
    Immer höher
und höher stieg sie hinauf und fragte sich, wohin all die kalte Luft
entschwunden war, die ansonsten durchs Gemäuer pfiff. Auch jetzt heulte der
Wind im Treppenhaus, wirkte auf ihre Gefühle aber so abkühlend wie ein heißer
Wüstenwind.
    Sie trat
hinaus aufs Dach, trat an die zinnenbewehrte Brüstung, legte die Hände darauf,
schloss die Augen und atmete tief durch. Die Luft war kühl, herrlich kühl und
erfrischend. Und wie ruhig es hier war, weit fort von dem ewigen Geschwätz. Sie
holte noch einmal tief Luft, atmete aus und öffnete die Augen.
    Sterne,
Sterne, überall Sterne.
    Noch nie
hatte sie so viele Sterne gesehen. Und dort der Mond. Hoch und hell stand er am
Himmel, näherte sich seinem vollen Rund. Wie schön es hier doch war, an diesem
wunderbaren, wundersamen Ort.
    »Was für
Kupferstiche?«, fragte es leise hinter ihr.
    Sie drehte
sich nicht um. »Ach, du weißt schon«, sagte sie betont beiläufig. »Unanständige
Bilder, wie Drucker sie unter dem Ladentisch verkaufen. Vieles hat Urgroßmama
von ihren Reisen mitgebracht. Sie hat alles, von Aretino bis zu den
Illustrationen zu Fanny Hill . Die Harpyien gackern wie die Hühner, wenn
sie mit Urgroßmama in ihrer Sammlung stöbern.«
    »Dachte ich
mir, das es so etwas war«, sagte Lisle. Seine dünn besohlten Schuhe machten
fast keinen Laut auf dem steinernen Boden, doch spürte sie ihn näher kommen.
    Neben ihr
blieb er stehen, fast einen Schritt entfernt, und legte die Hände auf die
Brüstung. »Du hast mir nie davon erzählt. Einmal hattest du es in einem Brief
erwähnt, es allerdings in dieser dir eigenen aufreizenden Manier
durchgestrichen.«
    »Unglaublich, dass du dich daran noch erinnerst.« Sie warf
ihm einen verstohlenen Blick zu, was ein Fehler war. Mondschein und
Sternenlicht ließen sein Haar silbrig und sein Profil wie kostbaren Marmor
schimmern.
    »Natürlich
erinnere ich mich daran«, sagte er. »Damals fand ich es ganz besonders ärgerlich.
Wie alt war ich da ... vierzehn, fünfzehn? Ich brannte darauf, mir diese Bilder
anzusehen, weshalb ich ziemlich wütend auf dich war, mich damit zu necken. 'Ha,
ha, ha'«, sagte er mit hoher Mädchenstimme. »'Ich habe schmutzige

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