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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein skandalös perfekter Lord
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Regenwand
meilenweit die Ländereien des Anwesens erstreckten.
    »Ich weiß
überhaupt nicht mehr, was ich denken soll.« Sie ging zu einem Sessel nahe
dem Kamin und setzte sich. Ihre Miene war nachdenklich. »Wäre ich auf einem
solchen Anwesen aufgewachsen, hätte ich jemals mit zwei winzigen Zimmern in
einem armen Viertel glücklich sein können? Würde ich von einem Land zum
nächsten jagen, von einer Stadt zur andern, stets auf der Flucht vor meinen
Gläubigern?«
    »Ich denke,
das kommt immer darauf an«, meinte er, »mit wem man sich die Zimmer teilt
und mit wem man auf der Flucht ist.«
    Sie sah auf
und begegnete seinem Blick. »Du solltest mich nicht so anschauen«, sagte
sie.
    Er ging zu
ihr und hockte sich vor sie. »Wie denn?«, fragte er, nahm ihre Hand und
hielt sie in der seinen.
    »So, als
würdest du so leben wollen ... mit mir«, sagte sie.
    »Oh, nein,
das fiele mir nicht im Traum ein«, erwiderte er. »Das könnte ich gar
nicht. Das bin nicht ich. Ich war von Geburt an der Erbe. Man hat mich zu
vielem erzogen, aber nicht dazu, Entbehrungen zu ertragen. Mir wurde
beigebracht, mich zu behaupten statt davonzulaufen. Ich bin zur Beständigkeit
erzogen worden, weil so vieles daranhängt.« Wieder sah er hinüber zum
Fenster. »Das Haus in Derbyshire. Unser
kleines Königreich. Hunderte Leben – das Vieh noch nicht mit
eingerechnet.« Eine ganze Weile betrachtete sie sein Gesicht. Er verbarg
nichts. Er war sich nicht einmal sicher, ob er überhaupt noch etwas vor
ihr verbergen konnte – selbst wenn er gewollt hätte. Und doch wusste er, dass
sie nicht glauben würde, was sie in seinen Augen sah.
    Warum
sollte sie, wenn er es doch selbst kaum glauben konnte?
    Schließlich
gab sie es auf, entzog ihm mit reuigem Lächeln die Hand und streichelte
flüchtig seine Wange. »Nein, du bist viel zu klug und pflichtbewusst, um aus
deinem Leben ein einziges Durcheinander zu machen, wegen einer Frau alles aufzugeben
und deiner Familie Kummer zu bereiten. Das ist eine der Eigenschaften, die ich
an dir mag, Rathbourne. Dennoch bereitet mir leise Sorgen, wie leichtfertig und
sorglos du die letzten Tage warst.«
    Er wandte
den Kopf zur Seite und küsste ihre Hand. »Du solltest zählen lernen«,
meinte er. »Klug und pflichtbewusst macht schon zwei vortreffliche
Eigenschaften. Sag mir, was du noch an mir magst.«
    Sie ließ
ihre Hand sinken. »Das werde ich ganz gewiss nicht. Die Liste deiner
Perfektionen ist viel zu lang ... und ich bin viel zu müde.«
    Besorgt sah
er sie an. War sie den ganzen Tag schon so blass gewesen? Vorhin hatte sie
gefröstelt. Wurde sie womöglich krank?
    »Ich
dachte, du hättest letzte Nacht gut geschlafen«, meinte er. »Schließlich
war ich ja nicht da, um dich wach zu halten.«
    »Du warst
dennoch da«, sagte sie.
    »Du hast
dir meinetwegen Sorgen gemacht«, stellte er fest. »Wie oft soll ich dir
noch sagen ...«
    »Sag es
nicht noch einmal.« Unvermittelt stand sie auf und entfernte sich von ihm.
»Du bist perfekt, aber auch mit der Blindheit des Aristokraten
geschlagen«, sagte sie. »Ich weiß nicht, woher das rührt. Vielleicht liegt
es daran, dass dir immer der Weg geebnet wurde. Vielleicht daran, dass eine
unsichtbare Wand dich
von den gewöhnlichen Menschen trennt. Reichtum und Privilegien lassen auch
einen Philanthropen wie dich weit über den Dingen stehen, Rathbourne.«
    »Das weiß ich«, erwiderte er. »Sagte ich das nicht eben? Ich bin für ein
gewöhnliches Leben nicht geschaffen – ganz zu schweigen von einem Leben in
Armut oder als Vagabund.«
    »Wie kannst
du es überhaupt erwägen? Du würdest dir nur schaden!«, rief sie. »Das ist
es, was du nicht verstehst. Und ich weiß nicht, wie ich es dir verständlich
machen soll: die Verzweiflung, die einen überkommt, die Demütigungen, die man
zu ertragen hat. Ich will nicht, dass du jemals weißt, wie das ist, so zu
leben. Ich will nicht, dass du meinetwegen einen solchen Fehler
m...machst.«
    »Mein
liebes Mädchen.« Er ging zu ihr und nahm sie in die Arme.
    »Siehst
du?«, sagte sie mit bebender Stimme. »Du törichter Mann. Du hast dich
nicht vorgesehen und mich lieb gewonnen.«
    »Mag sein.
Ein wenig vielleicht«, erwiderte er.
    »Wir passen
zu gut zueinander«, sagte sie. »Genau das ist das Problem, so unglaublich
es auch klingen mag.«
    »Wohl
wahr«, meinte er. »Mir ist deine Gesellschaft fast ebenso lieb geworden
wie dein Gesicht und deine Gestalt. Gewiss eine bedenkliche Entwicklung.
Geradezu

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