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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein skandalös perfekter Lord
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gelöst und hing neckisch herab.
    Er hatte
einen ungehinderten Blick auf ihren Kopf, auf dichte Locken, die im nachmittäglichen
Licht blauschwarz schimmerten.
    Als sie den
Kopf hob, schaute er hinab in gewaltige, unergründlich tiefe blaue Augen.
    Sein Kopf
neigte sich. Seine Lippen öffneten sich. Seine Hände schlossen sich fester um sie. Sie
stieß einen Laut aus, schnappte kaum hörbar nach Luft.
    Er wurde
seiner Hände gewahr, die ihre Oberarme umklammerten, und der Wärme, die er
durch seine Handschuhe spürte ... und ihres Atems auf seinem Gesicht – welches
sich kaum mehr eine Handbreit von dem ihren befand.
    Als sei
nichts gewesen, straffte er den Rücken. Um Ruhe bemüht, rang er darum, normal zu
atmen, normal zu denken.
    Verzweifelt
suchte er nach einer Regel, irgendeiner Regel, welche die Welt dem Chaos
entreißen und zurück zur Ordnung führen würde.
    Humor
vermag einer peinlichen Situation stets abzuhelfen.
    »Mrs.
Wingate«, sagte er. »Wir sprachen gerade von Ihnen. Wie schön, dass Sie
uns hier so vor
die Füße fallen.«
    Sowie er
sie losließ, trat
Bathsheba einen Schritt zurück und richtete ihre Haube, doch das Unheil war
geschehen. Durch mehrere Schichten Wolle und Musselin hatte sie den Druck
seiner Finger gespürt und konnte ihn noch immer spüren. Noch immer fühlte sie
seinen Atem auf ihren Lippen, fast meinte sie, ihn schmecken zu können. Auch
war sie sich des Geruchs seiner Haut bewusst, der ihr in der Nase kitzelte. Sie
versuchte ihn zu ignorieren und sich stattdessen auf die unverfänglicheren
Duftnoten von Wäschestärke und Seife zu konzentrieren.
    Sauber roch
er, geradezu penibel sauber. Es war schon eine ganze Weile her, dass sie einem
Mann so nah gewesen war, der so peinlichst sauber und gestärkt und tadellos
geplättet war.
    Nun wusste
sie also, dass er eine kleine Narbe am Kinn hatte, direkt unter dem linken
Mundwinkel. Sie war ganz fein, verlief leicht gebogen und war etwa einen halben
Zoll lang.
    Aber sie
wollte gar nicht wissen, wie er roch oder dass er eine Narbe am Kinn hatte. Sie
wollte überhaupt nichts über ihn wissen. In den drei Jahren seit Jacks Tod
hatte sie Männer kaum bemerkt, und zuvor hatte sie außer Jack kaum jemand
Beachtung geschenkt. Es musste eine tückische Laune des Schicksals sein, die
sie ausgerechnet Lord Perfect mit solch grausamer Genauigkeit wahrnehmen ließ.
    »Lord
Rathbourne«, stellte sie fest, noch immer leicht außer Atem, noch immer
höchst peinlich berührt. Von allen Männerarmen dieser Welt musste sie natürlich
geradewegs in seine fallen!
    »Sie
meinten, wir würden uns nicht in denselben Sphären bewegen«, sagte er.
»Und doch sind wir beide hier.«
    »Ja, und
schon muss ich Sie wieder verlassen«, erwiderte sie und wandte sich ab.
    »Wir suchen einen Zeichenlehrer«, sagte er.
    Arrrgh.
    Sie drehte
sich wieder um.
    »Für
Lisle«, fügte er hinzu. »Meinen Neffen. Jener, welcher Miss Wingate
gestern so sehr ... ähm, verärgert hat. Dieser hier, um genau zu sein.« Er
deutete auf den Jungen.
    »Das
Mädchen hatte nur gemeint, dass ich nicht zeichnen könne«, sagte Lord
Lisle. »Sie hat mir nicht gesagt, wie schlecht meine Zeichnungen wirklich waren
– aber Lord Hargate hat
sie erbärmlich genannt.«
    Schweigend
sah Lord Rathbourne den Jungen an, der sich beeilte zu sagen: »Ich meine
natürlich Miss Wingate. Sie war so gut, mir ihre fachkundige Meinung zuteil werden
zu lassen. Doch wie sich zeigen sollte, war sie zu wohlwollend.«
    Bathsheba
hatte sich gestern getäuscht, als sie meinte, Olivia würde binnen neuneinhalb
Minuten eine Idee bekommen. Offensichtlich hatte sie schon eine gehabt und
damit begonnen, sie in die Tat umzusetzen.
    Es war
nicht schwer, Olivias Gedankengang nachzuvollziehen: Hier haben wir einen
Schnösel, der im Geld nur so schwimmt. Instinktiv hatte sie – ganz wie
Generationen von DeLuceys vor ihr – das Potenzial des jungen Lord Lisle erkannt.
    Nicht, dass
Bathsheba in dieser Hinsicht ehrenwerter wäre. Hatte sie bei der Erwähnung von
Zeichenstunden nicht kurz gezögert und zu überschlagen begonnen, wie viele
Stunden à welchem Honorar nötig wären, um sie binnen eines Monats in eine
bessere Gegend zu befördern?
    »Olivia hat
viel zu viele Meinungen«, sagte sie. »Schlimmer noch, sie kann sie nur
selten für sich behalten.«
    »Tatsache
bleibt indes«, beharrte Rathbourne, »dass mein Neffe nicht zeichnen kann. Und
wenn er nicht zeichnen kann, wird er seine Ambitionen nicht

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