Lost Land, Der Aufbruch
gestoÃen? Ein Klassenausflug der Sonntagsschule, ausgerechnet ins Leichenland?«
»Wohl kaum«, mischte Tom sich ein.
»Was dann?«
Chong, Lilah, Nix und Benny begannen alle gleichzeitig zu reden, aber Tom schnippte mit den Fingern â ein Geräusch, das so scharf und durchdringend war wie ein Pistolenschuss. Die Handflächen nach unten gerichtet, machte er eine Geste, als würde er die Luft hinunterdrücken. Es handelte sich um einesder Handzeichen der Krieger, die er ihnen in den vergangenen sieben Monaten beigebracht hatte, und es bedeutete: Sei ruhig, aber bereit.
»Wir sind in einer persönlichen Angelegenheit unterwegs«, erklärte Tom sanft. »Es ist etwas Familiäres und darüber reden wir nicht mit Fremden.«
»Sind wir das denn, Bruder?«, fragte der Prediger in einem leicht vorwurfsvollen Tonfall. »Sind wir Fremde?«
»Wären wir uns in der Stadt, in Wawona oder in einer der Raststätten begegnet, hätte ich wahrscheinlich nichts dagegen gehabt, ein wenig zu plaudern. Aber das ist hier nicht der Fall. Ich finde einen Mann, der gefoltert und an die Untoten verfüttert wurde. Das ist sehr suspekt. Und dann erscheinst du plötzlich wie aus dem Nichts.«
»Ich â¦Â«
Tom hob die Hand und unterbrach ihn. »Lass mich ausreden. Ich bin nicht feindlich gesinnt und will auch nicht respektlos
sein, aber ich kann es mir nicht leisten, einem Fremden zu vertrauen.« Er deutete mit dem Kinn auf Benny und die anderen. »Manieren müssen hinter gesundem Menschenverstand und Sicherheit zurückstehen.«
»Das sehe ich.«
»Ich frage dich noch einmal: WeiÃt du etwas darüber, wer dieser Mann war, warum er getötet wurde oder warum er nicht wiedererwacht ist?«
Preacher John hakte die Daumen in seinen Gürtel, und Benny bemerkte, dass er dadurch den Ballen seiner rechten Hand auf den Knauf seines Messers legte. Nachdem er gesehen hatte, wie schnell dieser Mann sein Messer ziehen konnte, gab sich Bennynicht der Illusion hin, dass diese Geste zufällig geschah. Vorsichtig umfasste er sein BokutŠfester.
»Ich glaube nicht, dass ich eine Antwort auf deine Fragen habe«, murmelte der Mann in dem staubigen Mantel.
»Dann sind wir hier wohl fertig.«
»Fertig mit mir oder mit diesem armen Sünder?«
»Mit beiden.« Tom trat einen Schritt zurück.
Preacher Jack nickte. »Vielleicht treffen wir uns unter angenehmeren Umständen einmal wieder, Bruder Tom.«
»Das wäre schön, ist aber unwahrscheinlich. Wie du siehst, ziehen wir nach Osten.«
Zum ersten Mal flackerte das Lächeln des Predigers. »Was? Ihr verlasst die Berge? Wann kehrt ihr zurück?«
»Ich gehe nicht davon aus, dass wir zurückkehren.«
Diese Information lieà das Lächeln vollständig aus Preacher Jacks Gesicht verschwinden. Er schaute enttäuscht, ja sogar ein wenig wütend drein, und Benny beobachtete, wie sein Bruder die Veränderung im Gesichtsausdruck des Predigers registrierte.
»Ist irgendwas nicht in Ordnung?«, erkundigte sich Tom, wobei seine Miene und Stimme ausdruckslos blieben.
Das Lächeln kehrte zurück, zuerst zögerlich, aber dann mit all seiner zuckenden Lebhaftigkeit. »Nicht in Ordnung? Wieso? Nein, ganz und gar nicht â auÃer dass es bestimmt ein Segen gewesen wäre, sich hinzusetzen, gemeinsam das Brot zu brechen und zu versuchen, sich auf eine zivilisiertere Art noch einmal zu begegnen. Ich fürchte, wir haben einander auf dem falschen Fuà erwischt. Messer, harte Worte und so weiter.«
Jetzt lächelte Tom, und sein Lächeln wirkte ehrlich, zumindest für Benny.
»Nun ja«, sagte er. »Ich glaube, das war wirklich nicht die beste Art, einander kennenzulernen.« Er zuckte die Achseln. »Aber es hätte auch schlimmer sein können.«
»Genau«, pflichtete Preacher Jack ihm mit einem Funkeln in den Augen bei, »das hätte es wirklich.«
Während sie dort standen â knapp drei Meter voneinander entfernt, mit einer Leiche zwischen sich auf dem Boden â, hatte Benny das Gefühl, als würden alle möglichen Formen der Kommunikation gleichzeitig stattfinden. Worte, die nicht ausgesprochen, aber von allen verstanden wurden. AuÃer von Benny und, ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, von Nix.
Preacher Jack verbeugte sich vor Nix und Lilah. »Sollte ich den jungen Damen
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