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Lost Land, Der Aufbruch

Lost Land, Der Aufbruch

Titel: Lost Land, Der Aufbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Maberry
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geworfen.
    Er ist weg, flüsterte Bennys innere Stimme. Find dich damit ab.
    Benny wollte es nicht glauben, aber in seinem Kopf spultesich noch einmal seine letzte Unterhaltung mit Chong ab – und Chongs letzte Worte: »Tut mir leid, dass ich mitgekommen bin.«
    Â»Komm schon, Alter«, murmelte Benny vor sich hin, als er den staubigen Boden absuchte und sich über den zerbröckelnden Beton bewegte. »Lass den Scheiß.«
    Dann entdeckte er etwas, das ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ. Er richtete sich auf und rief so laut er konnte: »HIER!«
    Sofort kamen die anderen herbeigelaufen. Benny sah, wie das Sonnenlicht von Toms Schwert reflektiert wurde, als sein Bruder von links zu ihm stieß, und wie Lilahs scharfe Speerspitze funkelte, als sie sich von rechts näherte. Hinter ihnen kam Nix aufgeregt näher. Alle blieben abrupt stehen und starrten auf den Boden. Keiner sagte auch nur ein Wort, denn die Worte waren bereits gesprochen … oder besser gesagt: in ein Stück Betonplatte gekratzt, die durch dicke Baumwurzeln fast senkrecht stand. Chong hatte ihnen eine Nachricht hinterlassen. Sie bestand nur aus drei Worten: TUT MIR LEID.
    Benny hob den Kopf und blickte über die Landschaft, die sich jenseits der Betonplatte erstreckte: ein endloses Feld aus weißen Felsbrocken, die ein Gletscher dort hinterlassen hatte und die in der Sonne schimmerten. Die Reihe der Felsen verästelte sich zu fünf einzelne Linien, welche weit hinauf in die Berge führten und dann in der Dunkelheit unter dem Kronendach des Waldes verschwanden.
    Benny erinnerte sich an eine der grundlegenden Tatsachen der Spurensuche, die Tom ihm beigebracht hatte: Gummisohlen hinterlassen auf Stein keine Spuren.
    Vor ihnen lagen fünf mögliche Wege, und sie waren zu viert. Die Sonne stand bereits hinter den Baumwipfeln; in zwei Stunden würde es dunkel sein.
    Benny wurde bang ums Herz, als er begriff, dass Chong – klug wie immer – einen Weg gewählt hatte, dem sie nicht folgen konnten. Er war vor Kummer und Scham davongelaufen.
    Und sie konnten nichts dagegen tun.

Lou Chong rannte so schnell er konnte über die Felsen. Sein Herz pochte wild, versetzte ihm aber auch einen Stich. Benny würde ihn für das hassen, was er tat. Genau wie Nix und Tom. Lilah allerdings … vermutlich würde sie froh sein, dass er weg war. Lilah verachtete Schwäche, und Chong hatte das Gefühl, dass »schwach« sich sehr schnell zu seiner charakteristischen Eigenschaft entwickelt hatte. Zumindest hier draußen im Leichenland.
    Er kam sich dämlich vor und schämte sich. Er hätte nie mitkommen dürfen, und obwohl er einen kurzen Moment überlegte, dass Tom genauso viel Schuld traf, weil er den Trip überhaupt vorgeschlagen hatte, glaubte Chong felsenfest, dass sämtliche Katastrophen des Tages einzig und allein auf sein Konto gingen. Er war sich ziemlich sicher, dass Tom kurz davor stand, umzukehren – was bedeuten würde, dass Chong das vermasselt hätte, was Nix und Benny sich im tiefsten Inneren wünschten. Und dass er auch Lilah das Gefühl der Freiheit verwehrte, nach dem sie sich so sehnte.
    Diese Logik hatte ihn dazu veranlasst, sich aus dem Staub zu machen, doch jetzt, tief im Wald, musste er erkennen, dass dieseLogik so dünn wie Seidenpapier war und jede Menge Löcher besaß. Plötzlich erinnerte er sich an einen der zahllosen Vorträge, die sein Vater über logisches Denken gehalten hatte: »Wenn man zu einer Gleichung Emotion addiert, kann man dem Ergebnis nicht trauen.« Scham und Schuld waren Emotionen und die Summe am Ende seiner logischen Berechnungen erwies sich als ebenso unzuverlässig wie sein Verhalten, kurz bevor das Nashorn aufgetaucht war.
    Â»Ich bin nicht fürs Leichenland geschaffen«, sagte er sich, während er weiterlief. »Abenteuergeist sucht man bei mir vergeblich.« Seine Worte sollten lustig klingen, aber tatsächlich war ihm todtraurig zumute.
    Im Laufen versuchte er, sich an alles zu erinnern, was Mister Feeney ihnen bei den Pfadfindern beigebracht und was er in Werken über die Wälder der Sierra Nevada gelesen hatte – all diese Tricks über Spurensuche und Anpirschen und wie man Verfolger abschüttelt. Darüber ließ sich eine Menge in Büchern finden, zum Beispiel in den Lederstrumpf-Erzählungen und den alten Romanen von Louis L’Amour aus der

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