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Lost Land

Lost Land

Titel: Lost Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Maberry
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merkte Benny, dass sich tief in seinem Inneren eine Veränderung vollzog. Seine Angst, die so überwältigend groß gewesen war, schien zu schwinden – nicht vollständig, doch immerhin so weit, dass er sich ihrer vollkommen bewusst war. Und er glaubte zu verstehen, warum.
    Bei ihrem ersten Ausflug ins Leichenland hatte Tom gesagt, wer Angst habe, der sei hellwach, doch nun begriff Benny, dass sein Bruder eher Vorsicht als Angst gemeint hatte. Diese Zombies, jeder einzelne von ihnen – selbst das kleinste Kind –, würden ihn töten, wenn sie es konnten, doch keiner von ihnen wollte ihm bewusst etwas antun. Sinn, Absicht, Wille  … nichts davon war Teil ihrer Natur. In ihnen steckte nicht mehr Bösartigkeit als in einem Blitzschlag oder einer Bakterie auf einem rostigen Nagel. Und während Benny dort im Sattel saß, spürte er, wie sich seine panische Angst vor den Zombies verwandelte und er sie nur noch als etwas Gefährliches wahrnahm. Aber sein einst abgrundtiefer Hass auf die Toten war vollkommen verschwunden … war in Harold Simmons’ Haus verblasst. Lediglich die Angst war geblieben und selbst diese nahm an Intensität ab.
    Dagegen musste man Charlie noch immer fürchten. Dieser Kopfgeldjäger war weitaus gefährlicher als jeder einzelne Zombie auf diesem Planeten, weil er sich absichtlich bösartig verhielt.Als Benny den Unterschied zwischen diesen beiden Arten von Gefahr – unbewusst und absichtlich – begriff, erschien ihm das wie eine gewaltige Offenbarung. Am liebsten hätte er Tom sofort davon erzählt, doch er blieb stumm. Jetzt war definitiv nicht der richtige Zeitpunkt dafür.
    Plötzlich drehte Tom sich im Sattel um und starrte nach hinten. Benny sah, dass einige der Zombies die Bewegung wahrnahmen und ihre verwitterten Gesichter hoben.
    Â»Was ist?«
    Â»Da brennt etwas«, flüsterte Tom und im selben Moment nahm auch Benny den Geruch wahr – ein Schwefelgestank, den er sehr gut kannte. Er hatte ihn schon x   -   mal an der Grube gerochen, wenn sie dort mit Dynamit sprengten, um die Asche und halb verbrannten Knochen mit einer Schicht Schiefer und losem Felsgestein zu bedecken.
    Â»Eine Zündschnur!«, schrie Benny – oder er glaubte es zumindest. Denn seine Stimme wurde von einer gewaltigen Explosion übertönt, die Unmengen von Sandstein aus den Felswänden riss. Dichte Wolken mit spitzen Trümmerbrocken schossen aus beiden Wänden hervor und quollen von allen Seiten auf den Pass. Apache wieherte gellend, bäumte sich auf und ging durch – fort von den Tonnen Felsgestein, die von überall her auf sie niederprasselten.
    Benny schrie und schrie, während das Pferd in vollem Galopp davonraste, weg von den implodierenden Felswänden … und genau auf die Flut der Zombies zu. Jeder Einzelne der Toten wandte sich ihm zu – 1000 aufgerissene Münder, 2000 wachsweiße Hände, die nach ihm griffen, und Apache preschte wie von Sinnen direkt auf sie zu.

Es gibt Momente, die das ganze Leben eines Menschen prägen – Momente, in denen alles, was dieser Mensch ist, und alles, was er werden könnte, von einer einzigen Entscheidung abhängen. Leben oder Tod, Hoffnung oder Verzweiflung, Sieg oder Niederlage sind auf fatale Weise mit den Entscheidungen verbunden, die in diesen Momenten fallen. Solche Momente dürfen weder dem Zufall noch dem Glück überlassen werden – Momente, in denen ein Mensch sich das Recht verdient, zu leben oder zu sterben.
    Benny Imuras Pferd galoppierte so sicher auf den Tod zu, als wäre der Weg dorthin ausgeschildert. Falls er nichts unternahm, würde sein in Panik durchgegangenes Pferd in die Menge der Zombies stürmen und Benny würde sterben. Falls er versuchte, Apaches wilde Flucht abzubremsen, würden ihn die Zombies umringen und aus dem Sattel zerren. Falls er absprang und davonlief, würden sie ihn umzingeln und er wäre verloren. Es blieb nur eine einzige andere Möglichkeit – und die war so unwahrscheinlich wie irrsinnig.
    Der Benny Imura, der vor zehn Tagen widerstrebend mitseinem Bruder losgezogen war, hätte diese Wahl nicht treffen können.
    Der Benny Imura, der mit der wiederbelebten Leiche des Künstlers Sacchetto konfrontiert worden war, aber noch nicht mit den anderen Schrecken der vergangenen Nacht, hätte diese Wahl nicht treffen

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