Lost Land

hätte – er landete auf der Motorhaube eines Pick-ups, zog die Beine an, rollte sich ab, fiel auf die Ladefläche und drehte sich in die Richtung um, aus der er gekommen war.
    Das dritte Ereignis, das er im selben Bruchteil dieser Sekunde wahrnahm, war der Anblick seines Bruders, der in einer Blutfontäne verschwand. Das Echo der Schrotflinte hallte so laut wie Donner, doch Bennys Aufschrei war noch lauter, als Tom taumelnd vom Wagendach fiel, mitten hinein in die lebenden Toten – und nicht mehr zu sehen war.
    Â»TOM!«
    Einen Augenblick später kroch ein Zombie über die Ladeklappe des Pick-ups. Benny rappelte sich hastig auf und schlug mit seinem Bokutō mit solcher Wucht zu, dass er dem Wesen damit den halben Kopf abtrennte. Gleichzeitig schrie er ununterbrochen Toms Namen.
    Â»BENNY!«
    Er wirbelte herum und sah plötzlich Nix auf der Nebenfahrbahn über die Autodächer laufen. Ihre Kleidung war zerrissen und ihr Gesicht blutüberströmt. Als sie auf gleicher Höhe waren, sprang Benny über die Lücke – und als er sie an sich zog, schien die Zeit einen Moment stillzustehen. Sie umarmten sich so fest, dass es ihnen beiden den Atem raubte.
    Doch das Geräusch, mit dem der Hammer seine Schrotflinte nachlud, katapultierte sie schnell in die Wirklichkeit zurück. Sie wirbelten herum und rannten in die Richtung, aus der Benny gekommen war, wobei sie immer wieder wegtauchten und zur Seite auswichen, während sie Windschutzscheiben hinaufliefen und von Motorhauben auf Kofferräume sprangen.
    Â»Schnappt sie euch!«, brüllte Charlie, worauf der Hammer einen Schuss nach dem anderen abgab. Turk und Skins feuerten ebenfalls drauflos und obwohl sie für einen treffsicheren Schuss zu weit entfernt waren, füllte der grobe Schrot aus ihren Flinten die Luft mit Glasscherben und Metallsplittern. Dagegen war der Hammer deutlich näher und sein nächster Schuss ließ etliche Autofenster um sie herum explodieren.
    Doch Benny und Nix rannten auf die untergehende Sonne zu, sodass der Hammer von deren Licht geblendet wurde. Dann folgte eine Reihe schärferer Echos, als Charlie das Magazin seiner Pistole in ihre Richtung entleerte. Benny zog Nix hinter einenhohen Blumentransporter. Kugeln pfiffen und knallten, doch keiner der Schüsse fand sein Ziel.
    Â»Wir müssen umkehren … Tom retten!«, stieß Nix hervor.
    Rasch schaute Benny zu der Stelle zurück, an der Tom zu Boden gegangen war – dort drängten sich jetzt mindestens 50 Zombies. Benny sank der Mut. »Tom ist nicht mehr zu retten«, murmelte er mit trostloser Stimme.
    Â»Benny … es tut mir so leid«, flüsterte Nix und heiße Tränen liefen ihr die Wangen hinab.
    Im nächsten Moment nahm Benny wahr, wie sich der Transporter leicht zur Seite neigte, und als er vorsichtig um die Ecke spähte, sah er fünf Zombies unbeholfen hinaufklettern. »Wir müssen hier weg. Sofort!«
    Nix warf ebenfalls einen Blick auf die Zombies und nickte. Obwohl es ihnen das Herz brach, drehten sie sich um und rannten über die lange Reihe der Fahrzeuge. Charlie und der Hammer feuerten immer weiter, mussten ihre Waffen jedoch wenig später auf die Zombies richten, die auf sie zutorkelten. Benny und Nix rannten und sprangen, kletterten und duckten sich. Die Sonne war wie ein großes, funkelndes Auge, das Benny vorwurfsvoll anstarrte und ihn dafür verdammte, dass er seinen Bruder im Stich gelassen hatte, dass er weggelaufen war … so wie sein Bruder einst weggelaufen war. Doch er konnte nicht umkehren. Nicht mit Nix an seiner Seite. Er musste sie retten … und für Tom war es ohnehin längst zu spät.
    Der Schmerz zerriss ihm fast das Herz und brannte sich tief in seine Seele, während Nix und er liefen, liefen und liefen.

Benny hatte keine Ahnung, wie weit sie schon gelaufen waren – eine Meile, vielleicht auch zwei. Seine Beine waren schwer wie Blei und seine Brust brannte, doch er hielt Nix bei jedem Sprung fest an der Hand und achtete darauf, dass sie kein einziges Mal strauchelte. Die Gewissheit, dass Nix lebte und in Sicherheit war, ließ sein Herz mit jedem Schritt einen Satz machen. Aber beim Gedanken an Tom wurde es ihm sofort wieder schwer.
    Â»Sieh mal da drüben!«, rief Nix, hielt auf dem Dach eines Chevrolet Suburban abrupt inne und zeigte auf einen Pfad, der sich schlangenartig durch das hohe Gras wand