Lost Land
die meisten zögern, bevor sie beiÃen. Manche vertreibt es sogar. Es verschafft dir einen Vorsprung und ein wenig Luft â aber glaub ja nicht, du könntest gefahrlos durch eine Horde von ihnen hindurchspazieren.«
»Na, das ist ja echt ermutigend«, brummte Benny vor sich hin.
Sie hatten sich für eine lange Wanderung ausgerüstet. Tom hatte Benny angewiesen, gute Wanderschuhe, Jeans und einstrapazierfähiges Hemd anzuziehen sowie einen Hut aufzusetzen, damit ihm die Sonne nicht das Hirn zerkochte.
»Falls es dafür nicht schon zu spät ist«, hatte er noch hinzugefügt.
Als Tom nicht hinsah, zeigte Benny ihm den Finger.
Trotz der Hitze trug Tom eine leichte Jacke mit einer Menge Taschen. Er hatte sich einen alten Armee-Waffengürtel um seine schmalen Hüften gehängt und in seinem abgetragenen Lederholster steckte eine Pistole. Benny durfte noch keine Waffe führen.
»Eines Tages«, sagte Tom. Dann fügte er hinzu: »Vielleicht.«
»Ich hab in der Schule Sicherheit im Umgang mit Waffen gelernt«, protestierte Benny.
»Aber nicht von mir«, erklärte Tom entschieden.
Als Letztes schnallte Tom sich ein Schwert um. Benny sah fasziniert zu, wie Tom sich einen langen Gurt quer um den Körper legte, von der linken Schulter bis zur rechten Hüfte, und das Schwert dann so in die Scheide im Gurt steckte, dass das Heft über seine Schulter hinausragte. Auf diese Weise konnte er mit der rechten Hand hinaufgreifen und es packen, um einen raschen Hieb auszuführen.
Das Schwert war ein Katana, ein japanisches Langschwert, mit dem Tom jeden Tag geübt hatte, solange Benny sich erinnern konnte. Dieses Schwert war das Einzige an seinem Bruder, was Benny cool fand. Bennys Mom â Toms Adoptivmutter â war Irin gewesen, ihr gemeinsamer Vater hingegen Japaner. Tom hatte Benny einmal erzählt, die Wurzeln der Familie Imura gingen bis in die Samuraizeiten des alten Japan zurück. Er zeigte Benny Bilderbücher von grimmig dreinblickenden Japanern in Rüstung. Samuraikrieger.
»Bist du ein Samurai?«, hatte Benny gefragt, als er neun Jahre alt gewesen war.
»Es gibt keine Samurai mehr«, hatte Tom erwidert, doch selbst damals war Benny der merkwürdige Ausdruck auf dem Gesicht seines Bruders aufgefallen â so als hätte Tom mehr dazu zu sagen, wollte aber in dem Moment nicht darüber sprechen. Und wann immer Benny das Thema erneut angeschnitten hatte, die Antwort war immer die gleiche geblieben.
Nichtsdestoweniger war Tom verdammt gut im Umgang mit dem Schwert. Er konnte es blitzschnell ziehen und Benny hatte einmal gesehen, wie Tom in einem vermeintlich unbeobachteten Moment einen Trick damit ausführte: Er warf eine Handvoll Trauben in die Luft, zog sein Schwert und zerschnitt fünf davon, ehe sie ins Gras fielen. Die Klinge hatte Benny dabei nur als verschwommene Linie wahrgenommen. Als Tom später zum Krämerladen ging, zählte Benny die Trauben. Sechs hatte Tom in die Luft geworfen. Nur eine davon hatte er verfehlt. Das war echt unglaublich!
Natürlich hätte Benny lieber Glasscherben gegessen, als Tom einzugestehen, wie beeindruckend er das fand.
»Warum nimmst du das mit?«, fragte er nun, während Tom sich den Riemen zurechtrückte.
»Es ist leise«, sagte Tom.
Das verstand Benny. Geräusche zogen Zombies an. Ein Schwert war leiser als eine Schusswaffe, bedeutete aber auch, dass man näher herankommen musste. Keine besonders gute Idee, wenn man ihn fragte. Er machte aus seiner Meinung auch keinen Hehl, doch Tom zuckte lediglich die Achseln. »Und warum nehmen wir dann die Knarre mit?«, beharrte Benny.
»Weil es manchmal keine Rolle mehr spielt, ob man leise ist oder nicht.« Tom tätschelte seine Taschen, um eine rasche Bestandsaufnahme zu machen und sich zu vergewissern, dass er alles Nötige dabei hatte. »Okay«, sagte er, »dann mal los. Wir vergeuden sonst Tageslicht.«
Am Zaun angekommen, bezahlte Tom ein paar Zaunläufer, damit sie etwa 500 Meter weiter nördlich auf Trommeln schlugen. Sobald sie die umherirrenden Zombies angelockt hatten, schlüpften Tom und Benny in die endlose Weite des Leichenlands hinaus und liefen Richtung Waldrand.
Chong winkte ihnen vom Eckturm zu.
»Während der ersten halben Meile müssen wir uns schnell bewegen«, mahnte Tom und fiel in einen gleichmäÃigen Trab, der zügig genug war, um sie
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