Lost Land
vierläufiger Derringer steckte.
»Also«, sagte Tom freundlich, »was läuft denn hier?« Die Frage klang vollkommen beiläufig und gewöhnlich â so als würde Nix Benny fragen, ob er schwimmen gehen wollte, oder Chong vorschlagen, angeln zu gehen.
»Wir plaudern nur«, erwiderte der Hammer. »Nichts Besonderes.«
»Freut mich zu hören, Marion.«
Benny schnappte nach Luft. Niemand nannte den Hammer bei seinem Geburtsnamen. Es kursierte da eine Geschichte, dieMorgie immer erzählte und die davon handelte, dass der Hammer im Alter von 14 Jahren seinen Vater angeblich mit einem Schraubenzieher getötet hatte, weil der ihm diesen Namen gegeben hatte. Doch Tom gegenüber sagte der Hammer kein Wort dazu.
»Alles klar, Benny?«, fragte Tom.
Benny traute seiner Stimme nicht und nickte deshalb nur kurz.
»Rob?«, fragte Tom und hob dabei leicht das Kinn.
»Bloà ein freundliches Schwätzchen«, erklärte der Künstler. »Die Jungs haben nur kurz Hallo gesagt.«
Tom blieb einen Meter vor Charlie stehen, schob sich die Hände in die GesäÃtaschen seiner Jeans und schaute zum klaren blauen Himmel auf. »Heià heute, nicht wahr?«, bemerkte er und spähte dabei mit zusammengekniffenen Augen zu einem Bussard, der wie ein schwarzer Drache hoch über ihnen kreiste. Dann fuhr er mit unverwandtem Blick fort: »Wie ich sehe, hat man das Verlorene Mädchen als Zombiekarte herausgegeben. Was sagt man dazu?«
»Das Mädchen geht dich nichts an, Tom«, stieà Charlie leise und gefährlich hervor.
Tom nickte, als stimme er ihm zu, erwiderte jedoch: »Wenn ich mich recht erinnere, habt ihr den Leuten erzählt, das Verlorene Mädchen wäre nur ein Märchen. Oder sie sei seit zehn Jahren oder länger tot, richtig?«
Charlie schwieg.
Endlich senkte Tom den Blick und schaute Charlie direkt an.
Falls sich im Gesicht seines Bruders irgendetwas ablesen lieÃ, konnte Benny jedenfalls nichts erkennen.
»Und dann sehe ich, wie ihr euch aufregt, weil das Porträtdes Mädchens auf einer Sammelkarte abgebildet ist. Was soll ich davon halten?«
»Du kannst davon halten, was du willst, Tom«, knurrte Charlie.
»Ja, das hier ist ein freies Land«, fügte der Hammer hinzu und lachte.
Beide Kopfgeldjäger feixten und Tom stimmte ein und lachte mit ihnen über einen Witz, den offensichtlich kein Mensch lustig fand. Benny trat unbehaglich von einem Bein auf das andere und warf Sacchetto einen fragenden Blick zu, der jedoch nur kurz den Kopf schüttelte.
»Charlie, du und Marion, ihr seid doch nicht wieder auf der Suche nach dem Verlorenen Mädchen, oder?«
»Nach jemandem, der tot ist, kann man schlecht suchen«, entgegnete der Hammer.
»Und ich dachte, genau das tun wir ständig«, bemerkte Tom.
Der Hammer lief rot an, verärgert über seine eigene dumme Antwort.
»Das letzte Mal habt ihr sie nach den Vorfällen oben in den Bergen gesucht. Aber ihr habt mir versichert, es sei ein Unfall gewesen. Ich hab mich damals gefragt und frag mich heute wieder, ob das Verlorene Mädchen vielleicht etwas gesehen hat, was sie lieber nicht hätte sehen sollen. Irgendetwas oder irgendeinen Ort  â¦Â«
»Da gab es nichts zu sehen«, knurrte Charlie. »Das hab ich dir schon ein Dutzend Mal gesagt.«
Tom zuckte die Achseln. »Und dennoch regt ihr euch so über ihre Karte auf. Warum? Habt ihr vielleicht Angst, dass jetzt, da sie auf einer Karte abgebildet ist, alle glaubenkönnten, dass sie wirklich existiert? Dass sich vielleicht jemand auf die Suche nach ihr macht? Sie ⦠möglicherweise in die Stadt zurückbringt? Sie über das Leben drauÃen im Leichenland befragt? Sich womöglich nach ihrer Schwester erkundigt? Und nach Gameland?«
Benny runzelte die Stirn. Was war Gameland?
»Gameland ist abgebrannt«, entgegnete Charlie. »Das weiÃt du genau.«
»Ich? Was weià ich denn schon? Gameland ist abgebrannt, wie du gesagt hast. AuÃer kalter Asche und ein paar Knochen ist nichts mehr davon übrig. Und es lässt sich auch nicht mehr feststellen, wem die Knochen gehört haben.«
Charlie schwieg erneut.
»Ich frage mich, ob es jemand wieder aufgebaut hat«, bemerkte Tom. »Nein ⦠nicht an seinem früheren Standort. Woanders. An einem geheimen Ort. An einem Ort, auf den ein Mädchen stoÃen
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