Lost on Nairne Island
dass du das gesagt hast. Meine âºFamilienhistorieâ¹? Hast du Dick etwa von Dad erzählt?«
»Richard ist mein Ehemann. Ich habe keine Geheimnisse vor ihm.«
»Aber für mich ist er ein Fremder.« Die Tränen in meiner Stimme waren nicht zu überhören, und zugleich war ich dermaÃen wütend, dass ich kaum noch ein Wort hervorbrachte. »Er hat kein Recht, über meine persönlichen Angelegenheiten Bescheid zu wissen.«
Sie berührte mich am Arm. »Liebes, jetzt mach mal aus einer Mücke keinen Elefanten. Du bedeutest Richard sehr viel. Das muss dir doch nicht peinlich sein. Du und er, ihr seid jetzt eine Familie.«
»Nur weil du ihn geheiratet hast, ist er für mich noch lange kein Familienmitglied«, wies ich sie zurecht.
»Ich verstehe wirklich nicht, warum du ihn nicht leiden kannst, das ist doch völlig irrational. Nenn mir auch nur ein Beispiel, wo er dir was Böses getan hat.«
Ich konnte nicht erklären, weshalb ich Dick nicht mochte. Ich hätte kein Beispiel nennen können, aber ich fand ihn einfach viel zu schleimig und aalglatt, ein bisschen wie ein Politiker. Wie jemand, der einem lächelnd die Hand schüttelte, aber nicht, weil er einen mochte, sondern weil es ihm einen Vorteil verschaffte.
Mom tippelte ungeduldig mit dem FuÃ. »Richard die Schuld an allem zu geben, nur weil du nicht umziehen wolltest, ist ihm gegenüber nicht fair. Und es ist auch nicht fair, mir einen Vorwurf zu machen, weil ich mit ihm über meine Sorgen und Ãngste rede.«
Am liebsten hätte ich vor Frust laut geschrien. »Und wer ist fair zu mir? Wenn du dir solche Sorgen machst, warum redest du dann nicht mit mir darüber?«
»Ich rede doch mit dir. Aber du willst einfach nicht zuhören. Seit wir hierhergezogen sind, bist du nur noch schlecht gelaunt, hast verrückte Träume und redest von irgendwelchen Verschwörungstheorien und von Mord und Familienflüchen.«
»Ich bin nicht verrückt.«
»Dann sag ich dir mal was. Genau das ist es, was Dick sagt, wenn ich ihm von meinen Bedenken erzähle. Er meint, das wäre alles eine völlig normale Reaktion für einen Teenager angesichts all der Veränderungen.«
Ich kaute auf der Innenseite meiner Lippe herum. Dass Dick sich für mich einsetzte, gefiel mir gar nicht. »Schätze also, Nathaniel weià auch Bescheid, wie? Warum setzt du nicht gleich eine Anzeige in die Nairne News und teilst aller Welt mit, dass ich kurz vor meinem ersten Schub stehe.«
»Die einzige Person, mit der ich darüber gesprochen habe, ist Richard, und das auch nur, weil ich mich um dich sorge. Ich finde deine Stimmungsschwankungen wirklich beunruhigend.« Sie wollte mir eine Haarsträhne hinters Ohr streichen, doch ich stieà ihre Hand zurück.
»Ich leide unter Stimmungsschwankungen, weil du mich hier an den Arsch der Welt verfrachtet hast, nur damit du haben konntest, was du wolltest. Ich wollte nie das Gleiche wie du. Dieses riesige Anwesen ist mir scheiÃegal, genauso wie Dicks Kohle oder dieser dämliche Cheerleader-Rock. Nur weil du dich nicht in meine Lage hineinversetzen kannst, brauchst du nicht so zu tun, als wären meine Wünsche total irrsinnig.«
»Was willst du von mir, Isobel?« Moms Unterlippe begann zu zittern, doch ich weigerte mich, Mitleid mit ihr zu empfinden. Sie hatte uns in diese Situation gebracht, und jetzt sollte ich denken, ich wäre hier die Böse?
»Lass mich einfach in Ruhe.« Ich wartete gar nicht erst ab, was sie sonst noch so zu sagen hatte. Stattdessen wandte ich mich abrupt um und stürmte davon.
21
I ch hatte mir zum Ziel gesetzt, die Versammlung zu überstehen, ohne kotzen zu müssen, umzukippen oder die richtigen Worte zu unserer Choreographie zu vergessen. Ich wollte nur noch, dass die ganze Sache endlich vorbei war. Unser Football-Team, die supertollen Cougars, würden sich mit der nächsten Fähre auf den Weg zu einem Spiel machen, und es war unser Job, sie für die kommende Schlacht angemessen aufzuheizen. Der Rest des Teams sollte sie zum Spiel begleiten, doch als offizielle Ersatzfrau hatte ich mir kein Ticket fürs Festland verdient. Mir war nur das peinliche Aufwärmen vergönnt.
Wir befanden uns in der Turnhalle. Die Schüler gaben sich einigermaÃen Mühe, so zu tun, als wären sie von einem Gemeinschaftsgefühl erfüllt, denn so ein
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