Lost on Nairne Island
nicht. Aber jetzt, wo du das so sagst, wundere ich mich selbst. Normale Menschen hätten das wohl getan, oder?«
»Ich finde, du machst dir viel zu viele Gedanken darüber, ob du normal bist. Es ist nicht schlimm, anders zu sein. Vielleicht kontaktierst du ihn ja einfach mal. Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn man sich wünscht, man hätte etwas gesagt oder getan, und es ist dann zu spät dazu.« Nate berührte mich am Arm, und sofort durchzuckte mich an der Stelle ein StromstoÃ. »Ich bin froh, dass du mir davon erzählt hast.«
»Ich auch.«
»Tja, dir ist ja wohl klar, dass es jetzt, da wir gegenseitig unsere intimsten und finstersten Geheimnisse kennen, kein Zurück mehr gibt, wir haben uns gegenseitig in der Hand.«
»Hm, so ist das wohl, oder?« Mein Herz fing an zu rasen. Meinte er damit wirklich das, was ich dachte? War es möglich, dass er mich tatsächlich mochte? Er hatte mir seinen Oldtimer anvertraut. Wir hatten all diese intimen Gespräche geführt. Er hatte mich davor bewahrt, der gesamten Schülerschaft meine Unterhose zu präsentieren. Er hielt mich nicht für verrückt, was zugegebenermaÃen nicht dasselbe war, wie jemanden zu mögen, aber zumindest ging das schon mal in die richtige Richtung. Andererseits, ich hatte auch gedacht, ich würde als Cheerleader durchgehen, und in der Hinsicht hätte ich ja wohl nicht falscher liegen können, oder? Und dann war da noch die Tatsache, dass er mein Stiefbruder war. Was ich empfand, war praktisch gesehen nicht verboten, es fühlte sich aber dennoch falsch an. Ich wünschte, ich könnte mit Anita darüber reden. Sie würde viel besser einschätzen können, was hier vor sich ging.
»Ich weiÃ, dass ich nicht unbedingt nett zu dir war, als du hier eingezogen bist.«
»Schon okay. War ja auch eine seltsame Situation.« Ich fuhr mir mit der Zunge über die Lippen, nur für den Fall, dass er das Bedürfnis verspürte, mich zu küssen. Dabei bekam ich Sand in den Mund. »Pffft.« Ich spuckte aus. Na toll. Es gibt nichts Romantischeres, als wenn jemand riesige Schleimbatzen auf den Boden rotzt.
»Alles okay?«
»Sand«, erklärte ich, nur für den Fall, dass er dachte, ich würde einfach so zum Spaà ausspucken.
»Komm her. Du hast da immer noch was an der Lippe.« Nate beugte sich zu mir und fuhr mir mit dem Daumen über den Mund. Ich spürte ein paar grobe Sandkörner zwischen meinen Lippen und seinem Finger. Als seine Hand mein Kinn umschloss und dort verweilte, blickte ich hoch. Er sah mir in die Augen und zog mich an sich. Ich spürte, wie mein Atem schneller wurde. Sein Mund war warm, und als seine Lippen die meinen berührten, hatte ich das Gefühl, sämtliche Knochen in meinem Körper würden sich verflüssigen. Ich schmolz dahin und sank in seine Arme. Nate war kräftig, er hob mich hoch und setzte mich auf seinen SchoÃ. Er roch nach Lagerfeuer. Sein Kinn fühlte sich an wie ein Reibeisen auf meiner Haut, doch das störte mich nicht im Geringsten.
Ich hatte ja schon mit vielen Typen was gehabt, aber so wie jetzt war es nie gewesen. Normalerweise war das alles recht peinlich, irgendwie war da immer ein Ellbogen im Weg, oder mir fiel plötzlich ein, dass ich den fürchterlichen, schon leicht angegrauten Sport- BH trug. Manchmal floss auch einfach zu viel Speichel, sodass es sich anfühlte, als habe man eine tollwütige Gartenschnecke im Mund, oder die Typen betatschten einem dermaÃen ungeschickt die Brust, als würden sie Melonen auf ihren Reifegrad hin untersuchen. Das hier war anders. Es war fast so, als würden sich die Puzzleteile mit einem Mal ineinanderfügen. Wir passten zusammen. Ich hatte das Gefühl, dass wir uns nicht nahe genug kommen konnten. Ich zog mich genau so lange von ihm zurück, bis ich sein Sweatshirt ausgezogen hatte. Mir war auch so warm genug. Nate machte ein leises Geräusch und begann, mir den Nacken zu küssen, während seine Hände sich in meinem Haar verfingen, als wolle er mich gleich hier und jetzt am Strand verschlingen.
Ich weià nicht, wie weit das alles noch gegangen wäre, doch ein plötzlicher Blitzschlag lieà uns beide aufblicken. Das Grollen des Donners rollte über das Wasser auf uns zu, eine Sekunde, bevor es zu regnen begann.
»Wir gehen besser zurück«, meinte Nate. Er stand auf und zog mich mit sich
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