Lost on Nairne Island
entsprechenden Einrichtung gut tun würde. Zumindest so lange, bis dein Zustand mit Medikamenten unter Kontrolle gebracht ist.«
Ich spürte, wie meine Nasenflügel sich vor Wut aufblähten. »Ich brauche keine Medikamente.« Dann wandte ich mich zu meiner Mom um. »Ich muss mich nicht unter Drogen setzen lassen. Mit mir ist alles in Ordnung.«
»Alles in Ordnung?« Dick schüttelte betrübt den Kopf. »Und wie erklärst du dein Verhalten in letzter Zeit?«
»Nur zu deiner Info, Dick«, und dabei betonte ich seinen Namen besonders, »du bist nicht mein Vater. Wenn ich deine Meinung auch sehr schätze, so hast du trotzdem nicht über mein Leben zu entscheiden.«
»Was in diesem Haus geschieht, geht mich sehr wohl was an«, feuerte Dick zurück.
»Was, willst du mich etwa rauswerfen, wenn ich nicht tue, was du verlangst? Willst du mir damit etwa drohen? In meinen Ohren klingt das nämlich eher so, als würde ein Traum in Erfüllung gehen. Los, mach schon, wirf mich raus! Ich kann gleich die nächste Fähre zurück nach Seattle nehmen. Ich hab Freunde, bei denen ich bleiben kann, dann bin ich dir in deinem Haus nicht länger im Weg. Oh, entschuldige, ich meine natürlich, in deinem Anwesen.« Mein Gesicht war jetzt nur noch wenige Zentimeter von Dicks entfernt. Ich hoffte wirklich, dass Anita mir unseren Streit verzieh, falls er auf meine Provokation einging. Sonst würde es echt unangenehm werden, wenn ich dann mit meiner Reisetasche und all meinen weltlichen Besitztümern bei ihr vor der Tür stand.
»Ihr hört jetzt beide auf!« Dick und ich lieÃen von unserem Blickduell ab und sahen stattdessen meine Mutter an. Sie war den Tränen nahe und ihre Unterlippe bebte. »Wir sind eine Familie, das heiÃt, wir lösen Probleme auch als Familie. Niemand geht hier irgendwohin.« Mom klemmte sich das Geschirrtuch unter den Arm und stürmte dann an uns vorbei die Treppe hoch.
»Na, hoffentlich bist du jetzt zufrieden. Du hast deine Mutter ganz aus der Fassung gebracht.«
» Ich soll schuld daran sein?«, schnaubte ich. Ich konnte echt nicht fassen, wie arrogant dieser Kerl war. Ich schüttelte den Kopf. Es half ja doch nichts, sich mit ihm zu streiten. »Entschuldige bitte, ich muss mit Nate reden.« Damit ging ich an Dick vorbei und auf die Treppe zu.
»Nathaniel ist nicht zu Hause.«
»Na schön, dann warte ich eben.«
Dick packte mich am Arm, seine Finger gruben sich oberhalb des Ellbogens in mein Fleisch. Er zog mich ganz nah an sich heran und ich spürte Speicheltropfen auf meinem Gesicht, als er sprach. »Halte dich von ihm fern. Ich weià genau, was für eine Sorte Mädchen du bist.« Dann musterte er mich von oben bis unten, als wäre ich nackt und ihm gefiele ganz und gar nicht, was er da sah. »Du denkst, du könntest profitieren, indem du dich an jemanden wie Nathaniel ranmachst. Du brauchst ihn, um akzeptiert zu werden, aber du bist bei Weitem nicht gut genug für ihn.«
Ich riss meinen Arm los. »Ich habe keinen Schimmer, wovon du sprichst.« Mein Herz schlug rasend schnell. Dick hatte seine Attitüde von wegen »ich bin ja so ein fürsorglicher Stiefvater, der lediglich dein Bestes will« jetzt endgültig abgelegt.
»Tu nicht so, als wüsstest du nicht, wovon ich rede. Du brauchst ihn, damit du selbst gut dastehst.«
»Ich werde meiner Mom erzählen, was du gesagt hast.«
Dick lachte. »Tu das ruhig. Du missbrauchst deine Mutter als Schutzschild. Denkst du etwa, sie wird dir auch nur ein Wort glauben, nach allem, was vorgefallen ist?«
»Ich weià genau, was du vorhast.« Ich hatte echt Mühe, das Zittern in meiner Stimme zu unterdrücken. »Du willst meine Mutter davon überzeugen, dass ich verrückt bin.«
»Ist ja wohl auch nicht allzu schwer.«
»Ich bin nicht verrückt.«
Dick lächelte. »So oder so, mir ist das sowieso egal.«
Daraufhin schob ich mich an Dick vorbei und rannte die Treppe hoch in mein Zimmer. Ich knallte die Tür hinter mir zu, und zwar so laut, dass das Echo durch das gesamte Haus hallte.
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E rwachsene machen uns Teenagern gerne weis, dass die Jugend die beste Zeit unseres Lebens sei. Dass wir uns glücklich schätzen sollten, ein solch »sorgloses« Leben führen zu dürfen. Ich weià nicht, ob sie uns das erzählen, weil sie echt davon
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