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Lost Place Vienna (German Edition)

Lost Place Vienna (German Edition)

Titel: Lost Place Vienna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lost Place Vienna
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landete.
    Das irre Tempo Malmsteens gelang ihr natürlich nicht, aber ihre
Finger begannen allmählich zu fliegen. Die einzelnen Töne wurden zu einem
Ganzen, bis sie sich endlich von all ihren Vorbildern löste und nur noch das improvisierte,
was aus ihrem Inneren drang. Es war heftig. Gespannt zwischen Wut und Ohnmacht,
Ekel und Sehnsucht, Einsamkeit und Verlustangst.
    Valentina hatte die Augen hinter dem Leder geschlossen. Ihr liefen
die Tränen übers Gesicht. Die Maske würde außen trocken bleiben, aber sie würde
dem Zuschauer unsichtbare Blutstränen zeigen.
    Die Strat kreischte. Der Verstärker hämmerte Schallwellen gegen das
Gewölbe; die Kerzen erzitterten, als kündigte die Musik einen Sturm an, dem die
Sintflut folgen sollte.
    Ihre Fingerkuppen brannten vor Schmerz. Valentina hatte nicht darauf
geachtet, wie scharf die Saiten waren. Erst sprang das Fleisch des
Zeigefingers, dann riss die Kuppe des Mittelfingers. Valentina zog ein Bending
über drei Töne und stöhnte auf. Die Gitarre kreischte ein letztes Mal, dann
verstummte sie.
    Valentina gab sich geschlagen. Wimmernd und dankbar. Sie fühlte
Erlösung. Mochte man ihr auftragen, was man wollte, sie würde es tun. Valentina
hatte immer gespielt, um zu gewinnen. Don Bernardo hatte es ihr so beigebracht.
Jetzt hatte sie verloren. Und es blieb ihr nur, dem Gegner zum Sieg zu
gratulieren.
    Sie ließ die Strat zu Boden gleiten, erhob sich vom Hocker, bereit
zu allem, was der Sieger von ihr wünschte.
    Der Maskenspieler breitete die Arme aus. Wie Gottvater, der seine
heimgekehrten Lämmer empfängt, um ihnen zu vergeben.
    Valentina ging auf ihn zu. Langsam, aber zielgerichtet. Vielleicht
würde in seinem Arm das ewige Dunkel locken. Eine tödliche Umarmung, der das
Messer in den Rücken folgte. Valentina wünschte es sich: Dann wäre alles
vorbei.
    Gleich stand sie vor ihm. Er hatte nicht applaudiert zu ihrem
Gitarrenspiel, aber sie sah der Maske an, dass es ihm gefallen hatte. Er
umarmte sie und drückte sie an sich. Sein Körper strahlte Wärme und Zartheit
aus. Sie spürte, dass auch er ein Herz besaß, das schlug. Valentina glaubte,
diesen Körper schon einmal berührt zu haben. Und sie glaubte auch zu wissen,
wann. Aber es konnte nicht sein. Es war nur Projektion. Der letzte Funke
Hoffnung auf ein Happy End.
    Ein Schuss krachte, die Umarmung erschlaffte ebenso, wie sie es
schon einmal getan hatte. Der Körper des Maskenspielers glitt zu Boden und
blieb reglos liegen.
    Valentina sah im Kerzenschein, keine fünf Meter entfernt, einen Mann
mit einer Pistole in der Hand. Es war Parizek. Er richtete die Waffe nun auf
sie.
    Valentina stand wie gelähmt, unfähig, einen Fuß aus dem blutigen
Staub zu bewegen. Endlich riss sie sich die Maske vom Gesicht und gab sich
Parizek zu erkennen.
    »Inspektor Fleischhacker, es ist mir ein Vergnügen, Ihnen das Leben
gerettet zu haben«, sagte Parizek und lächelte selbstgefällig. Er musste sich
wieder eine Linie Koks gezogen haben, so unbesiegbar kam er daher.
    »Leider ist deine Rettung nur von kurzer Dauer. Es sei denn, die
beiden Parteien können sich nicht auf das Kopfgeld einigen. Du weißt ja, wie es
manchmal auf dem freien Markt zugeht.«
    Er näherte sich vorsichtig und warf ihr Handschellen vor die Füße.
»Zieh dir den Schmuck an. Und mach keine Faxen. Das wäre für uns alle nur
unnötige Anstrengung. Und die Hatz war lang genug. Hab ich recht?«
    Valentina legte sich die Handschellen um die Gelenke und drückte sie
zu. »Was hast du vor?«, fragte sie.
    »Dich meistbietend auf dem Sklavenmarkt zu verschachern. Du hast
doch gute Zähne?«
    »Wer zahlt für mich?«
    »Das weißt du doch. Die einen oder die anderen.«
    »Bauer?«
    »Ja. Bauer. Du bist sozusagen Bauers Bauernopfer.« Parizek lachte.
»Mir wäre es aber lieber, wenn die Freunde der Mafia mehr bieten würden.
Irgendwie sympathisiere ich mit der ehrwürdigen Familie. Ich weiß, als
Geschäftsmann sollte man das nicht tun. Wer wäre dir lieber?«
    »Keiner wird dir etwas für mich zahlen. Du bist erledigt. So oder
so.«
    »Vielleicht hast du recht. Vielleicht bist du plötzlich keinen
Pfifferling mehr wert. Wer weiß, was draußen passiert, während wir hier über
mögliche Geschäfte reden. Vielleicht hat sich Bauer schon erhängt, oder man hat
ihn abgesägt. Vielleicht hat die Mafia längst eine geeignetere Schlüsselfigur
bei der Wiener Polizei gefunden. Dann können wir uns beide erschießen. Dann
haben wir es hinter uns, wie der da.«
    Er

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