Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lost Place Vienna (German Edition)

Lost Place Vienna (German Edition)

Titel: Lost Place Vienna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lost Place Vienna
Vom Netzwerk:
Mann, mit dem sie ins Bett ging,
ausgeweint. Das hätte eine Kapitulation ihres Kampfes um Gleichberechtigung
bedeutet. Und so weinte sie allein, erhob sich schluchzend vom Küchentisch und
ging in ihr Zimmer, wo die neue Strat Trost versprach.
    Valentina steckte sie an Strom und schredderte mit dem Plektrum über
die Saiten. Diesmal spielte sie ohne Kopfhörer. Es musste laut sein, und sie
musste den Klang im Raum kreischen hören. Sie spielte so laut, dass sie weder
das Klopfen von oben noch die wütenden Schreie der Nachbarn hörte. Erst als
zwei uniformierte Kollegen mit einem Mann vom Schlüsseldienst in der Wohnung
standen, legte sie ihre Gitarre zur Seite. Mit der Abmahnung und einer
möglichen Strafe wegen Ruhestörung konnte sie leben. Selbst dass sie deswegen
aus der Wohnung fliegen konnte, kümmerte sie im Moment nicht.

DREI
    Parizek genoss die Situation sichtlich. Natürlich hatte
sich Valentinas nächtliche Dezibel-Entgleisung längst bis zu ihm
durchgesprochen. Jetzt saß er ihr gegenüber und lächelte falsch.
    »Sie können sich denken, dass Sie nicht deswegen hier sitzen, weil
Sie sich im Ton vergriffen haben. Obwohl das eine Ihrer großen Schwächen zu
sein scheint, die Ihnen einmal zum Verhängnis werden könnte.«
    »Besser laut vor die Hunde gehen als leise mit ihnen wimmern«,
antwortete Valentina ruhig.
    Sie kannte den Verhörraum bereits von anderen Gelegenheiten. Bislang
war sie aber immer auf dem Platz gesessen, den Parizek jetzt beanspruchte. Es
war ein sonderbares Gefühl, die andere Perspektive einzunehmen. Sofort fühlte
man sich in der Defensive, glaubte sich rechtfertigen zu müssen, obwohl man
nichts getan hatte.
    »Ist reine Routine, dass wir Sie vernehmen. Das verstehen Sie
sicherlich.«
    »Und warum hier unten? Das ginge doch auch bei Ihnen oder bei Bauer
im Büro?«, fragte Valentina und blickte bei der letzten Frage demonstrativ in
Richtung Spiegelglas, hinter dem sie Bauer vermutete.
    »Weil wir noch andere Gäste haben, die eine gewisse Anonymität
wahren wollen. Das kennen Sie doch.«
    »Nicht bei Routinebefragungen.«
    »Das liegt nicht an der Befragung, sondern am Fall selbst. Oder
wollen Sie etwa behaupten, dass drei abgetrennte Frauenköpfe und ein
erdrosselter Inspektor der Bundespolizei Routine wären?«
    Valentina wusste noch nicht, worauf Parizek hinauswollte, aber sie
merkte, dass es für sie nichts Gutes bedeutete.
    Parizek bückte sich kurz und zog etwas aus einer Aktentasche, die
neben seinem Stuhl stand. Es war eine Kladde aus grauem Karton. Er klatschte
sie zwischen sich und Valentina auf den Tisch.
    »Kennen Sie das?« Seine Stimme durchschnitt scharf die Luft des
Raums.
    Valentina schluckte und nickte.
    »Wie kommt die zu Ihnen?«
    »Sie können nicht einfach meine Wohnung durchsuchen.« Valentina
wusste, dass es ein jämmerlicher Versuch auf Rechtsanspruch war.
    »Mit einem Durchsuchungsbescheid schon«, sagte Parizek trocken.
    »Aber wann waren Sie bei mir? Ich habe die Kladde doch erst gestern
Abend erhalten.« Sie hielt kurz inne. »Ah, verstehe. Deswegen musste ich so
lange draußen warten. Damit ihr Zeit hattet, meine Wohnung
auseinanderzunehmen.«
    »Glauben Sie mir, es ist mir nichts unangenehmer, als einen Kollegen
unter Verdacht zu haben. Aber noch schlimmer ist es, den Mord an einem Kollegen
aufdecken zu müssen. Am schlimmsten ist es jedoch, wenn Ersteres mit Letzterem
zusammenkommt.« Parizek spielte angestrengt Anteilnahme.
    In Valentina kochte es. Sie verabscheute Heuchelei. Sie hatte damals
mit angesehen, wie Nonno Elio vom Oberhaupt der Familie lächelnd umarmt worden
war und noch am selben Tag unter Kugelhagel der »ehrenwerten Gesellschaft« sein
Leben ausgehaucht hatte. Valentina witterte die Verschwörung. Sie schwängerte
den Raum bis oben hin. Aber wer steckte dahinter? Parizek war nur eine
Marionette, ein korrupter Karrierist, der seine Seele längst in Hypotheken und
Wechsel getauscht hatte. Und selbst die Leute hinter dem Spiegelglas waren nur
Schergen, die man nicht erkennen durfte, damit man nicht zufällig auf die
Fährte der tatsächlichen Hintermänner kam.
    »Also? Wie kommen Sie an diese Unterlagen?«, wiederholte Parizek
seine einstudierte Frage.
    »Ein Eilbote hat sie mir gebracht«, sagte Valentina mehr zu sich
selbst, damit sie die Fakten ordnen konnte.
    »Wann war das?«
    »Gestern Abend, etwa gegen neunzehn Uhr.«
    »Unsere Ärzte schätzen, dass der Tod bei Zirner gegen halb sieben
eingetreten ist. Waren Sie da zu Hause

Weitere Kostenlose Bücher