Lost Princesses 01 - Der Lord Und Die Rebellin
die beiden Männer sofort eilig davonliefen. Clarice ließ sich in einen Sessel sinken. »Habt Ihr einen Moment Zeit für mich und meine alberne Neugier?«
»Für Euch? Aber selbstverständlich! Was möchtet Ihr wissen?«
Als Clarice jetzt Roberts Schwester gegenübersaß, wusste sie plötzlich nicht mehr, was sie sagen sollte. Liebt Euer Bruder mich? Nein, aber nein. Sie machte Ausflüchte. »Ich war noch nie Gastgeberin bei einem Ball. Freut Ihr Euch schon auf diese Rolle?«
Millicent sah sie bestürzt an. »Mich freuen? Ganz bestimmt nicht. Es ist eine reine Plage vom ersten Gast bis zum letzten Tanz.«
»Aber Ihr habt zweifellos die anderen Bälle genossen, die Ihr veranstaltet habt.«
Millicent schob ihre Papiere zusammen. »Nein, genossen habe ich sie ebenfalls nicht. Ich fürchte, dass solche gesellschaftlichen Veranstaltungen nur eine Last für mich sind.« Sie hob die Hand. »Ich weiß, Ihr glaubt, ich sollte mich ebenso amüsieren, wie Ihr es tut. Aber Ihr seid ja auch wunderschön.«
Das Problem konnte Clarice beheben. »Ich bin nicht wirklich schön. Ich bin viel zu klein, und habe zu kurze Gliedmaßen.« Sie streckte ein Bein aus, um ihre Worte zu verdeutlichen. »Meine Haut ist sonnengebräunt, und ich kann nichts dagegen tun, weil ich von Stadt zu Stadt reiten muss. Meine Ohren stehen ab wie offene Kutschschläge, deshalb kämme ich mein Haar auch immer fest darüber und stecke es im Nacken fest. Aber meine Nachteile fallen niemandem auf, weil ich den Leuten keine Chance gebe.«
Die Diener brachten den Tee. Millicent schenkte zwei Tassen ein, gab Sahne und Zucker hinein, und reichte dann eine Clarice. Nach einem kurzen Schluck stellte sie die Tasse ab. »Was meint Ihr damit, Eure Hoheit?«, fragte sie dann nervös.
»Wenn ich auf einen Ball gehe, schärfe ich mir ein, dass ich eine Prinzessin bin und tue, als wäre ich die Gastgeberin.
Also liegt es an mir, dafür zu sorgen, dass die Leute sich wohl fühlen. Ich stelle die Menschen einander vor und suche an jedem etwas, wofür ich ihm ein Kompliment machen kann. Was nicht immer leicht ist.« Clarice zwinkerte Millicent zu. »Ich nehme mir einen Moment Zeit, um mit den Witwen zu plaudern. Sie sind immer die komischsten Menschen im Saal, und ich amüsiere mich bei ihnen mehr, als ich andere amüsieren könnte. Wenn ich damit fertig bin, sind alle glücklich und halten mich für wunderschön.«
»Aber ich bin keine Prinzessin«, widersprach Millicent kläglich.
»Ihr seid die Gastgeberin«, erwiderte Clarice prompt.
»Ja, sicher, das stimmt.« Millicent fuhr mit der Hand nachdenklich über den verblichenen Stoff ihres Gewandes.
Clarice holte tief Luft. »Ich habe Euch jedoch nicht aufgesucht, um Euch mit den Einzelheiten über meine Schönheit zu langweilen.« Sie lachte, damit Millicent merkte, dass sie nur einen Scherz machte.
»Oh!« Millicent konzentrierte sich wieder auf Clarice. »Was kann ich denn für Euch tun?«
»Ich frage mich, ob Euer Bruder jemals eine...« Sie trank einen großen Schluck Tee und verbrannte sich die Zunge. »Ich meine, ich frage mich, ob Seine Lordschaft…, ob er eine..., ob es wohl...«
»Eine Verlobte gibt?«, erriet Millicent.
»Ja. Genau! Eine Verlobte!« Diesmal nippte Clarice vorsichtiger an ihrem Tee, weil ihr Mund vollkommen trocken war. »Ich dachte« - die Worte sprudelten förmlich über ihre Lippen -, »ich sollte im anderen Fall vielleicht die Debütantinnen nach einer geeigneten Kandidatin für ihn in Augenschein nehmen.« Sie zuckte zusammen. Millicent würde ihre absurde Lüge gewiss durchschauen.
Sie liebte Robert, und ganz offenbar gingen Liebe und Dummheit Hand in Hand.
Aber Millicent zuckte nicht einmal mit der Wimper. »Das glaube ich nicht, aber danke für Eure Nachfrage. Robert hat sich noch nie für eine junge Lady interessiert, aber er ist sehr … eigenwillig. Er wird sich seine Braut selbst erwählen, und so wie ich meinen Bruder kenne, wird er sie wegen ihrer Freundlichkeit und Lebhaftigkeit aussuchen, und nicht wegen solch alberner Gründe wie ihrer Mitgift oder ob wir ihre Familie kennen.«
»Gut. Ganz ausgezeichnet. Ich meine...« Himmel, Clarice kam sich so albern vor. »Er kommt mir so... allein vor.«
»Das stimmt. Ich mache mir auch Sorgen um ihn, vor allem, seit er aus dem Krieg heimgekehrt ist. Aber in den letzten Tagen scheint es ihm besser zu gehen. Er ist nicht mehr so grimmig und wirkt so lebhaft, wie ich schon gar nicht mehr zu hoffen gewagt habe, ihn zu
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