Lost Princesses 01 - Der Lord Und Die Rebellin
und scheuchte gerade Norval barsch herum. »Stell sie vor jeden Spiegel und verwendet nur feinste Bienenwachskerzen.«
»Sehr wohl, Lady Millicent.« Der Lakai stolperte schwer beladen mit polierten, silbernen Kandelabern davon.
Verbeugen konnte er sich nicht, dafür hatte er zu schwer zu tragen. Doch Clarice beobachtete ihn und fand, dass er es wenigstens hätte versuchen sollen.
»Die Blumen kommen in die schweren Vasen, die man nicht so leicht umwerfen kann«, instruierte Millicent den Chefgärtner. »Heute darf kein Wasser auf den gewachsten Boden spitzen!«
Er zupfte an seiner Stirnlocke. »Jawohl, Mylady, das hatte ich ohnehin vor.«
Clarice gefiel sein Verhalten nicht. Der Gärtner war ein alter Mann und stand vermutlich schon lange im Dienst der Familie. Und er behandelte Millicent wie ein Kind.
Millicent ignorierte seine Anmaßung jedoch. Sie winkte den Butler zu sich. »Lord Hepburn hat angeordnet, dass der Champagner unablässig nachgereicht wird und dass vor allem Colonel Ogleys Glas immer gefüllt ist. Können Eure Diener diese Aufgabe erfüllen?«
»Natürlich, Mylady.« Der Butler schnüffelte hochnäsig. »Als wenn ich jemals zulassen würde, dass der Held der Iberischen Halbinsel mit einem leeren Glas dastehen würde!«
»Wenn Ihr es zuließet«, versetzte Millicent scharf, »wäre ich höchst verärgert, und Ihr würdet mit der ersten Kutsche nach London zurückfahren.«
Der Butler schnalzte ebenso empört mit der Zunge, wie er vielleicht reagiert hätte, wenn ein kleiner Schoßhund nach seinem Hosenbein geschnappt hätte. Das Geplapper im Ballsaal erstarb, und die Dienstboten sahen sich ängstlich an.
Clarice war ebenfalls verblüfft. Sie hatte noch nie erlebt, wie Millicent ihre Autorität durchgesetzt hatte. Vielleicht war das ja auch noch nie passiert. Aber wenn es um einen Ballabend ging, schien Millicent dafür sorgen zu wollen, dass ihre Wünsche unmissverständlich bekannt waren und erfüllt wurden.
Jetzt richtete sie sich hoch auf und starrte den Butler eisig an. Danach ließ sie ihren Blick über alle Dienstboten gleiten. »Ich bin auf euch alle angewiesen, und ich werde es höchst ungnädig aufnehmen, wenn etwas passiert, ganz gleich, was, das diesen Ball trübt. Habt ihr das verstanden?«
»Ja, Mylady!« Der Chor der Stimmen klang leise und unsicher, und die meisten Bediensteten verbeugten sich oder knicksten.
Dann richtete Millicent ihren bohrenden Blick wieder auf den Butler, der steif und beleidigt vor ihr stand.
»Möchtet Ihr vielleicht die Kutsche noch vor dem Ball besteigen?«, fragte sie leise und deutlich.
Er senkte ehrerbietig den Kopf und verbeugte sich knapp. »Ich werde persönlich alles beaufsichtigen, Mylady. Ich versichere Euch, dass der Ball perfekt ablaufen wird.«
»Sehr gut.« Millicent lächelte mit eisiger Zufriedenheit.
Clarice kam sich albern vor, dass sie ausgerechnet jetzt Lady Millicents Zeit beanspruchen wollte.
Doch Millicent hatte Clarice bereits gesehen und lächelte
strahlend. »Prinzessin Clarice, wie schön, Euch zu sehen!« Sie deutete durch den Ballsaal. »Was haltet Ihr davon?«
Die Wände strahlten in Gold, und die Pfeiler auf den Seiten des langen, breiten Raumes waren angemalt worden, so dass sie schwarzem Marmor glichen. Die großen Vasen waren tatsächlich aus schwarzem Marmor, und die Gehilfen des Gärtners arrangierten gerade rosarote und weiße Margariten darin. Millicent hatte vergoldete Spiegel an den Wänden zwischen den Pfeilern arrangiert, und Norval stellte die Kerzenleuchter vor jeden Spiegel. Wenn die Kerzen entzündet waren, würde der Ballsaal im Licht von Tausenden von flackernden Kerzenflammen erglühen.
»Es ist wundervoll«, erklärte Clarice. »Und heute Nacht wird es noch schöner aussehen.«
Millicent nickte. »Ich bin sehr zufrieden mit der Wirkung. Sehr zufrieden.« Sie sah Clarice an und deutete auf einen kleinen Tisch, der mit Papieren übersät war. »Ihr hättet Euer Eintreffen nicht perfekter arrangieren können. Ich würde mich gern hinsetzen, aber ich muss leider hierbleiben und das Chaos im Auge behalten. Soll ich uns einen Tee bringen lassen?«
Clarice entspannte sich, als sie die Möglichkeit sah, ihr helfen zu können. »Ruht Ihr Euch aus, und lasst mich das erledigen.« Sie schnippte mit den Fingern. »Eure Herrin braucht Tee und eine kleine Stärkung. Und bringt zwei Tassen!« Sie beobachtete zufrieden, wie der Butler seinerseits mit einem Fingerschnippen einen Lakaien herbeirief und wie
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