Lost Princesses 01 - Der Lord Und Die Rebellin
die Köpfe und riefen etwas. Er konnte nicht sehen, was da passierte, und die Vorfälle der letzten Monate hatten ihn argwöhnisch gemacht. Also stand er auf und spähte zur Brücke, wohin die Dorfbewohner deuteten.
Er sah eine Frau, die auf einer kleinen, weißen Stute ritt und ein rotschwarzes Reitkostüm trug. Ihr blondes Haar wehte offen um ihre Schultern, sie lächelte, und ihre bernsteinfarbenen Augen blickten sich suchend um. Als ihr Blick ihn, Robert, gefunden hatte, strahlte sie vor Freude.
Clarice. Es war Clarice. Robert blieb mit den Händen an der Seite stehen, spürte die Sonne im Gesicht und hörte ein Klingeln in den Ohren. Er konnte es nicht glauben. Er dachte, dass sie mittlerweile längst den Kanal überquert hätte. Er hatte sich ganz bewusst keine Sorgen um die französischen Truppen gemacht. Prinz Rainger war ein fähiger Mann, und selbst wenn er scheiterte, hatte Clarice sich als ausgesprochen geschickt im Überleben erwiesen. Also würde ihr auf ihrer Reise durch Spanien nach Beaumontagne schon nichts zusto ßen.
Aber sie war weder in Spanien noch in Beaumontagne. Er hörte wie aus weiter Ferne die alten Männer hinter sich plappern. Es klang so, als sagten sie: »Gelobt sei Gott, Gepriesen sei der Herr!«
Sie war hier, in Freya Crags, mit ihrem üppigen, begehrenswerten
Körper, ihrer Haut, die von einem etwas dunkleren Honigbraun war, und ihre Freude darüber war nicht zu übersehen.
Robert MacKenzie, der Offizier, der all die Dinge getan hatte, die ein Held vollbringen musste - Strategien für Angriffe entwerfen, Rettungen aus den am schwersten bewachten englischen Gefängnissen durchführen, ein französisches Munitionsdepot sprengen, und das auf einen kurzfristigen Befehl hin -, dieser Mann wusste nicht, was er sagen oder tun sollte, als die Frau, die er liebte, über den Anger auf ihn zuritt. Ihr Blick war auf ihn gerichtet, als wäre er ihr Leitstern.
Als sie ihn erreichte, zügelte sie ihr Pferd. »Sir, ich bin Hausiererin und verkaufe Waren.«
»Ihr verkauft Waren?«, wiederholte er. Er verstand nicht, warum sie so etwas sagte, wo doch so viel anderes zu sagen gewesen wäre.
Sie grinste auf ihn herunter.
Mit einem Schlag setzte sein Hirn sich in Bewegung. Er nahm militärische Haltung an und sagte in offiziellem Ton: »Ich fürchte, Ihr müsst vom Lord von Freya Crags eine Erlaubnis einholen, bevor Ihr hier etwas verkaufen könnt.«
»Meine Güte.« Sie legte einen behandschuhten Finger an ihre Wange. »Ich höre, er soll ein recht furchteinflößender Bursche sein. Glaubt Ihr, dass er mir seine Erlaubnis gibt?«
»Das kommt darauf an, was Ihr verkauft.«
»Glück. Ich verkaufe Glück.«
»In dem Fall…« Er breitete die Arme aus, und Clarice rutschte aus dem Sattel und sank hinein. »In dem Fall kaufe ich.«
Epilog
Am Ende erwischt die Liebe jeden.
DIE ALTEN VON FREYA CRAGS
E r war aus Edinburgh zurückgekommen.
Clarice lehnte sich in dem Stuhl zurück. Sie hatte die Füße auf eine Ottomane gelegt und die Augen geschlossen, während sie lächelnd auf Roberts Schritte lauschte. In den beiden Jahren ihrer Ehe hatte sie seine Schritte, seinen Duft, seine Berührung kennen gelernt. Sie genoss alles von ihm, selbst seine leidenschaftliche Verrücktheit, denn er beherrschte sie vollkommen und reservierte sie für sie, nur für sie.
Er küsste sie sanft und streichelte ihren geschwollenen Bauch.
»Hm.« Sie schlug die Augen auf, legte ihre Hand über seine und betrachtete ihn. Sie musterte seine kantigen Wangenknochen, sein seidiges, schwarzes Haar und seine wunderschönen blauen Augen.
Er trug noch seine Reisekleidung, seine Stiefel waren von dem langen Ritt abgeschabt, und er hatte die Satteltaschen über die Schulter gelegt. »Du bist wach?«, fragte er leise.
»Ich habe hier gesessen und gefühlt, wie er mich trat. Er ist ein guter, gesunder Junge.«
Robert lächelte sie an. »Er könnte auch eine Tochter sein. Immerhin sind weder ihre Mutter noch ihre beiden Tanten besonders friedlich und zahm.«
Sie setzte sich auf. »Ich muhe schon fast, so zahm bin ich.«
»Nur ein Mann, der ein Narr ist, würde darauf antworten.« Bevor sie kontern konnte, dass alle Männer Narren waren, ließ er die Satteltaschen fallen und zog sie aus dem Sessel hoch.
Dann setzte er sich hin und nahm sie auf seinen Schoß. Das war seine Lieblingsposition, auch wenn er das zusätzliche Gewicht des Kindes deutlich spürte.
»Wie geht es Millicent?«, fragte
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