Lost Princesses 01 - Der Lord Und Die Rebellin
verstanden, was ich gesagt habe, stimmt’s?«
»Doch«, erwiderte Clarice frustriert, »ich habe dich gehört, aber ich weiß nicht, was du willst!«
»Du hast mich vielleicht gehört, aber du hast nicht zugehört.« Als Clarice widersprechen wollte, hob Amy die Hand. »Mach dir keine Sorgen, ich verstehe das wirklich. Ich wünschte nur... Na ja, wenn Wünsche Pferde wären, würden Bettler reiten, sagt man nicht so? Ich werde zu dir kommen, wenn es so weit ist. Vergiss nicht, ich bin jetzt älter als du warst, als du angefangen hast, für mich zu sorgen.«
»Wenn ich daran denke, wie unerfahren ich damals war...«
»Ich bin nicht unerfahren. Ich bin weit erfahrener, als du es warst. Jetzt musst du dich aber genauso um dich kümmern, wie du dich um mich gekümmert hast. Die Situation hier ist sehr gefährlich, und ich mache mir Sorgen um dich.« Amy küsste Clarice auf die Stirn und trat dann zurück.
»Das werde ich schaffen.« Trotzdem hatte Amy Recht. Die Lage war gefährlich, und sie würde noch viel prekärer werden, wenn Clarice Lord Hepburn das nächste Mal sah. »Ich habe alles unter Kontrolle.«
»Natürlich hast du das. Du passt immer auf dich auf.« Amy lächelte mit offensichtlicher Bewunderung. »Vergiss nur nicht, das ich von deinem Vorbild gelernt habe, auf mich selbst zu achten. Du bist die beste Schwester, die man nur haben kann.« Sie ging zur Tür.
Amys Versicherung beunruhigte Clarice mehr als alles andere, was sie hätte sagen können. Sie lief ihrer Schwester nach. »Warte, Amy!«
Aber als Amy nach dem Türknauf griff, klopfte jemand. Sie öffnete die Tür, und ein großer junger Lakai stand davor.
Es war Norval, der noch nervöser wirkte als bisher. »Ja?«, fragte Clarice freundlich.
Er verbeugte sich, was bei seinen langen Beinen irgendwie ungelenk wirkte. »Eure Hoheit, Seine Lordschaft erwartet Euch in der Bibliothek. Er bittet Euch, sofort zu ihm zu kommen.«
Nichts hätte sie von Amys Absichten besser ablenken können als diese Botschaft.
Hepburn will mich wiedersehen.
Natürlich war ihr klar, dass sie sich irgendwann wieder begegnen mussten, aber dass dieser Moment jetzt tatsächlich gekommen war, ließ sie erbeben. Sie wäre am liebsten weggelaufen und hätte sich versteckt... und gleichzeitig hätte sie sich sofort in seine Arme stürzen können.
Wer war sie? War sie die Prinzessin, als die sie sich kannte? Oder war sie nur eine Frau, die so dumm war, ohne Sinn und Anstand einen Mann zu begehren?
Amy ging um den Lakaien herum und trat in den Flur. »Gott schütze dich, Clarice.«
»Ich komme ins Dorf, sobald der Ball vorbei ist. Dann reden wir weiter«, antwortete Clarice abgelenkt.
Amy nickte, lächelte und winkte ihr zu. »Leb wohl.«
18
Die interessantesten Menschen sind diejenigen, die sich für einen interessieren. Eine kluge Prinzessin kann sich dieses Wissens bedienen und damit ihre Welt regieren!
DIE KÖNIGINWITWE VON BEAUMONTAGNE
C larice ging durch den Korridor zur Bibliothek. Norval war vergessen, Amy ebenso und erst recht die Forderungen der Ladys und ihrer Teints. Nichts anderes war von Bedeutung als ihr Magen, der sich zusammenkrampfte, und die Erwartung, die sie empfand, weil sie Hepburn wiedersehen sollte.
Dann bemerkte sie, wie der Lakai sie furchtsam anschaute. Es kümmerte sie nicht. Es interessierte sie einfach nicht, was er für Sorgen hatte.
Doch seine bedrückte Miene ließ sie nicht los. Bevor sie um die letzte Ecke bogen, blieb sie stehen. »Gibt es ein Problem, Norval?«
Er trat beklommen von einem Fuß auf den anderen. »Ja, Eure Hoheit. Der Herr hat mir befohlen, Euch sofort in die Bibliothek zu führen, wenn Ihr mit den Ladys fertig wäret, und ich... und ich habe woanders... gearbeitet.« Er errötete unter ihrem forschenden Blick und verbesserte sich rasch. »Das heißt, ich habe mit einem der Dienstmädchen geredet
und versäumt, Euch den Befehl des Herren direkt auszurichten.«
»Dann sollten wir ihm das lieber nicht sagen.« Sie wollte weitergehen, zu ihm. Zu Robert.
»Der Herr sieht alles, und er hat eine schreckliche Wut.« Norval senkte die Stimme. »Ich habe gehört, dass er gestern zehn Halunken mit bloßer Hand getötet hat.«
»Es waren zwei, und er hat sie nur verprügelt.« Clarice konnte es nicht fassen, dass sie Norval tröstete, obwohl dieser Vorfall sie sehr beeindruckt und verängstigt hatte.
»In der Küche munkelt man, dass der Herr verrückt ist.«
»Er ist ganz gewiss nicht
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