Lost Princesses 02 - Ketten Der Liebe
Prinzessin. Northcliff hat Ihnen sogar diesen wunderbaren Spitznamen gegeben - die Prinzessin mit der verächtlichen Miene. Darum beneiden Sie alle Damen, aber wie flüchtig ist der Ruhm.« Der Graf setzte eine ernste Miene auf. »Wie wollen Sie die neue Position halten , wenn Sie sich nicht anstrengen ?«
»Sie wird die Position halten, gerade weil sie nichts auf dieses ganze Getue gibt«, ließ sich sein Bruder vernehmen. »Also ich glaube, sie bezaubert dadurch, dass sie so bleibt, wie sie ist.« Lord Howland lächelte, als sie den Pavillon erreichten, in dem Erfrischungen für den Nachmittag gereicht wurden.
»Da hast du ganz recht, mein Guter.« Kenley deutete eine höfliche Verbeugung in Amys Richtung an.
Jermyn unterhielt sich mit der älteren Lady Hamilton und schaute auf, als Amy den Pavillon betrat. Und mit einem Mal nahm sie weder die Brüder noch die anderen Gäste wahr, die in kleinen Gruppen zusammenstanden. Sie hatte nur noch Augen für Jermyn, sah seine kraftvolle Erscheinung, sein leuchtendes, kastanienbraunes Haar, die weichen Lippen, die ihr jede Nacht Vergnügen bereiteten ...
Jermyn nickte ihr kaum merklich zu und wandte sich dann wieder Lady Hamilton zu, um ihr seine ganze Aufmerksamkeit zu schenken.
Amys Herz begann zu flattern. Wie aufmerksam von Jermyn, sich um die alte Dame zu kümmern, die durch ihre schlimmer werdende Taubheit nicht an den Gesprächen teilnehmen konnte.
Auf langen, mit weißen Tischtüchern drapierten Tischen standen Speisen und Getränke. Livrierte Diener gingen von Gruppe zu Gruppe und reichten Champagner. Damen in farbenfrohen Kleidern und gut aussehende Herren ergingen sich in dem weitläufigen Garten und bewunderten die Blumen, die erst kürzlich aus dem Gewächshaus ins Freie gebracht worden waren. Nur hier und da zeugten ein paar Baumstümpfe von dem heftigen Sturm, und je länger Amy die Schönheit des Gartens auf sich wirken ließ, desto deutlicher verspürte sie ein Glücksgefühl.
Wann hatte sie sich in diesen Ort regelrecht verliebt ?
Erneut ruhte ihr Blick auf Jermyn.
Die Antwort fiel ihr nicht sonderlich schwer: Als sie sich in ihn verliebt hatte. Es war nicht der Ort, der ihr Herz erobert hatte, sondern der Mann, der untrennbar mit diesem Anwesen verbunden war. Großer Gott, die Herren Kenley und Howland hatten recht! Sie war bis über beide Ohren in den Marquess von Northcliff verliebt.
Aber ... liebte er sie auch?
»Meine Prinzessin«, wandte sich Kenley wieder an sie, »haben Sie schon alle Gäste kennengelernt?«
Sie hatte Mühe, den Blick von Jermyn zu wenden, und sah den Grafen wie abwesend an. »Was?«
»Haben Sie schon die Gäste kennengelernt?«, wiederholte er.
Sie schaute von einer Gruppe zur anderen. »Ja, die meisten wurden mir bereits vor gestellt.«
Aber eigentlich waren ihr die Leute vollkommen gleichgültig. Sie hatte nur Augen für Jermyn. Liebte er sie? Sie glaubte es zumindest. In einem Punkt war sie sich indes sicher: Er bewunderte ihren Körper. Aber auch sonst ließ er sie seine Zuneigung spüren. Er schenkte ihren Geschichten Glauben, ganz gleich, wie absurd sie klingen mochten, und Amy wiederum gab unumwunden zu, dass ihre Geschichten tatsächlich außergewöhnlich waren - dafür aber allesamt wahr.
Aber bedeutete all das, dass er sie auch liebte? Sie wusste es nicht. Das Problem war: Sie wusste nicht, woran sie erkennen sollte, dass er sie liebte. Sie konnte zwar einschätzen, wie Liebe zwischen Geschwistern oder zwischen Vater und Tochter aussah, aber zwischen Mann und Frau ... Die neuen und heftigen Gefühle, die sie für Jermyn empfand, hatten die unbändige Kraft des Sturms, der über die Küstenregion hinweggefegt war.
»Haben Sie auch die Namen behalten?«, fragte Lord Howland.
»Was?« Wieso unterbrach Howland sie in ihren Gedanken?
»Wissen Sie, wie die Gäste heißen?«, wiederholte er langsam und geduldig.
»Gewiss. Sich Namen zu merken, ist eine Kunst, die jede Prinzessin von klein auf beherrschen muss.« Sich den Namen eines Menschen zu merken, hatte sich auch in den Jahren des rastlosen Umherziehens als hilfreich erwiesen, denn bisweilen reagierten die Leute unerwartet freundlich, wenn man sie mit Namen anredete. Manches Mal waren Clarice und sie zu einer Mahlzeit eingeladen worden statt mit einem Besen von der Türschwelle vertrieben.
In Kenleys Augen leuchtete Neugier auf. »Und Sie sind also wirklich eine Prinzessin?«
»Und eine Hausiererin«, ergänzte sie und musste grinsen, als sie den
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