Lost Princesses 02 - Ketten Der Liebe
wiederholte jeden Namen. Und jedem Dienstboten schenkte sie einen Blick, aus dem aufrichtiges Interesse sprach. Ja, sie trug zwar alte Kleider, aber die Leute achteten nicht auf ihre äußere Erscheinung, sondern ließen sich von Amys Wesen verzaubern. Jermyn erkannte, dass diese Frau schon öfter an hochherrschaftlichen Häusern angekommen war und mehr als einmal im Mittelpunkt gestanden hatte. Sie hatte gelernt, jedem, dem sie begegnete, den ihr gebührenden Respekt abzuverlangen.
Er hatte ihr bereits geglaubt, als sie sagte, sie sei eine Prinzessin; das war die einzige vernünftige Erklärung für ihre Erziehung, ihr Benehmen und ihren Stolz.
Aber er hatte noch nicht erlebt, wie sie sich als Prinzessin benahm.
Wie seine Mutter stammte nun auch seine Frau aus dem Ausland, aber anders als seine Mutter war Amy zum Herrschen geboren. Und sosehr er auch versuchte, den Gedanken beiseitezuschieben, so warf er doch einen Schatten auf diesen hellen Moment des Triumphs.
Wenn die Pflicht riefe, wäre ein englischer Lord wohl kaum in der Lage, eine Prinzessin aus Beaumontagne zu halten.
15. Mai 1810
Mein lieber Onkel,
gute Nachrichten! Ich bin den bösen Schurken entflohen, die sich an mir bereichern wollten, und bin jetzt frei! Ich weiß, dass du dich ebenso freust, und lade dich hiermit zu dem Fest ein, das ich anlässlich meines dreißigsten Geburtstags geben werde! Allerdings wird das Fest teurer, als ich vermutet hatte: Einladungen für all die Gäste, Ausgaben für die Speisen und Getränke, und natürlich müssen die zusätzlichen Diener bezahlt werden. Daher, mein lieber Onkel, brauche ich dringend einen Vorschuss meiner jährlichen Zuwendungen.
Vielleicht ist dir schon das Gerücht zu Ohren gekommen, dass ich Geld beim Glücksspiel verloren habe; lass mich dir versichern, dass es sich hierbei um übelste Verleumdungen handelt. Nicht mehr als ein Sturm im Wasserglas. Bis dahin hoffe ich, dass ich die Gelder aufbringen kann, ohne Summerwind Abbey versetzen zu müssen. Bitte ver anlasse noch heute bei den Banken, dass der Vorschuss bewilligt wird. Ich würde mich freuen, dich am 10. Juni bei meiner Geburtstagsfeier begrüßen zu dürfen. Sei gewiss, dass du als mein einziger ; noch lebender Verwandter mit besonderen Ehren empfangen werden wirst.
Dein dich liebender und dir treu ergebener Neffe, Jermyn Edmondson
Ehrenhafter und edler Marquess von Northcliff
Harrison Edmondson brach in schallendes Lachen aus, das noch von den Wänden seines Arbeitszimmers widerhallte.
Draußen vor der Tür krümmte sich der Diener und hielt sich die Ohren zu.
Harrison rieb sich die Hände. Aha, dieser Wurm ist schlau! Wer hätte das gedacht ? Jetzt ist mir alles klar.
Sein Neffe hatte die Entführung arrangiert, da er Geld brauchte. Unter normalen Umständen ein cleverer Trick, denn die meisten Verwandten hätten das Lösegeld gewiss gezahlt.
Falten zeichneten sich auf Harrisons Stirn ab. Warum regte Jermyn sich mit keinem Wort darüber auf, dass der liebe Onkel das Lösegeld nicht längst gezahlt hatte?
Doch Harrison entspannte sich wieder, wusste er doch, dass sein Neffe keine Ahnung hatte, wie es um das Vermögen und die Geldanlage bestellt war. Denn dann hätte er erkannt, dass er sofort zehntausend Pfund erhalten könnte, und sogar noch viel mehr, wenn erst einmal die Manufakturen und anderen Besitztümer angezapft waren.
Doch die Furchen auf der Stirn kehrten zurück. Der dreißigste Geburtstag des Neffen stand unmittelbar bevor, und Harrison hatte Jermyn immer noch nicht beseitigen können. Keiner der Leute, die er bezahlt hatte, um den kleinen Schuft umzubringen, hatte Erfolg gehabt - weder der Meuchelmörder noch der Kutscher noch der Butler, der die Läufe sämtlicher Waffen des Marquess verstopfen sollte. Diese ganze Inkompetenz bewies, dass ein Grundsatz Gültigkeit besaß.
Wenn du willst , dass etwas richtig gemacht wird , dann musst du es selbst in die Hand nehmen.
Harrison rief seinen Diener und trug ihm auf, alles für die Reise nach Summerwind Abbey in die Wege zu leiten. Und da Harrison eine Vorliebe für ausgefallene Waffen hatte, boten sich ihm eine ganze Reihe von Möglichkeiten ... um im passenden Moment zuzuschlagen.
23. Kapitel
N ach reiflicher Überlegung habe ich endlich erkannt warum ich Lord Northcliff so verlockend finde.« Al fonsine, die Gräfin von Cuvier, saß wie eine dicke, zufriedene Katze im großen Salon von Summerwind Abbey und fügte in unbeschwertem Tonfall hinzu: »Aber es
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