Lost Secrets (Gesamtausgabe)
überlegte, wie sie sie trösten konnte.
„Sie haben hier einen ganz wundervollen Ort geschaffen“, kam Eric ihr zuvor.
Das Gesicht der Schwester hellte sich ein wenig auf. „Die Kinder haben einen Großteil dazu beigetragen.“
„Wie viele Kinder leben hier bei Ihnen?“ Heather sah durch das Fenster hinaus in den Garten, wo Kinder unterschiedlichen Alters miteinander spielten.
„Sechsundzwanzig“, antwortete Schwester Agnes. „Die meisten sind zwischen zwölf und achtzehn Jahren alt. Unser Jüngster ist fünf.“
„Schwester Agnes, wir sind hier wegen eines Säuglings, der 1976 bei Ihnen aufgenommen worden ist.“
Die Nonne zog die Stirn kraus. „Das ist lange her und ich war damals noch nicht hier beschäftigt.“
„Wie bedauerlich. Ich hatte gehofft, dass Ihnen noch einige Unterlagen von damals vorliegen.“
„Leider gibt es seit voriger Woche überhaupt keine Unterlagen mehr.“
Eric versteifte sich. „Warum nicht?“
„Es hat im Archiv gebrannt“, gab die Nonne zurück. „Die Akten sind erst ab 2000 digital erfasst. Alles, was älter ist, ging in Flammen auf.“
Heather und Eric wechselten einen flüchtigen Blick. Was die Nonne nicht ahnte, war beiden sofort klar: dieses Feuer war nicht zufällig ausgebrochen.
„Das tut mir leid zu hören“, befand Heather, doch Schwester Agnes winkte nur ab.
„Das Wichtigste ist, dass den Kindern nichts passiert ist.“
„Waren Sie hier, als das Feuer ausbrach?“
„Ja, aber ich habe oben geschlafen. Schwester Anne war hier unten im Büro, als es anfing zu brennen. Komischerweise sprang der Rauchmelder nicht an. Aber Anne hat ein feines Näschen. Dem Herrn sei Dank. Sie hat den Rauch gerochen.“
„Ist Schwester Anne auch hier?“
„Natürlich.“
„Könnten wir mit ihr reden?“
Schwester Agnes stand auf. „Aber selbstverständlich. Sie ist draußen bei den Kindern. Bitte folgen Sie mir.“
Heather und Eric wurden von der Nonne zu einer Glastür geführt, hinter der man die spielenden Kinder beobachten konnte. Mittendrin stand eine Nonne, die auf einen Lorbeerbusch einredete.
„Hat sie ein Headset?“, fragte Eric und schien offenbar am Geisteszustand der alten Dame genauso zu zweifeln, wie Heather.
„Sie ist nicht verrückt, wenn Sie das meinen“, gab Schwester Agnes zurück, während sie die Tür öffnete. „In dem Busch sitzt Liam.“
„Warum?“ Heather versuchte zwischen dem dichten Blattwerk etwas zu erkennen. Aber erfolglos.
„Er ist der jüngste. Und die Kinder sind nicht gerade zimperlich. Er versteckt sich vor den älteren. – Anne?“ Sie bahnte sich einen Weg durch die Kinder, die an ihr zupften und zerrten und versuchten die Nonne ins Spiel miteinzubeziehen. Sie schienen insgesamt wenig Respekt vor ihr zu haben, verstummten aber schnell, als sie Eric sahen. Offenen Mundes starrten sie zu ihm empor.
„Du scheinst den kleinen Terrorzwergen Respekt einzuflößen“, bemerkte Heather schmunzelnd und fing seinen amüsierten Blick auf.
„Na, Gott sei Dank.“
„Anne, könnten wir dich kurz sprechen?“ Agnes tippte der alten Nonne auf die Schulter. Als sie sich umwandte, traf Heathers Blick auf ein warmherziges Lächeln, strahlende blassblaue Augen in einem von feinen Falten durchzogenen Gesicht. Dieser Frau schien die Güte regelrecht aus den Augen zu leuchten.
„Guten Tag“, sagte sie mit etwas gebrechlicher Stimme und bedachte Heather und Eric mit einem gütigen Blick. „Ich stehe sofort zu Ihrer Verfügung. Ich muss nur gerade Liam dazu überreden aus den Büschen herauszukommen.“
„Was ist denn nun wieder passiert?“, wollte Agnes leise wissen.
„Eines der Mädchen wollte ihm ein Puppenkleid anziehen.“
„Ach, du meine Güte.“ Agnes beugte sich vor in die Büsche. „Liam, Schätzchen. Komm’ raus da! Wir gehen nach drinnen, und ich mache dir einen schönen Kakao.“
Der Busch schwieg beharrlich, so dass sich Agnes seufzend aufrichtete.
„Wir können uns auch hier unterhalten“, befand Heather. „Wir haben nur eine Frage zu dem Feuer, das bei Ihnen vorige Woche ausgebrochen ist.“
„Ein Glück, dass keinem der Kinder etwas passiert ist.“ Schwester Anne schüttelte den Kopf. „Das ganze Haus ist mit Feuermeldern ausgestattet. Das hätte überhaupt nicht passieren dürfen.“
„Haben Sie irgendetwas gesehen?“, fragte Eric.
„Nein, tut mir leid. Ich habe geschlafen.“
„Oder etwas gehört?“, setzte er nach.
„Ich … ich bin mir nicht sicher. Ich war im Büro
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