Lotterie der Liebe
eigenartigerweise fühlte sie sich zu ihm hingezogen. Diese Erkenntnis verursachte ihr Unbehagen. Und es war das Letzte, was sie dem Earl eingestehen wollte.
“Es ermutigt mich, dass wir zumindest eine Gemeinsamkeit gefunden haben”, fuhr er fort. “Vielleicht sollten wir eine Liste der Dinge aufstellen, die wir unternehmen können?”
Amy starrte ihn an. “Eine Liste?”
“Sie wissen, was eine Liste ist?”
“Ja, natürlich.” Amy fertigte sie Tag für Tag an, um die Führung des Haushaltes zu bewältigen.
“Oder vielleicht glauben Sie, es gäbe nicht genügend Punkte, die man zusammenbekäme.”
“Nein, das ist es nicht.” Wider Willen fasziniert, schaute Amy den Earl of Tallant an. “Ich kann Sie mir einfach nicht dabei vorstellen, Mylord, wie Sie Listen erstellen. Der Gedanke kommt mir absurd vor.”
“Warum? Ich versichre Ihnen, es ist ein sehr nützliches Verfahren. Wie sollte ich sonst wissen, welche Spielhöllen ich in welcher Reihenfolge aufsuchen muss, oder welche junge Dame ich angeblich verführt habe?”
“Sie machen sich über mich lustig”, erwiderte Amy verlegen, “und das ist nicht nett von Ihnen.” Sie stand auf, ging zum Schreibtisch und holte die Schreibgarnitur heraus. “Also gut, fangen wir an.”
Nach einer halben Stunde las sie vor: “Ausfahrten im Park, vielleicht Ausritte, Bälle, Gesellschaften, Soireen und andere gesellschaftliche Ereignisse. Ich bin mir noch immer nicht sicher, Mylord, ob ich bei solchen Gelegenheiten Ihre Begleitung haben will. Abgesehen davon, dass ich nicht gern zu all diesen Veranstaltungen gehe, stört mich das Gerede, zu dem es kommen wird, wenn Sie …”
“Ich dachte, wir seien übereingekommen, nichts auf Klatsch zu geben?”
“Es wäre töricht, nicht auf den guten Ruf zu achten.”
“Zugegeben, aber wir werden uns sehr schicklich aufführen. Willigen Sie zumindest ein, morgen Abend mit mir an Lady Carterets Ball teilzunehmen.”
“Oh, also gut.” Amy seufzte und blickte wieder auf die Liste. “Besuch in der Royal Academy. Ich räume ein, das kann von Interesse sein. Besuch der Versammlung in der Besserungsanstalt. Ich kann mir nicht vorstellen, Mylord, dass Sie das unterhaltsam finden.”
“Oh, denken Sie daran, wie hilfreich es für mich sein wird, Miss Bainbridge.”
Sie warf ihm einen unmutigen Blick zu. “Mir wäre es lieber, Sie würden nicht dauernd scherzen. Es ist nicht meine Aufgabe, Sie zu bessern.”
“Aber im Augenblick missbilligen Sie vieles an mir.”
“Ja. Sie sind schrecklich lasterhaft, doch das ist Ihre Entscheidung.”
Jonathan grinste. “Wie entzückend Sie sind, Miss Bainbridge! Sie nehmen kein Blatt vor den Mund.”
“Vielleicht wäre die Besserungsanstalt der richtige Ort, um damit anzufangen, mir einen Überblick über die Möglichkeiten zu verschaffen, wie ich das in der Lotterie gewonnene Geld sinnvoll einsetzen kann.”
“Oder die Königliche Gesellschaft zur Verhinderung von Grausamkeiten an Tieren. Bestimmt gibt es viele Leute, die Ihnen einen Rat geben können. Warten Sie bis morgen nach der Zusammenkunft. Ich bin sicher, dass wir einen guten Zweck finden werden.”
Zweifelnd schaute Amy den Earl an. “Wollen Sie mich wirklich begleiten, Mylord?”
“Ja, das will ich. Ich weiß, es wird Sie wahrscheinlich stören, mit mir gesehen zu werden, Miss Bainbridge, aber betrachten Sie es bitte als einen Akt der Wohltätigkeit. Sind Sie mittlerweile gelangweilt? Wir reden jetzt seit fast zwei Stunden und waren vorher übereingekommen, dass ich Sie von meiner Gesellschaft befreien würde, wenn Sie sie langweilig fänden.”
Amy mied den Blick des Earl. “Ich muss zugeben, dass ich das nicht bin.” Sie blickte wieder auf die Liste. “Besuch einer Maskerade in Vauxhall. Das haben Sie hingeschrieben, Mylord, als ich kurz draußen war. Wie furchtbar unschicklich!”
Jonathan zog Amy das Blatt Papier aus den Fingern. “Ich gebe es zu. Ich habe diesen Punkt hinzugefügt. Der Besuch wäre ganz unpassend, aber wer weiß, ob Sie nicht feststellen, dass Sie doch gern hingingen? Diese Woche kann für uns beide lehrreich sein, Miss Bainbridge!”
9. KAPITEL
“H at die Veranstaltung Ihnen gefallen, Miss Bainbridge?”, fragte Jonathan, während er das Gespann durch den Park lenkte. Es war kühler als am vergangenen Tag. Der Himmel war grau, und ein kalter Wind wehte. Daher waren wenig Leute unterwegs, und Amy war genötigt gewesen, sich ihre neue Pelisse anzuziehen. Man war bei einem
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