Lotterie der Liebe
stimmen”, sagte Amy. “Allerdings überrascht es mich, Sir, Sie das äußern zu hören.”
Man war in der Curzon Street eingetroffen. Der Earl half Amy beim Aussteigen und hob sie in der schwungvollen Weise aus dem Phaeton, die ihr jedes Mal den Atem raubte.
“Wir sehen uns heute Abend bei Lady Carteret, Miss Bainbridge. Aber was machen wir morgen?”
Sie zögerte mit der Antwort. Sie hatte vor, am nächsten Tag nach Whitechapel zu gehen, und bereits entschieden, den Earl nicht um seine Begleitung zu bitten. Sie stellte sich vor, dass er seinen eleganten Phaeton vor Mrs. Wendovers Fremdenheim stehen ließ, und hätte beinahe gekichert. Natürlich würde die Kutsche in fünf Minuten kein Rad mehr haben, es sei denn, Seine Lordschaft bestach eine ganze Bande von Straßenkindern, das Fahrzeug zu bewachen.
“Ich bin mir noch nicht sicher”, antwortete sie. “Ich glaube, am Vormittag werde ich eine Freundin besuchen. Vielleicht könnten wir am Nachmittag in die Königliche Akademie gehen?”
“Das klingt sehr erfreulich”, meinte Jonathan und ergriff Amys Hand. Sein wacher Blick schweifte über ihr Gesicht. “Ich glaube jedoch, dass Sie mir etwas vorenthalten, Miss Bainbridge. Wer ist die geheimnisvolle Freundin, die ich nicht kennenlernen soll?”
“Oh!” Amy spürte sich erröten und entzog dem Earl ihre Finger. “Es ist eine alte Schulkameradin, die in ärmlichen Umständen lebt, Mylord. Ich möchte sie nicht in Verlegenheit bringen.”
“Sehr rücksichtsvoll von Ihnen. Oder schämen Sie sich meiner?”
Amy starrte Lord Tallant an. “Was für ein absurder Einfall, Mylord. Es ist nur … Ich habe gedacht … Wie gesagt, meine Freundin lebt in bescheidenen Verhältnissen, und ich will nicht, dass sie sich uns gegenüber verpflichtet fühlt.”
Jonathan nickte. “Ich merke, dass Sie mir die Wahrheit ersparen wollen, Miss Bainbridge. Nun gut. Ich freue mich darauf, Sie später zu sehen.”
Er schaute ihr hinterher, als sie zur Haustür ging. Sie sah sehr entzückend aus. Vor dem Eingang drehte sie sich um und schenkte ihm ein sehr süßes Lächeln. Aus irgendeinem Grund hatte er das Gefühl, als habe eine Hand nach seinem Herzen gegriffen und es gestreichelt. Er fühlte sich leicht beklommen.
Er trieb die Pferde an. Es war ein interessanter Nachmittag gewesen, und Jonathan freute sich darauf, Amy bei Lady Carterets Ball wiederzusehen. Sie war so ganz anders als jede andere Frau in seinem Bekanntenkreis.
Dieser Gedanke erinnerte ihn an Harriet Templeton. Als er morgens ihr Bett verlassen hatte, war sie bei der Vorstellung, ihn den ganzen Tag nicht sehen zu können, sehr verdrossen gewesen. Um sie wieder lächeln zu sehen, hatte er ihr ein Perlenkollier und einen Ausflug nach Vauxhall versprechen müssen. Schon seit geraumer Zeit war er ihrer überdrüssig, jedoch aus irgendeinem Grund noch nicht gewillt, die Beziehung zu ihr abzubrechen. Der Gedanke, sie zu heiraten, war ihm zuwider.
Heiraten. Er furchte die Stirn. Er vermochte kaum zu fassen, dass er Amy die Geschichte von der Trennung seiner Eltern erzählt hatte, und noch weniger, welchen Rat sie ihm gegeben hatten. Wahrscheinlich hatten seine damaligen Erfahrungen seine Lebenseinstellung geprägt. Amy jedenfalls war durch das Verhalten ihres Vaters sehr beeinflusst worden. Nun jedoch war das Gespenst der Armut aus ihrem Leben vertrieben, und sie hatte die Sicherheit, die sie brauchte. Vielleicht würde sich jetzt, da sie über Geld verfügte, ein Verehrer für sie interessieren, der ihr gefiel.
Dieser Gedanke verursachte Jonathan Missbehagen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass ihr zukünftiger Gatte auch nur einen Moment lang mit der Fortsetzung der Besuche bei ihr und der gemeinsamen Gespräche einverstanden sein würde. Aber man traf sich ja nur, um die Bedingung für die Einlösung der Spielschuld zu erfüllen. Nach Ablauf der Woche war dieses Abkommen hinfällig geworden und Amy von Jonathans Gesellschaft befreit. Mürrisch lenkte der Earl das Gespann zum Covent Garden. Es war problematisch, an Amy zu denken, doch er wollte den Grund dafür nicht herausfinden. Andererseits würde Harriet entzückt sein, ihn zu sehen, und das war überhaupt nicht kompliziert. Dennoch wusste er, dass er vor etwas davonrannte.
“Ich habe nachgedacht, Amy.” Richard Bainbridge hatte seine Schwester am Fuß der Treppe abgefangen, während man darauf wartete, dass die Mutter sich hinzugesellte, um dann zu Lady Carterets Ball zu fahren. Sein sonst so
Weitere Kostenlose Bücher