Lotterie der Liebe
gutmütiges Gesicht drückte große Besorgnis aus, und in Verbindung mit der ungewöhnlichen Mitteilung, er habe nachgedacht, machte diese Tatsache seine Schwester leicht misstrauisch.
“Ja, Richard? Was ist los?”
“Es geht um Tallant.” Richard stützte die Hand auf den Treppenpfosten und schaute die Schwester streng an. “Verdammt, Amy! Weißt du, das geht nicht. Gestern hast du dich fast zwei Stunden lang mit ihm im Empfangssalon aufgehalten, und heute warst du den ganzen Tag lang mit ihm verschwunden. Das erzeugt mir Unbehagen.”
Amy zog die Augenbrauen hoch. “Ich dachte, Tallant gehöre zu deinen Freunden.”
Richard sah gekränkt aus. “Was hat das damit zu tun? Natürlich zählt er zu meinen Bekannten, aber als Verehrer für dich eignet er sich nicht.”
Amy zuckte mit den Schultern. Sie war irritiert. “Du weißt, dass die ganze Sache harmlos ist. Außerdem hast du damals nichts unternommen, um diese Art Einlösung der Spielschuld zu verhindern.”
Unbehaglich trat Richard von einem Fuß auf den anderen. “Ich nahm an, Tallant würde einfach zahlen. Ich hätte nie gedacht, dass er dich in dieser verdammt aufmerksamen Weise durch die ganze Stadt begleiten würde. Weißt du, die Leute werden über euch reden.”
“Die Leute reden immer”, erwiderte Amy ärgerlich. “Ich weiß, mein lieber Richard, dass du nur mein Bestes im Sinn hast, aber mehr als jeder andere musst du erkennen, wie grundlos deine Befürchtungen sind. Ich weiß, es ist taktlos, das jetzt zu erwähnen, aber was sollte Tallant von mir wollen, wo er doch Miss Templeton hat?”
Richard wurde rot. Das fand Amy ziemlich rührend. “Amy! Du solltest nicht … Ich kann nicht …”
“Amanda und ich sind euch neulich im Park begegnet. Das habe ich dir erzählt”, fuhr sie gnadenlos fort. “Wir haben dich, Mr. Parrish, den Duke of Fleet und Tallant mit den Damen im Park gesehen.”
Richard zuckte zusammen. Die Stimme der Mutter war oben auf der Treppe zu hören. Er warf einen gehetzten Blick über die Schulter.
“Um Gottes willen! Erwähne das nicht vor Mama, Amy! Sie würde einen Anfall bekommen.”
“Warum?” Ahnungslosigkeit heuchelnd, zog Amy spöttisch die Augenbrauen hoch. “Ihr ist sicher nicht entgangen, dass du eine Spielerin aushältst.”
“Amy! Du weißt sehr gut, warum du nicht darüber reden sollst. Außerdem würde sie wütend darüber sein, wenn sie erfährt, dass es Kitty Maltravers ist. Papa wurde von Kittys erstem Gönner beim Kartenspiel betrogen, und so etwas vergisst Mama nicht.”
Amy lachte auf. “Oh, Richard! Ich bin sicher, das beunruhigt dich mehr als die Möglichkeit, ich könne durch Seine Lordschaft gefährdet sein.”
“Da irrst du dich”, entgegnete der Bruder tapfer und straffte sich, als Lady Bainbridge die Treppe herunterkam. “Ich habe nur dein Bestes im Sinn. Ach, übrigens, falls du denkst, dass Tallant noch an Miss Templeton interessiert ist, dann liegst du schief. Er nimmt sie kaum noch zur Kenntnis. Ich glaube, es dauert nicht mehr lange, bis sie sich nach einem anderen Gönner umsehen muss.”
“Wirklich?” Amy wurde sehr viel leichter ums Herz. “Nicht, dass mich das besonders interessieren würde.” Dankbar für die Ablenkung, drehte sie sich zur Mutter um. “Heute Abend siehst du hinreißend aus, Mama. Und diese Diamanten! Ich hatte keine Ahnung, dass du so etwas Kostbares besitzt!”
“Es sind Imitate, meine Liebe”, erwiderte Lady Bainbridge. “Ich habe versucht, sie zu versetzen, als wir in Not gerieten, aber der Pfandleiher war nicht an ihnen interessiert. Er hat gesagt, es sei Plunder.”
Derweil man darauf wartete, dass die Kutsche vorgefahren wurde, raunte Richard Amy ins Ohr: “Kannst du mir fünfhundert Pfund leihen, Amy? Nur für heute Abend? Ich bin pleite.”
Jonathan traf sehr spät bei Lady Carterets Ball ein. Amy bemerkte ihn, als er durch die Tür kam, und fand, er mache einen leicht zerzausten Eindruck. Nach der Begrüßung der Hausherrin gesellte er sich langsam zu Amy.
Zunächst glaubte sie, dass er dadurch Klatsch im Keim ersticken wolle. Man war zuvor übereingekommen, er solle sie nicht zum Ball begleiten. Amy hatte jedoch gedacht, er würde zumindest einigermaßen zeitig erscheinen und einige Male mit ihr tanzen. Schließlich war er derjenige, der die Teilnahme an Bällen, Festen und Maskeraden auf die Liste gesetzt hatte. Solche Anlässe waren nicht Amys bevorzugte Vergnügungen. Im Verlauf des Abends hatte sie jeden Tanz
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