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Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Titel: Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Werft. Nach einer Weile sagte er heftig: »Esther, du mußt von den Docks fort.«
    »Gott weiß, ich möchte es zu gerne.« Aber sie schüttelte hoffnungslos den Kopf.
    »Ganz im Ernst, Esther«, drängte er. »Es ist nicht gut, daß ein anständiges Mädchen hier Früchte verkauft. Du weißt ja, wohin das schließlich führt.«
    »Nein, mir wird es nicht so gehen.«
    »Doch. Es wird dir nicht erspart bleiben. Es gibt keine Frau, die das auf die Dauer aushalten kann, und du hast nicht viel Kraft. Eines Abends wird dein Vater zu sehr schlagen, dann läufst du von Hause fort und kommst hier auf die Docks. Und dann wirst du dich lieber mit irgendeinem betrunkenen Matrosen herumtreiben als nach Hause zurückkehren –«
    Sie lehnte sich zurück und packte die Seitenwände der Kiste mit beiden Händen. »Ach, Gideon, warum bist du nicht still? Du weißt doch, daß meine Mutter nicht mehr arbeiten kann, und sie muß doch zu essen haben.«
    »Und dein Vater muß saufen!«
    Sie seufzte hilflos. »Gideon Upjohn, du machst mich noch wahnsinnig. Meine Mutter sagt, er kann nichts dafür, er muß trinken. Bedenke doch, er hat ein Holzbein und kann kaum etwas tun. Er hat fleißig gearbeitet, als ich noch klein war; aber dann kam er mit dem Bein zwischen zwei schwere Lastboote, und es wurde ihm abgequetscht – ach, mein Gott!« Sie seufzte wieder. Wie abgespannt und erschöpft sah sie aus, und so machtlos war sie gegen die böse Welt, daß Gideon zornig wurde. Sechs Kinder waren in Esthers Familie gewesen. Zwei starben schon als Säuglinge, drei weitere waren bei der letzten großen Epidemie vom gelben Fieber hingerafft worden. Und nun mußte Esther, die jüngste, allein für alles sorgen. Die schwere Last lag auf ihren zarten Schultern.
    »Diese Durhams hätten die schweren Lastschiffe auch nicht bei Hochwasser den Strom hinauf schicken sollen!« sagte Gideon.
    »Natürlich. Aber sie zahlen doch zur Flutzeit besonders hohe Löhne für die Bootsleute, und mein Vater dachte, er könnte es machen.«
    Aber Gideon ließ sich nicht so leicht einschüchtern. »Jedesmal kommen bei Hochwasser Leute um oder werden zu Krüppeln gemacht. Sie können doch Neger dazu verwenden!«
    Esther zuckte die Schultern und versuchte nicht einmal mehr, darauf etwas zu antworten. Aber Gideon sprach verzweifelt weiter.
    »Esther, liebes Kind, willst du mich nicht heiraten? Dann brauchst du doch nicht mehr auf diesen Docks herumzulaufen!«
    »Ach, Gideon«, erwiderte sie hoffnungslos, »fang doch nicht wieder davon an! Wenn wir uns erst heiraten, habe ich bald zwei oder drei Kinder, und dann mußt du obendrein einer Frau Geld geben, damit sie sich um sie kümmert, wenn das nächste Kind kommt. Und mein Vater liegt zu Hause und schreit und brüllt, weil er Krokodile die Wand hinaufklettern sieht, und Mutter ist krank und braucht jemand, der ihr etwas kocht –«
    Gideon ballte unwillkürlich die Fäuste. Esther hatte nur zu recht. Trotzdem rief er: »Liebe Esther, durch all das Unglück läßt du dich zu sehr niederdrücken. Ich habe dich schon so lange lieb.«
    Sie streichelte seine Hand. »Es gibt nicht viele Männer wie dich, Gideon. Aber es wäre unrecht von mir. Ich darf dir nicht auch noch meine Sorgen aufpacken. Sieh du nur zu, daß du dich durchschlägst! Es ist schon für dich allein schwer genug.«
    »Aber zum Teufel, warum kann ich denn nicht auch noch für dich sorgen? Ich bin kräftig und laufe nicht immer in die Kneipe, wenn ich Geld in der Tasche habe, wie es manche tun. Warum soll ich nicht genug verdienen können, um für mein liebes Mädchen und ihre alte Mutter zu sorgen – und auch noch für die Kinder, wenn wir welche bekommen? Das müßte ich doch schaffen!«
    »Ja.« Esther sah zu den reichbeladenen Booten hinüber. »Sage das einmal den Leuten, denen die Werften und die Docks gehören.«
    Die beiden schwiegen.
    »Jetzt muß ich aber noch die letzten Früchte verkaufen«, sagte Esther nach einiger Zeit und nahm den Korb vom Boden auf.
    »Komm, ich nehme ihn dir ab«, sagte Gideon.
    Sie gingen nach den Verkaufsständen, wo die reichen Leute die Waren prüften, die von den Handelsschiffen den Strom heraufgebracht worden waren. Oberhalb der Werft hielt gerade ein Wagen. Ein Diener sprang vom Bock und öffnete den Schlag. Dann verneigte er sich tief, als ein Herr ausstieg, dem eine junge Dame in einem langwallenden Seidenkleid und einem Hut mit Bändern folgte. Hinter ihr kam eine Zofe und hielt einen Sonnenschirm über den Kopf ihrer

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