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Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Titel: Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Sonnenaufgang geladen werden, und wer Arbeit haben wollte, hätte in aller Frühe zur Stelle zu sein.
    Gideon Upjohn saß auf einem leeren Schubkasten und ruhte sich aus. Er war enttäuscht, denn er hatte darauf gerechnet, daß das Baumwollboot noch heute geladen und er morgen auf dem Zuckerschiff Beschäftigung finden würde. Nun wurden wahrscheinlich die beiden Fahrzeuge zu gleicher Zeit abgefertigt, aber er konnte doch nur auf einem tätig sein.
    Diese verdammten Handelsschiffe, die den Strom heraufkamen, dachte er finster. Sie belegten allen Platz an den Ladebrücken, so daß für die Baumwollballen kein Raum mehr blieb. Die reichen Leute, die sich mit bunten, auffallenden Kleidern herausputzten, kauften soviel Wein und teure Schuhe und Spiegel, aber einmal mußten sie doch auch genug bekommen!
    Vielleicht war es besser, sich nach Esther umzusehen, statt trüben Gedanken nachzuhängen. Wenn sie schon all ihre Früchte verkauft hatte, konnten sie einen Spaziergang im Park machen. Das würde ihr guttun. Esther hatte wirklich ein hartes Leben. Sie mußte arbeiten wie ein Lastesel, und ihr Vater nahm ihr alles weg, was sie verdiente, um sich Kornbranntwein zu kaufen. Nachher lag er betrunken irgendwo herum.
    Gideon suchte sich einen Weg zwischen Baumwollballen und den Fässern und wand sich zwischen den Lastträgern durch, die Kisten in die Lagerhäuser von Valcour brachten. Er ging bis zum Sklavenmarkt hinunter. Dort sah er viele Damen und Herren der vornehmen Gesellschaft, die sich voreinander verneigten. Die Kavaliere küßten den Damen die Hände und lächelten so förmlich, als ob sie schon gestorben wären und auf ihren eigenen Grabsteinen läsen, wie gut sie waren. Gideon schob die Hände in die Taschen und ging an ihnen vorbei näher ans Flußufer, wo einige Packmeister es sich auf dem Boden oder auf Kisten bequem gemacht hatten. Bald entdeckte er Esther, die mit ihrem Fruchtkorb umherging. Wie schlank und zierlich sie war! Ihr blondes Haar hatte einen zarten Schimmer wie gelbe Narzissen. Und dabei sagte sie ihm immer, sie hätte keine Zeit, die Zöpfe aufzuflechten, höchstens am Sonntagabend. Sonst wäre sie immer viel zu müde dazu. Es mußte furchtbar hart für ein junges Mädchen sein, den ganzen langen Tag auf diesen heißen Docks umherzuwandern.
    Während er auf sie zuging, warf ihr einer der Männer, denen sie Früchte angeboten hatte, einen begehrlichen Blick zu und streichelte ihren Hals. Esther schrak zurück, als er den Arm um sie legen wollte. Gideon sprang zu und stieß den Mann so heftig zurück, daß dieser zu Boden fiel.
    »Verdammter Hund!« rief er, »laß deine schmutzigen Finger von dem Mädchen!«
    Die anderen lachten, als der Packmeister unbeholfen am Boden lag und zu Gideon aufblinzelte. Er war zu betrunken, um kämpfen oder auch nur sich wehren zu können.
    Gideon nahm Esthers Arm. »Komm mit, Schatz!«
    Sie hielt den Korb dicht an sich. Wie ein erschrecktes Kaninchen sah sie aus. Er führte sie zu einer leeren Warenkiste in der Nähe der Verkaufsstände.
    »Setz dich hier ein wenig hin«, sagte er freundlich.
    Sie schaute zu ihm auf. In ihren tiefblauen Augen standen Tränen. »Es war nicht nötig, Gideon, daß du das getan hast. Aber es war doch sehr fein von dir.«
    »Ich lasse nicht zu, daß dich jemand wie eine Hafendirne behandelt«, antwortete er hitzig und setzte sich neben sie auf die Kiste.
    Esther senkte den Blick und fuhr mit dem nackten Fuß in eine Ritze des Holzfußbodens. »Sie hätten dich aber auch schlagen können«, sagte sie leise. »Und ich bin daran gewöhnt, mich in acht zu nehmen, wenn die Männer mich belästigen. Ich meine –«
    Ein Schluchzen erstickte ihre Stimme. Sie bückte sich und nahm den Korb auf, der zu ihren Füßen stand. Aber wieder fühlte sie ein Würgen in der Kehle, und nun brach sie haltlos in Tränen aus. Gideon legte den Arm um sie und klopfte ihr sanft auf die Schulter.
    »Du mußt nicht weinen, liebe Esther«, bat er sie zaghaft. »Das hat ja auch keinen Zweck.«
    »Ach, ich weiß es.« Sie trocknete die Augen an ihrem Ärmel und schluckte. »Nur manchmal –«, sie stützte die Stirn in die Hände, »nur manchmal wird es mir zu schwer, dann überkommt es mich. Wenn man jeden Tag von morgens bis abends Früchte verkaufen soll und sich dabei immer vor den Männern in acht nehmen muß und schließlich doch nur drei Picayunes verdient –«
    »Ja, ja. Du hast recht.« Gideon neigte sich vor und sah düster auf die breiten Planken der

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