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Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Titel: Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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sich auf die Erde nieder. Ihre Beine schmerzten so sehr, daß sie zweifelte, ob sie wieder aufstehen und weitergehen könnte. Aber schließlich raffte sie sich auf.
    Die Straße führte in Windungen durch weitere Baumwollfelder. Dann kamen scheinbar endlose Zuckerplantagen, darauf ein kleines Gehölz und wieder Felder. Ein anderer Neger, den sie auf der Straße traf, sagte ihr, daß diese Ländereien zu Silberwald gehörten. Das nächste große, weiße Gebäude sei das Herrenhaus.
    Der Bau lag weit zurück von der Verkehrsstraße, verborgen hinter großen Bäumen und umgeben von Blumengärten. Esther wanderte durch die Anlagen zu der hinteren Tür. Die Haussklaven waren mit verschiedenen Arbeiten beschäftigt oder ruhten sich auf den Stufen aus, die zu ihren Quartieren führten. Esther stieg die Hintertreppe hinauf und klopfte.
    »Ich möchte Mr. Sheramy sprechen«, sagte sie zu dem Negerjungen, der die Tür öffnete.
    Er sah auf ihr schweißbedecktes Gesicht, auf ihre feuchten Hände und ihr staubbedecktes Kleid. »Massa draußen auf Feld«, antwortete er. »Was wollen Sie von ihm?«
    »Ich möchte ihn sprechen.« Sie trat einen Schritt zurück und stützte sich auf das Geländer, denn sie war so müde, daß ihre Beine zitterten.
    Einige Neger, die an der Tür zur Küche lehnten, betrachteten sie gleichgültig. »Die Missis erlauben hier kein Betteln«, sagte einer von ihnen.
    Esther fuhr herum. »Halt den Mund, du schwarzer Nigger!« rief sie. »Ich will Mr. Roger Sheramy sprechen, und du kannst mich nicht zwingen fortzugehen, ehe ich ihn gesprochen habe.« Sie drehte sich nach dem Jungen um, der noch in der Tür stand. »Wenn er auf dem Feld ist, wo ist dann der alte Herr – sein Vater?«
    Der Neger zuckte die Schultern. »Alte Massa Caleb tot seit zwei Jahren. Was sein denn mit Ihnen, Frau?«
    »Nichts ist mit mir. Ich bin nur so müde von dem weiten Weg, daß ich mich kaum aufrecht halten kann«, rief Esther. »Ich möchte Mr. Roger Sheramy sprechen, weil ich mit seinem Bruder verheiratet bin. Und der kommt an den Galgen, wenn Mr. Sheramy nicht hilft und etwas dagegen tut. Ich muß –«
    »Sie machen, daß fortkommen! Sie – Bruder von Massa heiraten? Der haben überhaupt keine Bruder! Der Ihnen geben Tracht Prügel! Gehen Sie fort. Liederliche Frauenzimmer!«
    »Willst du wohl das Maul halten, du schwarzes Luder!« schrie Esther.
    Im selben Augenblick öffnete sich die hintere Tür, und im Eingang stand die Dame, die Esther in Begleitung Mr. Sheramys auf den Docks gesehen hatte. Unwillkürlich dachte Esther, daß eine so schöne junge Frau auch sehr freundlich und gütig sein müßte. Die andere sah so zierlich und fein aus. Ihre goldblonden Locken wurden von einem blauseidenen Netz zusammengehalten, ihr Kleid war aus kühlem weißem Musselin, und eine steife Halskrause erhob sich hinter ihren Schultern. Sie führte einen kleinen Jungen an der Hand.
    »Lem!« rief sie. »Was in aller Welt soll denn dieser Lärm bedeuten? Ich habe euch Schwarzen doch gesagt, daß ihr nicht miteinander streiten sollt.«
    Ihr Blick fiel auf die Frau, die an der hinteren Veranda lehnte. Esthers Hut war verrutscht, ihr Gesicht von Wut und Ärger entstellt.
    »Wer ist das, Lern?«
    Der Türboy zuckte die Schultern. »Miß Martha, sie eben kommen und an die Tür klopfen. Ich glauben, sie nicht ganz richtig im Kopf. Sie sagen, ihr Mann sollen gehängt werden –«
    Die junge Frau betrachtete Esther. »Was wollen Sie denn?« fragte sie mit kühler Herablassung.
    Esther trat schnell vor. »Bitte, Madame, sind Sie nicht Mrs. Sheramy?«
    »Ja. Was machen Sie hier?«
    »Ich muß Sie sprechen«, bat Esther. »Bitte, Madame, hören Sie mich an! Ich habe es schon dem Neger gesagt, aber der behauptete, es wäre eine Lüge. Aber es ist wahr. Ich heiße Upjohn, und mein Mann ist ein Bruder Ihres Mannes. Und sie wollen ihn jetzt aufhängen –«
    Die Dame preßte die Lippen zusammen, ihre Augen verengten sich, und sie faßte den kleinen Jungen fester an der Hand.
    »Kommen Sie herein«, sagte sie kurz.
    Esther folgte ihr. Mrs. Sheramy öffnete die Tür zu einem großen, kühlen Raum. Weiße Gardinen hingen vor den Fenstern, und Gemälde schmückten die Wände. Mrs. Sheramy zog an einem gestickten Klingelzug, und eine Negerin kam herein.
    »Mammy – bringe Master Cyril in das Kinderzimmer. Und es soll mich niemand stören, bis ich wieder klingle.«
    Nachdem die Amme den Jungen hinausgeführt hatte, ließ sich die junge Frau in einem

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