Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden
ist schon gut«, antwortete sie. Nun wußte er endlich, was sie in diesem Sommer durchgemacht hatte, und verstand, warum sie nicht mehr für ihre Eltern hatte tun können. »Ich verlasse dich nicht gern, Vater. Es ist niemand hier, der für dich sorgen kann.«
»Philip hat versprochen, daß er diese Schwarze zurückschickt. Mache dir keine Sorgen um uns. Wir werden gut durchkommen.«
Er legte den Arm um sie und klopfte ihr scheu und zärtlich auf die Schultern. Judith kam zum Bewußtsein, daß ihr Vater schon viel Kummer und Sorgen gehabt hatte. Vier Kinder, die älter waren als sie und Caleb, waren ein Jahr vor Calebs Geburt an Blattern gestorben. Und nun war auch die Mutter tot, und sie selbst, die doch bei ihm hätte sein sollen, während er so hart arbeitete und die Wälder umrodete, hatte ihm nur noch mehr Schmerzen zugefügt.
»Vater, es tut mir leid«, sagte sie leise zu ihm, »daß ich mit Philip fortgelaufen bin, ohne es dir mitzuteilen. Ich werde nie wieder etwas tun, das dir Kummer macht.«
»Du bist immer ein braves Mädchen gewesen, Judith«, erwiderte Mark.
Philip kam aus dem Hause und grüßte beide. »Nun, bist du fertig?« fragte er Judith.
Er hob sie in den Wagen, dann schüttelte er Mark zum Abschied die Hand. »Morgen schicke ich Tibby zurück. Im Augenblick kann ich sie noch nicht hierlassen, denn ich habe eine neue Sklavin für Judith gekauft, und Tibby muß sie erst in alles einführen. Also, auf Wiedersehen.«
Er stieg zu ihr in den Wagen und schnalzte mit der Zunge, so daß die Maultiere anzogen. Judith schaute zu ihm auf, als sie fortfuhren. Philip war anders als die Männer in ihrer eigenen Familie. Wie wunderbar mußte es doch sein, wenn man eine solche Einstellung hatte wie er. Philip war aufrichtig traurig, als ihre Mutter starb, aber nachdem es vorüber war, hatte er sich auch damit abgefunden. Er schien sich nur um das kümmern zu können, was der Tag von ihm verlangte. Judith hielt sich mit beiden Händen an dem Sitz fest, um auf dem holprigen Wege nicht aus dem Wagen geschleudert zu werden.
»Laß die Tiere nicht so schnell laufen!« rief sie.
»Ach, verzeih, Liebes!« Er zog die Zügel an und lächelte ihr zu. »Jetzt geht es schon langsamer. Es ist so schön, daß du wieder zurückkommst«, sagte er nach einer Weile. »Jedesmal, wenn ich von einem Besuch bei euch nach Hause kam, habe ich dich mehr vermißt.«
Sie lächelte auch und war neugierig, wie sie das Blockhaus wiederfinden würde. Wahrscheinlich hatten während ihrer langen Abwesenheit die Ameisen sich dort breitgemacht. Es war schon schwer genug gewesen, sie im Haus ihres Vaters aus der Küche fernzuhalten, obwohl dieses gut und sicher gebaut war.
Wie heiß es noch immer war! Sie hatten September, und in Connecticut würde das Laub der Bäume nun bald in bunten Farben schillern. Am Morgen würde es dort schon ziemlich kalt sein. Die Männer ernteten die Felder ab, und die Frauen spannen Wolle und strickten warme Strümpfe für den Winter – Wolle und dicke Strümpfe! Bei dem Gedanken überlief Judith eine Gänsehaut an den Beinen.
»Bei dem guten Wetter müßten wir eigentlich eine großartige Indigoernte haben«, meinte Philip.
»Ist das gutes Wetter für Indigo?«
»Ja. Im nächsten Frühjahr wollen wir auch noch etwas Baumwolle pflanzen. Die meisten Farmer scheuen davor zurück. Sie sagen, es kostet zuviel, wenn die Sklaven die Samen auslesen müssen. Aber wir werden das von den Kindern tun lassen. Es ist leichte Arbeit.«
»Ja – ich glaube«, sagte Judith. Sie hielt sich an dem Sitz fest, denn sie fürchtete, daß ihre Knochen sich verlagern könnten und ihr Kind zu Tode geschüttelt würde. Kein Wunder, daß Mr. Purcell seine Frau zu Hause ließ, während sie in anderen Umständen war. Philip nahm beide Zügel in eine Hand und stützte Judith.
»Hast du gehört, daß ich eine neue Schwarze für dich gekauft habe? Ich habe es deinem Vater erzählt.«
Sie nickte.
»Das war gut von dir. Dann brauche ich die Arbeit nicht selbst zu tun?«
»Das würde ich niemals zulassen. Du siehst bleich aus, weil du zu schwer gearbeitet hast. Es ist ein nettes Mädchen aus Neuorleans. Ihr Herr war ein Mann namens Peyroux. Als er starb, haben sie einige seiner Neger den Fluß hinaufgeschickt, um auf der Plantage zu arbeiten. Sie heißt Angelique.«
Judith sah sich nach Tibby um, die auf dem Boden des Wagens saß. Es war ein unangenehmer Gedanke gewesen, daß sie ohne sie auskommen sollte.
»Angelique ist ein
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