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Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Titel: Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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aufgefallen, denn er fragte sie leise nach ihm. Sie konnte nur den Kopf schütteln und erwidern, daß sie es nicht wüßte.
    Der Pfarrer trat an den Sarg und begann mit dem Trauergottesdienst:
    »Ich bin die Auferstehung und das Leben; wer an mich glaubet, der wird leben, ob er gleich stürbe, und wer da lebet und glaubet an mich, wird nimmermehr sterben.«
    Die Sklaven trugen den Sarg hinaus und stellten ihn auf einen Wagen. Judith und die anderen fuhren in einem anderen Wagen den langen, holperigen Weg entlang, der zu dem Friedhof bei der kleinen Holzkapelle führte.
    Die Sonne ging unter, und lange, dünne Schatten fielen auf das Grab, als die Sklaven den Sarg hinunterließen und der Pfarrer die erste Handvoll Erde darauf warf. Mark stand mit gesenktem Kopf neben dem offenen Grabe. Er war so still, daß Judith und Caleb nicht wagten, zu ihm zu sprechen, selbst dann noch nicht, als der Sarg mit Erde bedeckt war. Die Dunkelheit brach rasch herein. Es war sehr ruhig.
    Plötzlich zerriß das scharfe Geräusch kreischender Wagenräder die Stille. Sie drehten sich um und wollten sehen, wer käme, denn um diese Zeit waren nur noch wenige Leute unterwegs. Der Wagen fuhr direkt in den Kirchhof, ohne auf die Feier zu achten. Erst als er ziemlich nahe herangekommen war, erkannte Judith, daß Philip neben seinem Diener Josh auf dem Bock saß. Sie ließ Calebs Arm los und eilte zu ihrem Mann, aber er kümmerte sich kaum um sie. Er half Josh, eine schwere Last aus dem Wagen zu heben. Sie setzten sie auf den Boden nieder, dann ging Philip zu Mark.
    »Hier ist er«, sagte er.
    Mark schrak zusammen. Er allein hatte sich kaum um Philips Ankunft gekümmert.
    »Was?« fragte er nach einem Augenblick, als ob ihm erst klar würde, daß er angesprochen worden war.
    »Ein Stein.«
    Mit einem Ausruf sank Mark auf die Knie und betastete den dunklen Gegenstand am Boden. Der Diener des Pfarrers hielt eine Laterne. Judith nahm sie ihm aus der Hand. Sie hatte keinen Stein mehr gesehen, seitdem sie nach Louisiana gekommen war, aber dies war wirklich einer. Wenn auch etwas uneben, war er doch viereckig. Grobe Buchstaben waren in die Oberfläche eingemeißelt, aber man konnte sie lesen.
    ›Catherine, Ehefrau von Mark Sheramy, gestorben am 21. August 1774‹.
    Judith warf die Arme um Philip und begann zu schluchzen. Die Tränen, die ihr am vergangenen Tage versagt geblieben waren, brachten ihr jetzt wundersame Erleichterung. Philip hatte sie nicht im Stich gelassen, sondern irgendwie einen Grabstein aufgetrieben, den einzigen Gegenstand des Trostes, der den Schmerz ihres Vaters lindern konnte.
    Es dauerte Tage, bevor er Judith gestand, woher er den Stein hatte, und auch dann sagte er es nur, nachdem sie versprochen hatte, niemals zu ihrem Vater darüber zu sprechen. Er hatte ihn gestohlen. Die französischen und spanischen Schiffe, die nach Neuorleans kamen, um dort Rohstoffe einzukaufen, brachten immer nur geringe Fracht mit, denn es gab nicht viele Familien, die sich den Luxus leisten konnten, fertige Waren aus Europa zu beziehen. Deshalb nahmen die größeren Schiffe, wenn sie nach dem Golf von Mexiko fuhren, eine Ladung Ballast an Bord, die aus Felsblöcken und Steinen bestand. Die Steine wurden an der Werft von Neuorleans ausgeladen, ohne daß man wußte, welchen Wert sie in einem Land hatten, das nur aus Lehm und Schlamm bestand. Die Stadtverwaltung nahm sie in Besitz und benützte sie zum Pflastern der weißen Straßen.
    Erst vor zwei Tagen hatte Philip erfahren, daß ein reicher Pflanzer in der Nähe von Baton Rouge sich für hohe Kosten ein paar von diesen französischen Steinen im Boot hatte kommen lassen, um einen Weg von seinem Parktor bis zum Hause damit zu pflastern. Das Fahrzeug mit den Steinen war nach Dalroy gekommen und dort an der Werft festgemacht worden. Philip fuhr nach dort, befreundete sich mit den Bootsleuten, die Wache hielten, und machte sie betrunken. Dann nahm er einen großen Stein mit sich. Judith hielt Diebstahl zwar immer noch für eine Todsünde, aber in diesem Falle konnte sie nicht anders als ihm vergeben.
    *
    In der ersten Septemberwoche brachte Philip sie zurück nach Ardeith. Mark ging zum Wagen hinaus, um sich von ihr zu verabschieden. Philip hatte ihm inzwischen mitgeteilt, daß sie ein Kind erwarte. Es täte ihm sehr leid, sagte Mark, daß er das nicht vor dem Tod der Mutter gewußt hätte.
    »Ich hätte dich dann nicht gebeten, herüberzukommen und so schwer zu arbeiten«, fügte er hinzu.
    »Ach, das

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