Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden
aus. Dolores bewunderte die Herrlichkeiten. Sie sprach französisch, und ihre Worte überstürzten sich. Als sie Judith sah, schwieg sie und wartete respektvoll, ob ihre Schwägerin etwas sagen würde.
Judith legte einen Arm um sie. Um Himmels willen, dachte sie, das Mädchen ist ja so eng geschnürt, daß sie wirklich eine Wespentaille hat.
»Dolores, wenn ich dir irgendwie helfen oder einen Rat geben kann – vielleicht möchtest du etwas über den amerikanischen Haushalt erfahren –, dann brauchst du mich nur zu fragen.«
»Ach – dürfen ich das?« rief Dolores. »Ich haben nicht gewußt, wieviel lernen müssen.«
»Natürlich. Ich werde dir zeigen, wie alles gemacht wird.«
»Danke vielmals. Dein Vater –« Dolores wandte den Blick nach der Tür. »Er mögen mich nicht – aber das sollen anders werden. Ich werden dafür sorgen!« Ihre dunklen Augen leuchteten vertrauensvoll auf. Man konnte leicht verstehen, daß Caleb sich in sie verliebt hatte. Sie war so lebensprühend, daß sie in diesem düsteren Haus wie eine lichte Fackel wirkte.
Judith küßte sie impulsiv. »Dolores, du bist entzückend!«
Ihre Schwägerin erwiderte die Umarmung mit einer Leidenschaft, die erstaunlich war für eine einsame junge Frau in einem fremden Land. »Haben du mich wirklich gerne, Judith?«
»Selbstverständlich!«
»Du sein gut«, sagte Dolores leise und zog Judith zu sich auf das Bett. Es lag eine Steppdecke darüber, die Judith und ihre Mutter im letzten Sommer in Connecticut aus Stoffresten zusammengenäht hatten. »Judith, ich – ich wollen so sehr machen eine gute Frau für Caleb, damit er nicht traurig sein müssen über Heirat mit mir. Du werden mir sagen –«
»Was soll ich sagen?« fragte Judith, als ihre Schwägerin zögerte.
Dolores lachte. »Wie ich die Speisen machen müssen, die er und alte Herr gerne essen.«
»Komm nach Ardeith – mir ist jeder Tag recht«, antwortete Judith vergnügt. »Dann sage ich es dir. Mein Mann kann die neuenglische Küche nicht leiden, aber ich glaube, ich kann mich noch erinnern, wie wir zu Hause gekocht haben.«
»Morgen?«
»Ja, gut. Ich werde dir die Rezepte aufschreiben.«
Dolores schüttelte den Kopf. »Ich können sie nicht lesen.«
»Kannst du überhaupt nicht lesen?«
»Nur Spanisch. Französisch und Englisch ich haben gelernt nur von Hören, wenn andere sprachen.«
»Dann werde ich es dir vorsagen, und du kannst es wiederholen, bis du es auswendig weißt. Du mußt dir keine Sorgen über meinen Vater machen, Dolores. Er hat nie viel gesprochen, und seit dem Tod meiner Mutter ist er noch schweigsamer geworden. Aber er ist sehr gut.«
»Zu gut.« Dolores schauderte ein wenig zusammen, aber dann lächelte sie wieder. »Der alte Herr werden mich gern haben, wenn ich Baby haben. Ich hoffen, ich bekommen sehr schnell Baby. Du haben zwei?«
»Ja, zwei kleine Jungen. David ist zwei Jahre alt, Christoph wird im Juni ein Jahr sein. Du mußt dir die beiden ansehen. David hat blondes Haar und ist sehr ungezogen, Christoph ist dunkel und sehr artig. Sogar jetzt ist er brav, obwohl er gerade Zähne bekommt.«
Unwillkürlich faßte Dolores mit der Hand an den Mund.
»Das braucht dich nicht zu bedrücken«, sagte Judith freundlich. »Es fällt nicht besonders auf.«
»Zwei Herren fochten ein Duell in unserem Hof in Havanna aus. Ich hörte den Lärm ihrer Rapiere, lief hinaus, war aber so erschrocken, daß ich stürzte und mit dem Kopf gegen die Mauer schlug –«
»Liebes Kind, mach dir deshalb keine Sorgen. Man merkt es wirklich nicht so sehr, wie du denkst. Bei einer so schönen, zarten Haut, wie du sie hast, sieht man über andere Fehler leicht hinweg.«
»Du glauben das wirklich?« fragte Dolores ernst.
Sie gefiel Judith, denn sie war so eifrig bemüht, die anderen zufriedenzustellen.
Nach einigen Wochen zeigte sich, daß Dolores selbst Mark Sheramy gewann, obwohl er schwer zugänglich war. Der alte Mann mußte zugeben, daß doch nicht so viel an ihr auszusetzen war, wie er anfänglich befürchtet hatte. Die Männer aus seiner Familie heirateten gewöhnlich keine Mädchen, die sich mit Gardeniablüten im Haar an den Tisch setzten und so tiefausgeschnittene Kleider trugen, daß ihr Busen schamlos enthüllt wurde. Aber offenbar erschien ihm das weniger skandalös, wenn sie ihm gute Pasteten oder einen schmackhaften Pudding vorsetzte.
Caleb und Judith lobten sie, weil sie es verstanden hatte, sich Marks Gunst zu erobern, aber Dolores sah sie nur
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