Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden
Judith legte das Blatt zu all den anderen Dingen und nahm die Topaskette heraus. Sie wollte sie am Abend zum Essen anlegen, und es war bald Zeit, daß sie sich anziehen ließ.
Sie klingelte, aber Angelique kam nicht. Schließlich ging sie hinaus, um sich nach ihr umzusehen.
Aber nirgends war Angelique zu finden. Eines der Küchenmädchen sagte endlich, sie wäre vor einiger Zeit in ihr Zimmer gegangen.
Judith eilte den Gang hinunter, bis sie zu Angeliques Zimmer kam. Das Mädchen mußte krank sein.
»Angelique?« rief Judith, als sie die Tür öffnete.
Die Dienerin lag halb angekleidet auf ihrem Bett. Sie richtete sich auf, als Judith eintrat.
»Ach, es tut mir leid, Miß Judith – ich muß eingeschlafen sein.«
»Aber warum hast du dich hingelegt? Fühlst du dich nicht wohl?«
»Nein, es geht mir gut.« Angelique stand auf. »Ich werde mich schnell anziehen und Sie ankleiden, bevor Mr. Philip zurückkommt.«
Judith setzte sich auf das Bett.
»Ich glaube, du brauchst ein Stärkungsmittel. Wenn du das Frühlingsfieber hast, müßtest du ein paar Tage ausruhen und nicht arbeiten. Christine kann mich ja auch anziehen.«
Angelique goß etwas Wasser in ihr Becken und wusch ihr Gesicht. »Es fehlt mir wirklich nichts, Miß Judith. Ich war in der Küche, um das Kleid zu bügeln, das Sie anziehen wollten. Dabei wurde mir plötzlich so heiß am Feuer, daß ich es nicht mehr aushalten konnte.«
Judith stützte die Ellbogen auf die Knie und beobachtete das Mädchen. Wenn Angelique sich krank fühlte, hatte sie doch keinen Grund, das nicht zu sagen. Gewöhnlich war sie munter wie der Fisch im Wasser. Judith hatte sie zweimal während kürzerer Krankheiten gepflegt. Aber vielleicht, dachte Judith reumütig, glaubte sie nur, es könne sich niemand gesund und wohl fühlen, weil ihre eigenen Beine sie den ganzen Tag schmerzten.
Aber plötzlich richtete sie sich auf und starrte ihre Dienerin betroffen an.
Angelique hatte einen frischen Unterrock herausgenommen und zog ihn über den Kopf, während sie im Hemd mit erhobenen Armen dastand.
»Angelique, bekommst du ein Kind?« rief Judith bestürzt. »Warum in aller Welt hast du mir das nicht gesagt?«
Angelique zog den Unterrock herunter und knüpfte die Bänder zu einer Schleife zusammen. Den Blick hielt sie gesenkt. »Ja – ich dachte, Sie würden böse auf mich sein. Ich wollte es Ihnen nicht eher sagen, als bis es notwendig wäre.«
Judith stützte das Kinn in die Hand und dachte einen Augenblick nach. Alle Dienstboten redeten; es hatte keinen Zweck, sich darüber zu ärgern.
»Ich bin durchaus nicht böse, liebe Angelique. Ich gebe allerdings zu, daß ich sehr erstaunt bin, nachdem du dich all diese Jahre hindurch so zurückgehalten hast. Wer ist es denn?«
»Ach, darauf kommt es nicht an«, erwiderte die Dienerin, während sie ihr Kleid anzog.
»Aber steh doch nicht da und sieh mich so ausdruckslos an! Du willst doch nicht sagen, daß du nicht weißt, wer der Vater ist?«
»Das habe ich nicht gesagt«, entgegnete Angelique ruhig. »Ich sagte nur, daß ich es lieber nicht erzählen möchte.«
»Nun gut, du brauchst es auch nicht zu tun.« Judith überlegte, ob Angelique mit ihrer goldglänzenden Haut und ihrem seidenweichen Haar sich wohl mit einem Schwarzen eingelassen hatte, nun ein Negerkind unter dem Herzen trug und sich deshalb schämte.
Angelique band ihr Kopftuch um die Stirn zusammen. »Ich bin jetzt fertig und kann Sie ankleiden, Miß Judith.«
»Gut, komm in mein Zimmer!«
Während ihr Haar gekämmt wurde, fragte Judith: »Möchtest du gerne heiraten?«
»Nein, Madame.«
»Aber du kannst heiraten, wenn du ihn liebst, das weißt du. Ich will dir ein Hochzeitsessen in dem großen Saal ausrichten und nachher noch ein Abendessen geben für alle, die hier beschäftigt sind.«
»Das ist sehr liebenswürdig von Ihnen, Miß Judith, aber darum brauchen Sie sich nicht zu sorgen. Soll ich heute die Bergamottepomade verwenden?«
»Ja. Aber wenn du es dir anders überlegen solltest, sage es mir nur. Dann richte ich die Hochzeit aus.« Als Angelique die letzten Nadeln ins Haar gesteckt hatte, wandte sich Judith um. »Ich bin froh, daß du ein Kind bekommst, Angelique. Ich glaube, ich bin auch in anderen Umständen, dann kann ich dich als Amme für mein Kind nehmen.«
»Jawohl, Miß Judith.«
»Aber tu doch nicht, als ob das ein so großes Unglück wäre, du Gute!« Judith klopfte ihr auf die Hand. »Du wirst dein Kind schon liebhaben, wenn es erst
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