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Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Titel: Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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hat, weiß man, was das bedeutet. Auch Farbige sind manchmal so glücklich. Ich hatte früher einen Mann. Er hieß Claude. Als die Pflanzung damals aufgelöst wurde, verkaufte man uns an verschiedene Herrschaften. Ich glaube, er lebt jetzt jenseits des Flusses auf der Farm von Monsieur Farron. Wahrscheinlich sehe ich ihn nie wieder, aber ich halte mich immer noch für seine Frau. Als unser Kind starb, war er so gut zu mir. Ich verstehe wohl, daß Sie sich für meine Sorgen und mein Unglück nicht interessieren, aber ich wollte es Ihnen sagen, weil ich weiß, wie es ist, wenn man einen Menschen hat, der einem alles bedeutet, und wenn dieses Glück durch widrige Umstände vernichtet wird. Und ich möchte Sie bitten: Lassen Sie nichts zwischen sich und Mr. Philip treten.«
    Judith war nicht fähig, den Kopf zu heben oder ein Wort zu sagen, so sehr schmerzte ihre Kehle. Sie hörte, daß Angelique das Zimmer verließ und die Tür schloß, aber sie blieb in derselben Stellung. Sie zitterte noch vor Erregung über Angeliques Versicherung.
    Schließlich erhob sie sich. Das Strickzeug fiel auf den Boden. Sie ging aus dem Haus und wanderte durch die Indigofelder, an den Hütten der Schwarzen vorbei, bis sie zu den Reisfeldern in der Nähe des Flußdammes kam. Sie wollte allein sein, um nachzudenken, fern von dem Hause, wo sie durch die Wirtschaft und die Kinder abgelenkt wurde. Die Nachmittagssonne brannte heiß auf sie nieder, als sie auf den Damm kletterte und auf die glitzernde Wasserfläche des Stromes hinunterschaute. Stimmte das wirklich, was Angelique ihr hatte verständlich machen wollen? Konnte sie das verlorene Glück zurückgewinnen, wenn sie sich aufraffte und die Hand danach ausstreckte?
    Sie wandte sich um und sah über die weiten Indigofelder zurück, die sich bis zum fernen Wald ausdehnten. Ein großes, wildes Königreich war diese Ardeith-Plantage, die später ihre Kinder und Kindeskinder besitzen würden. Philip hatte diese Pflanzung begründet und aufgebaut, und die Früchte seiner Arbeit würde er ihnen hinterlassen. Aber sie würde ihnen noch etwas mehr vererben: die Reinheit ihrer Abstammung. Die Kinder konnten später einmal mit Recht auf ihre Familie stolz sein, weil sie an die Unbescholtenheit ihrer Mutter glauben durften. Die ganze menschliche Zivilisation müßte eigentlich auf einem Matriarchat begründet sein, dachte Judith.
    Einige Flachboote fuhren unten vorüber; sie waren auf dem Wege nach den Docks. Jeden Tag kamen solche Schiffe vorbei, große, häßliche Schiffe, die den gefahrvollen Weg von Illinois oder Pennsylvania hinter sich hatten. An den Werften wurden dann die Ballen und Kisten entladen. Die Boote brachten auch neue Siedler, die sich auf dem Hochland von Dalroy niederlassen wollten. Die Kolonie erstreckte sich jetzt schon bis weit hinein in die Wildnis.
    Eins der Fahrzeuge war ein Sklavenboot. Judith konnte sehen, wie die Neger sich an Deck sonnten. Jeder von ihnen hatte schwere Eisenringe um die Fußgelenke, und auch untereinander waren sie durch Ketten verbunden. Mehrere Schwarze stießen mit großen Stangen das Schiff den Strom hinunter. Ein weißer Aufseher, der eine Peitsche trug, ging zwischen ihnen auf und ab. Dann und wann schlug er nachlässig damit gegen die Wand des Deckhauses.
    Judith sprang auf und hob die Röcke, so daß sie den Damm hinuntereilen konnte. Sie ging, so schnell sie konnte, an den Indigofässern vorbei und überquerte die Felder, wo die Sklaven nach getaner Arbeit zu ihren Hütten zurückkehrten. Die Dunkelheit brach herein, und Judith konnte schon aus der Ferne Lichter in den Fenstern ihres Hauses sehen.
    Philip saß auf den Stufen der Veranda und zog Grashalme aus. Als sie näher kam, schaute er auf, senkte dann aber den Blick wieder und riß nervös noch mehr Grasbüschel aus. Sie sah, daß er sich nach seiner Rückkehr noch nicht umgezogen hatte.
    »Heute abend macht ein Sklavenboot am Ufer fest«, sagte er. »Ich habe Befehl gegeben, daß Angelique morgen an Bord gebracht wird.«
    Judith war stehengeblieben.
    »Bist du nun zufrieden?« fragte er.
    Judith legte die Finger der einen Hand um das Gelenk der anderen. Es wurde ihr sehr schwer, zu sagen, was sie sagen wollte. Ihre innere Spannung und Erregung verrieten sich in ihrer Stimme.
    »Bitte, vergib es mir, Philip! Verzeih mir, daß ich sagte, sie sollte mit einem Sklavenschiff fortgeschickt werden. Das braucht nicht zu geschehen. Nein, unterbrich mich bitte nicht! Ich will nicht, daß du sie an

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