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Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Titel: Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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und Rita war noch zu klein, um bei den Erwachsenen zu sitzen, nach Judiths Meinung wenigstens. Aber Philip hatte sich so sehr gefreut, als ihm auch eine Tochter geboren wurde, daß er sie von Anfang an verzog. Es begann schon, wie Judith sagte, als er dem Mädchen einen spanischen Namen gab. Das gefiel ihr gar nicht. Er klang heidnisch und paßte nicht in ein Kirchenregister. Aber Philip hatte ihr geantwortet: Da die Kinder doch als Heiden aufwachsen, ist das ein ausgezeichneter Name.
    »Nun gut«, entgegnete Judith, »dann meinetwegen. Rita im Namen des Vater, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Und wenn sie sich später in den Kopf setzt, einen spanischen Don von Neuorleans zu heiraten, darfst du mir keinen Vorwurf machen.«
    Philip sagte, er wäre damit zufrieden, Rita würde eine so reiche Aussteuer erhalten, daß sie jeden heiraten könnte, der ihr gefiele. Er wollte ihr neunzig Acker besten Indigolandes, sieben Sklaven und eine große Geldsumme für die Erziehung ihrer Kinder mitgeben. Nicht viele junge Mädchen konnten eine so reiche Mitgift in die Ehe einbringen.
    Es war entsetzlich heiß. Die Pferde der Jungen wirbelten kaum Staub auf, weil der Boden so feucht war. Früh am Morgen hatte es geregnet, und die Erde dampfte noch. Rita schlug nach einem Moskito, der sich auf ihr Fußgelenk gesetzt hatte, als plötzlich der Wagen zu schaukeln begann. Ein kleiner Junge war an der Seite aufgesprungen und klammerte sich an den Fensterrahmen, neben dem Judith saß.
    »He, Madame, wollen Sie nicht ein paar Bananen kaufen?«
    »Um Himmels willen!« rief Judith. »Mach, daß du herunterkommst! Du wirst dir noch das Genick brechen.«
    »Nein, Madame. Ich kann mich schon festhalten. Wollen Sie ein paar Bananen oder ein paar schöne, frische Feigen?«
    Rita und der kleine Philip starrten ihn an. Der Wagen rasselte über die Straße, aber der Junge hielt sich mit beiden Händen fest. Den Korb mit den Früchten hatte er über den Arm gestreift. Er war ein schmutziger kleiner Bub mit zerrissenem Hemd. Der Kutscher auf dem Bock hatte ihn nicht gesehen und ließ deshalb auch die Pferde nicht langsamer gehen.
    Philip faßte in die Tasche, um dem Kleinen eine Münze zu geben. »Hier. Und laß den Wagen los, wenn du noch leben und groß werden willst.«
    »Jawohl, Herr!« rief der Junge und schob Phil zwei Bananen in die Hand. »Die kommen direkt aus dem Schiff –«
    Der Wagen fuhr über eine unebene Stelle und mit einem Aufschrei verschwand der Junge vom Fenster.
    Judith sprang auf.
    »Anhalten!« rief sie. »Wir haben ihn überfahren.«
    Die Kinder kletterten zur Seite, um aus dem Fenster zu sehen. Philip lehnte sich heraus und rief dem Kutscher einen Befehl zu. Der sprang von seinem Bock herab, und gleich darauf klappte der Diener die Stufen herunter, so daß Judith aussteigen konnte. Philip war ärgerlich. Natürlich traf niemanden eine Schuld – man konnte den wilden Rangen, die sich auf den Docks herumtrieben, überhaupt keine Vernunft beibringen –, aber noch nie hatten sie eins von den Kindern überfahren oder verletzt.
    Judith sagte Rita und Philip, daß sie im Wagen bleiben sollten, dann eilte sie zu dem Jungen.
    Er hatte sich bereits aufgerichtet, saß im Staub und hielt sein Knie, von dem das Blut auf seinen nackten Fuß herunterträufelte. Sein Korb lag ein paar Schritte entfernt, die Feigen und Bananen waren auf den Boden verstreut. Judith beugte sich über ihn.
    »Laß mich einmal dein Knie sehen – tut es sehr weh?«
    »Nein, es ist nicht so schlimm«, erwiderte der Junge, obwohl er das Gesicht verzog, um nicht zu weinen. Er war kräftig und mochte ungefähr zehn Jahre alt sein.
    David und Roger ritten auch herbei.
    »Kann ich irgendwie helfen?« fragte David, als er sein Pferd zum Stehen brachte.
    »Ich brauche dein Taschentuch«, sagte Philip. »Gebt mir auch die euren«, wandte er sich an Roger und Christoph. »Wenn wir die Blutung gestillt haben, setzen wir ihn in den Wagen und bringen ihn nach Hause. Zu Fuß kann er nicht gehen.«
    Philip verband die klaffende Wunde in dem Bein des Jungen und gab ihm ein anderes Taschentuch, das er gegen den Riß in seinem Gesicht drücken sollte.
    »Es tut mir leid, daß ich vom Wagen herunterfiel, Mr. Larne«, entschuldigte sich der Bub.
    »Es tut mir leid, daß du dich verletzt hast! Aber wenn du ein paar Tage lang das Bein schonst, wird es bald besser sein. Woher weißt du denn meinen Namen?«
    Der Kleine verbiß den Schmerz und grinste. »Ach, es kennt Sie doch

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